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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Meine Beine zitterten. Mit Anstrengung hielt ich mich aufrecht. Was immer ich
     in Händen hielt, bestimmt würde ich es fallen lassen, es würde verbrennen wie damals ich. Mit einem letzten Kraftakt versuchte
     ich alle meine Kräfte durch den mächtigen Brand zu stemmen.
    Aus den lodernden Flammen tauchte der Schlüssel auf. Der polierte weiße Gegenstand glühte vom Feuer ringsum und durch ein
     inneres eigenes Licht. Von unsichtbaren Flügeln getragen flog er durch die brennende Wand. Zischende Finger zerrten daran,
     versuchten ihn zurückzuhalten, doch er riss sich los. Während ich auf die Knie fiel und nach Atem rang, fiel er mir in die
     offene Hand.
    Zitternd berührte Hallia den Schlüssel. Sie fuhr mit den Fingern vom fein geformten unteren Ende den Schaft hinauf und über
     die geschlungene Krone mit dem Saphir.»Du hast es geschafft«, flüsterte sie. Ich merkte, dass sie es zu mir – und zu ihrem Vater sagte.
    In diesem Moment schwirrte etwas dicht über meinen Kopf. Irgendeine Waffe! Ich sah, wie sie in den Feuerkreis flog. Dann bemerkte
     ich zu meinem Entsetzen, dass sie eine dunkle Spur hinterlassen hatte – keinen Rauch, sondern Leere. Nichts, noch nicht einmal
     Licht blieb dort, wo sie geflogen war.
    Es war, erkannte ich schaudernd, ein Pfeil. Kein üblicher Pfeil, sondern einer mit besonderen Fähigkeiten. Ein Pfeil, der,
     wie Shim gewarnt hatte, den Tag durchbohrte.

XVIII
ROSENBLÜTEN
    I ch stützte mich schwer auf meinen Stock und kam mühsam auf die Füße. Vorsichtig wich ich dem dunklen Band aus, das der Pfeil
     in die Luft geschnitten hatte – eine Leere, in der nichts, noch nicht einmal das Licht geblieben war.
    Hallia war aschgrau im Gesicht, während sie zurückwich, bis ihre Schulter meine berührte. Ector stand mit entsetzt aufgerissenen
     Augen neben uns. Gemeinsam beobachteten wir, wie Krieger in einer breiten geschlossenen Front aus dem Nebel marschierten.
     Bis auf die dunklen Schimmer in der Luft, die ihre Körper waren, und das verschwommene Glimmen des Lichts in ihren Augen waren
     sie fast unsichtbar. Doch sie konnten nicht unbemerkt bleiben, denn jeder von ihnen trug ein gedrungenes, gebogenes Schwert,
     das an einem Gürtel aus gewobenen Ranken von der Taille hing. Und jeder von ihnen hielt einen schweren hölzernen Bogen mit
     einem kohlschwarzen Pfeil, der direkt auf uns gerichtet war.
    »Moorghule«, murmelte Ector und rückte näher an mich heran. »Wohin können wir uns wenden?«
    Nirgendwohin, schien es. Hinter uns toste ein tödliches Inferno – der brennende Baum und das Feuer, das ihn umgab. Vor uns
     standen vierzig oder fünfzig Moorghule, mit bedrohlichen Waffen ausgerüstet. Ich konnte ihre Verachtung für alles Lebendige,
     das ihnen im Weg stand,spüren, fast berühren. Selbst die wirbelnden Nebel des Sumpfes schienen sich zu sträuben ihre schwankenden Gestalten zu umfassen.
     Mein Schatten verfiel, schrumpfte zu einem grauen Strich zu meinen Füßen.
    Auf meinen Stock gestützt versuchte ich mir etwas einfallen zu lassen – irgendetwas, das wir tun könnten. Während dunkle Nebelwogen
     über uns trieben, jagten meine Gedanken, aber ohne Ergebnis. Und meine zitternden Beine machten die Lage nicht besser. Ich
     fühlte mich schwach, kaum fähig zu stehen. Wie sollte ich da kämpfen? War ich nur vom Springen erschöpft oder, wie ich fürchtete,
     wegen der nachlassenden Wirkung des Elixiers?
    »Sie hassen uns«, flüsterte Hallia. »Ich kann es spüren.«
    »Ich auch.« Dann wurde mir mit leichtem Schaudern klar, dass ich noch etwas spürte. Es war eine ungewisse, flüchtige Empfindung;
     eine Wahrnehmung, die ich beinahe greifen konnte, aber nicht ganz. »Sie hassen uns, ja. Und doch . . . ich habe irgendwie
     das Gefühl, dass sie etwas anderes hassen. Und das noch mehr.«
    Hallia schaute mich erstaunt an.
    Ich richtete meine nachlassenden Kräfte auf die Schlachtlinie der Moorghule und erforschte ihre schattigen Wesen. Ich versuchte
     hinter ihre schimmernden Umrisse, ihre sichtbaren Gestalten zu sehen. Zorn – giftiger als Schierling – strömte von ihnen aus.
     Als ich tiefer drang, ahnte ich Betrug. Und – konnte das sein? Ein tiefes, anhaltendes Leid.
    Allmählich, ganz allmählich sah ich ihre Gestalten deutlicher. Sie hatten Köpfe, lang und schmal, darüber Kapuzen; dunkle
     braune Tuniken, die bis zum Bodenreichten; und riesige Hände mit Klauen. Ich sah mehr von ihren Gesichtern – verzerrt, hart, hasserfüllt. Und dann sah ich
     etwas

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