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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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fortzusetzen.«
    Hallia war immer noch wütend. »Ohne sich zu verabschieden? Nein, junger Falke, ich will dir sagen, wohin er gegangen ist –
     und was er sucht. Den Schlüssel.«
    Ich nickte grimmig. »Ich fürchte, du hast Recht. Aber ich dachte wirklich, er wüsste Freundschaft mehr zu schätzen – so wie
     Shallia in deiner Geschichte.«
    »Offensichtlich nicht.«
    Ich rollte mich herum und kroch in den dornengesäumten Tunnel. »Komm. Er könnte einen beachtlichen Vorsprung haben.«
    Als wir aus dem Astgewirr auftauchten, begrüßte uns ein misstönendes Konzert aus Geheul und Geplapper. So sehr es mir auch
     widerstrebte, in den Sumpf zurückzugehen, war ich doch erleichtert, dass wir es wenigstens nicht mit den Moorghulen zu tun
     hatten. Und dass ihre neue Angriffslust sie nicht trieb ihre Umgebung bei Tageslicht zu terrorisieren. Dennoch, etwas, das
     Shim gesagt hatte, beunruhigte mich immer noch. Oder vielleicht hatte ich ihn nur nicht richtig verstanden. Aber ich meinte,
     er hätte irgendwas gesagt über die Moorghule bei Tag. Was es auch gewesen sein mochte – im Moment waren sie nirgendwo zu finden.
    Als ich am Rande der Anhöhe stand, bemerkte ich, dass sich in einer Richtung die Nebel leicht gelb färbten. Dadurch bekam
     alles eine goldene Tönung, sogar der große sprudelnde Tümpel, in dem ich gestern Nacht fast ertrunken wäre. Natürlich! Die
     aufgehende Sonne.
    Hallia, die meinem Blick – und, wie immer, meinen Gedanken – folgte, fuhr herum und deutete auf ein Gelände mit dichtem Gebüsch
     und dampfenden Tümpeln. »Dort«, erklärte sie. »Dort drüben liegt der baumlose Hügel.«
    In diesem Moment fiel mir ein glitzerndes Rinnsal am Fuß der Bäume auf. Es schimmerte golden und schlängelte sich den Hang
     hinunter, bevor es im Morast verschwand.Hallia und ich liefen zu der Quelle und knieten an einem kleinen klaren Tümpel nieder, der von einer gebogenen Wurzel gebildet
     wurde. Wir steckten das Gesicht ins Wasser und tranken durstig, wobei wir abwechselnd schlürften und keuchten. Als wir uns
     schließlich anschauten, tropfte uns das Wasser von den Haaren auf die Schultern.
    Hallia sah besorgt zum Moor. »Wenn nur Gwynnia jetzt bei uns wäre! Sie könnte uns direkt zum brennenden Baum tragen.«
    »Wir könnten uns in Hirsche verwandeln«, schlug ich vor.
    Sie schüttelte den Kopf und besprühte mich dabei mit Tropfen. »Nein, in diesem Morast sind Beine jeder Art ein Problem. Vier
     wären noch hinderlicher als zwei.«
    »Dann lass uns gehen.«
    Wir standen auf und stapften wieder ins Moor. Dicker Schlamm sickerte in meine Stiefel; moosbedeckte Äste rissen an meinen
     Beinen; Nebelwolken mit Schwefelgeruch kamen manchmal so nah, dass es mehr nach Abenddämmerung aussah als nach frühem Morgen.
     Ich hatte eine seltsame böse Vorahnung; vielleicht kam sie aus der Luft oder dem matschigen Gelände – oder aus den Tiefen
     meiner Brust. Selbst mein Schatten neben mir schien geschrumpft und gezähmt.
    Eine Reihe von Fragen ging mir ständig durch den Kopf: Würden wir beim Versteck des Schlüssels feststellen müssen, dass Ector
     ihn bereits genommen hatte? Wie konnte dieser Junge, der so überraschend auf mich gewirkt hatte, der mir so ergeben gewesen
     war, dass er mir sein kostbares Elixier gegeben hatte, so etwas tun? Undwie lange konnte das Elixier noch die Blutschlinge in Schach halten?
    Zwei oder drei Stunden lang zogen wir durch trübe Pfützen und wüsten Morast. Das Moor schien endlos zu sein, das neblige Licht
     unverändert. Doch Hallias Orientierungssinn blieb unbeirrt, ihr Tempo ließ nie nach. Immer wenn ich mich fragte, wie sie in
     einer solchen Landschaft Entfernung und Richtung beurteilen konnte, dachte ich an den ständigen Schmerz zwischen meinen Schulterblättern.
     Vielleicht hatte sie ebenso unentwegt den Fluch ihres Volkes und die Vision unseres Ziels vor Augen.
    Während wir uns durch einen großen Tümpel kämpften und versuchten uns an Steine und Grashügel zu halten – an alles, was fester
     war als Sumpfwasser   –, bemerkte ich auf seiner Oberfläche eine einzelne Lilie mit breiten Blättern. Die spitzen weißen Blütenblätter streckten
     sich aufwärts und bildeten einen Kreis um die gelben Staubbeutel in der Mitte. In dem dunstigen Licht sah die Blüte fast aus
     wie eine Krone, die auf dem Wasser lag.
    Instinktiv befühlte ich die leere Schwertscheide. Würde ich je wieder den Griff dieser hellen Klinge spüren? Und, wichtiger,
     würde ich je

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