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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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gegangen.«
    Ich wechselte das Thema. »Wir haben Rumi versprochen, ihm heute Morgen beim Aufbau seines Stands fürs Festival zu helfen.«
    Tens schlug die Augen auf und sah mich eindringlich an. »Gut, dann gehen wir.«
    »Außer, du möchtest lieber hierbleiben. Ich kann auch ohne dich fahren.«
    »Meridian, ich komme mit.«
    »Wenn du meinst.«
    Im Auto drehte ich das Radio auf, aber ich konnte den Liedtexten nicht folgen. Während der gesamten Fahrt zur Ruine von Fort Ouiatenon am Ufer des Wabash River wechselten wir kein Wort miteinander.
    Das Fort stand auf einem Hügel mit Blick auf viele Hektar brachliegendes Grasland, umgeben von Nadelbäumen und zugewachsenen Wachposten. Auf den Feldern waren Zelte aus Segeltuch verteilt. Bereiche waren mit Fähnchen und Seilen als Parkplätze ausgewiesen. Die Festung sah aus, als hätte ein Riese zwei Blockhäuser errichtet und sich anschließend daraufgesetzt. Die Holzbohlen waren schlammig und grau verwittert. Ein leichter Dunst zeichnete die Kanten weich und dämpfte das hektische Treiben um uns herum. Die Temperaturen lagen knapp oberhalb des Gefrierpunkts, doch da die Sonne schien, fühlte man sich, als stünde der Frühling tatsächlich vor der Tür.
    Ein sorglos wirkender Hutmacher kam, einen schwankenden Wollmützenstapel von einem Meter Höhe auf dem Kopf balancierend, an uns vorbei. Schösslinge und Zweige wurden als Stützen für Vordächer und Stangen zum Spannen von Segeltuchplanen benutzt. Tische waren mit bunten Wolldecken und Waren bedeckt: Puppen, Kleidung, Spielsachen und Musketen aus Holz, Musikinstrumente, Körbe und Spitze. Schals und Fäustlinge wurden vor Ort gehäkelt und gestrickt, damit sich die Besucher ein Paar aussuchen konnten.
    Rumis Stand befand sich in der Nähe der gewaltigen Bühne, die gerade aufgebaut wurde. Alles wirkte wie eine eigenartige Mischung aus Open-Air-Rockkonzert und historischem Gedenktag. Offenbar waren die Teilnehmer angehalten, dafür zu sorgen, dass alles so authentisch wie möglich aussah. Selbst die Lautsprecher wurden unter Blättern und Ranken versteckt. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass alle hier Giftefeu auf Anhieb erkannt hätten.
    Einige Zimmerleute in Flanellhemden, die neben uns schwere Sperrholzplatten wuchteten, fluchten wegen des Gewichts. »Hey, Kleiner«, riefen sie Tens zu, »kannst du mal mit anpacken?«
    Tens zeigte mit dem Kinn auf Rumi, der aus einer anderen Gruppe herausragte, und griff nach einer Kante des Bretts.
    »Spitze. Danke fürs Beschützen«, murmelte ich und trottete zu Rumi hinüber, der sich zu freuen schien, mich zu sehen.
    Er zog mich mit einem Arm an sich. »Hallo, Engel. Wie findest du das?«
    »Phantastisch.« Ich sah mich um. »Du bist ja schon fast fertig«, fügte ich ungläubig hinzu. »Kommen wir zu spät?«
    »Ein Trupp französischer Soldaten, sonst als Polizisten außer Dienst bekannt, hat mir geholfen, alles vom Pick-up hierherzuschleppen. Hat meinen Rücken geschont. Aber es gibt noch viel zu tun. Komm mit.«
    Also hielt ich eine Weile Winkel und Stangen fest, während Rumi alles aneinander befestigte. Immer wieder schaute ich mich nach Tens um.
    Rumi entging das nicht. »Du siehst heute so niedergeschlagen aus, meine Liebe. Habt ihr beide eine kleine Auseinandersetzung unter Liebenden?«
    »Was?« Ich zuckte zusammen, richtete mich auf und bemühte mich um einen freundlicheren Gesichtsausdruck.
    »Ständig hältst du Ausschau nach ihm. Und er starrt dich auch dauernd an. Allerdings nie, wenn der andere gerade hinsieht. Man merkt es an euren Mienen und an euren Schultern. Sogar daran, wie ihr mit den Füßen aufstampft. Habt ihr euch gestritten? Sag die Wahrheit.«
    »Tja, ich weiß nicht, ob ich …«
    »Reden lindert den Schmerz. Du wirst dich danach besser fühlen.« Er reichte mir einen Karton Geistersteine, damit ich sie von der Luftpolsterfolie befreite. Sie leuchteten bereits und wurden warm, als ich sie berührte.
    Ich seufzte und sehnte mich nicht zum ersten Mal nach einer besten Freundin. Im nächsten Moment musste ich an Juliet denken, und die Wut meldete sich zurück. »Kann sein. Ja. Okay, ja, wir haben Streit.« Mit jedem Wort fühlte ich mich besser und mehr im Recht.
    »Du möchtest mir doch davon erzählen, oder?« Er zwinkerte.
    »Ja! Nein. Er ist ein Idiot.«
    »Hmmm … ich weiß, dass er dich über alles liebt. Also wirst du mich erst mal davon überzeugen müssen, dass er ein Idiot ist.« Rumi kicherte und gab mir schwarzen Stoff, um die

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