Merlin und der Zauberspiegel
verdutzt.
»Sie, hä-hä, ist . . .«
»Sti-hi-hill! Spri-hich ni-hicht me-her von ihr.«
»Da habt ihr’s.« Ich sagte es möglichst gleichgültig, weil ich meine Neugier unbedingt verbergen wollte. »Mehr Beweise.«
Angespanntes Schweigen entstand, nur von den unterdrückten Geräuschen aus dem Moor unterbrochen. Hallia und Ector wurden unruhig,
ihre Gesichter waren von dem seltsamen Schimmer halb beleuchtet. Besorgt und verwirrt beobachteten sie mich und schauten nur
hin und wieder misstrauisch zu den leuchtenden Astlöchern. Fast konnte ich unter dem Blätterdach ihre und meine Herzschläge
hören.
Endlich ließ sich eine dünne Stimme vernehmen. »Wir können nichtsss über dein Schwert sagen. Aber wir kennen viele andere
Geheimnissse. Viele andere Schätze.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
»Doch! Esss issst wahr.« Das Leuchten im Astloch wurde stärker. »Wir kennen sssogar dasss geheime Versteck desss sssiebten
weisssen Werkzeugsss.«
Hallia schrak auf. Sie fasste nach meinem Arm und drückte ihn fest. Ector spähte inzwischen mit offenemMund zwischen die Äste. Ich bemühte mich ruhig zu bleiben und zuckte nur die Schultern. »Das kann nicht stimmen. Das letzte
der weisen Werkzeuge ging schon vor langer Zeit verloren.«
»Ach ja?« Jetzt zischte die Stimme in höchster Entrüstung. »Glaubssst du?«
»Ihr habt mir noch nichts bewiesen. Überhaupt nichts.«
Keine Antwort außer orangen Blitzen, die mit jeder Sekunde heller wurden.
»Ihr armen Geschöpfe.« Ich schüttelte traurig den Kopf. »So klein, so zerbrechlich. Ich nehme an, ihr geratet wenigstens nie
in Gefahr, wenn ihr nie eure sicheren kleinen Nester verlasst. Es ist wirklich viel besser für euch, dass ihr nichts Wichtiges
wisst.«
»Lü-hü-hügen!«
»Ssstumpfsssinniger Mensch!«
»Du bist es, hä-hä, der nichts weiß.«
Gelassen sagte ich zu Hallia und Ector: »Schlaft weiter, Freunde. Diese kleinen Geschöpfe sind nur alberne Schwätzer.«
»Ssso, ssso? Woher wisssen wir dann dasss?«
Die Lichter flackerten gleichzeitig, während die Stimmen deklamierten:
»Mi-hi-hitten im weiten Mo-or . . .«
»Beim brennenden Baum, hä-hä-hä, ist der Platz . . .«
»Wo der kossstbare Schlüsssel liegt, der verlorene Schatz.«
Ich lehnte mich an den Baumstamm. »Also, Queljies, ich bin wirklich beeindruckt. Nicht zu fassen, dass ihr so etwas wisst.«
Während ihre Lichter schwächer wurden und die Dunkelheit uns wieder einhüllte, drehte ich michzu Hallia um. Ich war zwar enttäuscht, dass ich nichts Nützliches über mein Schwert erfahren hatte, aber ich musste wider
Willen grinsen, weil ich den Queljies schließlich doch noch etwas Interessantes entlockt hatte.
Hallia ließ meinen Arm los, starrte mich aber weiter mit aufgerissenen Augen an, in denen Erstaunen stand – und noch etwas
anderes – etwas Drängendes. »Junger Falke«, flüsterte sie ängstlich, »jetzt erinnere ich mich.«
»Woran?«
»An das, was mein Vater mir erzählt hat, wenigstens an einiges über die Kräfte des Schlüssels, des siebten weisen Werkzeugs.
Er kann . . .« Sie unterbrach sich plötzlich und schaute zu Ector hinüber.
»Es ist schon in Ordnung«, sagte ich mit einer Handbewegung zu dem Jungen. »Du kannst ihm vertrauen.«
»Was ist mit diesen . . . Geschöpfen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Gut möglich, dass sie schon wissen, was du sagen willst. Andererseits wissen
sie vielleicht nichts. Wenn du dir ihretwegen Sorgen machst, dann warte einfach bis morgen, bis du es mir sagst.«
Hallia stöhnte. »Morgen könnte jemand anders zuhören, der viel weniger freundlich ist. Und außerdem – will ich es dir jetzt
sagen. Es ist zu wichtig.«
Am Rand meines Gesichtsfeldes sah ich, wie Ector sich den Hals nach uns verrenkte. Zweifellos war er froh, dass ihm endlich
vertraut wurde. Doch er wirkte bedrückt, über irgendetwas besorgt, aber das konnte auch eine Täuschung meines zweiten Gesichts
sein.
Leise fuhr Hallia fort: »Mein Vater sagte über den Zauberschlüssel, der so lange in seiner Obhut war: Er kannjede Tür aufschließen – zu jedem Palast, jeder Kammer, jeder Schatztruhe. Und in den Händen eines Menschen mit großer magischer
Kraft kann er noch etwas anderes.«
Sie machte eine Pause, damit ihre Worte wirkten. »Ein Mensch mit großer magischer Kraft könnte damit nicht nur ein Türschloss
öffnen, sondern auch einen Zauber brechen. Dieser Zauber kann
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