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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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ihm. »Ich drücke da drauf, und dann warten wir, bis ein Foto entsteht.«
    Seine Augen weiteten sich vor Begeisterung. »Mehr nicht? Es erscheint einfach wie gezaubert?«
    »So ähnlich.« Sie zerzauste ihm das Haar.
    »Okay, dann machen wir ein paar und schauen mal.« Nervös ließ ich die Hände seitlich herabhängen. Ich posierte nicht.
    »Möchtest du denn nicht wenigstens lächeln?« Nicole blickte mich über die Kamera hinweg an.
    Ich verzog das Gesicht. »Das wird kein Starfoto.«
    »Du brauchst mich nicht gleich anzupampen.«
    »Entschuldige. Fotografier einfach.« Ich rieb mir die verklebten, brennenden Augen. Allmählich forderte die durchgemachte Nacht ihren Tribut.
    »Warum ist das so wichtig?« Sema rückte näher an Nicole heran und fixierte mich mit einem ängstlichen Blick, der Bände sprach. Ihre Zöpfchen waren herausgewachsen und mussten dringend neu geflochten werden.
    Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und wich der Frage aus. »Das kann ich jetzt nicht erklären. Lass uns probieren, ob es klappt.«
    Nicole knipste das erste Foto. Die Minuten vergingen, während das viereckige Stück Fotopapier auf dem Bett lag. Wir betrachteten es und warteten. Endlich verfärbten sich die Ecken. Ich hielt den Atem an, als das Zimmer, in dem wir standen, in Sicht kam. Schließlich fehlte nur noch die Mitte. Wo ich hätte sein sollen, war auf dem Foto nichts als ein leuchtend weißer Nebel zu sehen.
    »Haben wir lang genug gewartet?«, fragte ich.
    Nicole sah auf die Uhr. »Es sind jetzt zwanzig Minuten. Stimmt etwas nicht?«
    Ich seufzte. »Versuch es noch mal. Ich stelle mich da drüben hin.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja, los.«
    »Es hat nicht hingehauen.« Bodie wedelte mit dem Foto herum, als könne er die Entwicklung durch Schütteln beschleunigen.
    Wir versuchten es mit Festbeleuchtung. Dann mit ausgeschalteten Lampen und im Licht der Morgensonne, die durch die Fenster hereinschien.
    Bodie hüpfte auf und ab. »Ich will auch aufs Foto.«
    »Klar.« Ich winkte ihn heran.
    Von uns beiden war nur er zu sehen, leicht verschwommen zwar, aber erkennbar. Ich war nichts als ein heller Fleck ohne menschliche Umrisse.
    »Das ist ja total abgedreht! Wo bist du?«, wunderte sich Bodie.
    »Es hat nicht funktioniert«, stellte ich fest.
    »Ich mache mal eins von Nicole und dir.« Bodie streckte die Hand nach der Kamera aus. »Bitte?« Offenbar amüsierte er sich prächtig. Für ihn war es nur ein Experiment, ein neues Hobby.
    Ich wusste nicht, was es zu bedeuten hatte, dass man mich nicht sehen konnte. Falls es überhaupt eine Bedeutung hatte. Vielleicht leuchtete ich ja deshalb, weil wir hier so wenig zu lachen hatten. Sozusagen als Gegenpol zur Heimleiterin, die kleinen Kindern das Leben aussaugte. »Logisch.«
    Nicole umarmte mich, wir pressten die Wangen aneinander und alberten grinsend vor der Kamera herum.
    Sema beobachtete uns kichernd und schlug rasch die Hand vor den Mund, als das Geräusch herauskam. Ich hätte nicht gedacht, dass es noch etwas gab, was mir das Herz brechen konnte. Irrtum.
    »Los, ihr auch.« Wir wechselten uns in verschiedenen Gruppen und Posen ab. Ich versuchte, immer zumindest teilweise mit im Bild zu sein, um festzustellen, ob es eine Rolle spielte, wo ich stand oder welcher Körperteil zu sehen war.
    Bodie war immer verschwommen, aber zumindest vorhanden. Er konnte nicht lange genug stillstehen, so dass es unmöglich war zu ergründen, ob es an seinem Gezappel, an der unruhigen Hand des Fotografierenden oder an etwas anderem lag.
    Doch ich war auf keinem der Fotos zu erkennen. Selbst meine Ellbogen erschienen nur als heller Fleck. Nicole war von einem Lichthof umgeben, als würde sie von hinten angestrahlt, aber sie war im Bild. Bald war der Film zu Ende. Schluss also. Ich runzelte die Stirn. Was mochte nur der Grund sein? Sicher war er wichtig.
    »Es ist echt komisch.«
    »Wir besorgen eine andere Kamera.« Als Nicole meine Niedergeschlagenheit bemerkte, legte sie tröstend den Arm um mich.
    Ich nickte. Ich wollte zu Meridian, um mit ihr darüber zu sprechen. Wenn sie es mir erklären konnte, hatte sie vielleicht auch die Antworten auf meine anderen Fragen.
    Draußen fuhren zwei Krankenwagen vor. Ich sammelte die Fotos ein und gab sie Bodie. »Versteckst du die oben?«
    Er nickte. Sema folgte ihm wie ein Schatten.

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    Kapitel 28
    N achdem ich vor dem Eintreffen der Gäste zwei Zimmer geputzt und das
Helios
gestaubsaugt hatte, waren meine Muskeln zwar müde, doch in meinem

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