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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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vor Erstaunen zu.
    »Nun«, fuhr Urnalda mich an, »bezweifelst du, dass ich dir deine Kräfte genommen habe? Hast du vor, deinen Zauberstab gegen
     mich zu gebrauchen?« Bevor ich antworten konnte, zischte sie einen seltsamen Singsang hervor. Mit einem knisternden scharlachroten
     Blitz verschwand mein Stock völlig.
    Meine Brust schmerzte vor Leere.
Meine Kräfte. Fort! Mein Stock, mein kostbarer Stock. Fort!
    Urnalda betrachtete mich streng. »So undankbar du auch sein, ich sein immer noch gnädig. Oh ja! Ich lasse dir dein zweites
     Gesicht, damit du dem Drachen die Genugtuung gibst, zu glauben, dass du dich verteidigen kannst – wenigstens eine Minute oder
     zwei. Dann wird er eher bereit sein den Pakt einzuhalten, nachdem er dich erschlagen hat. Aus dem gleichen Grund gebe ich
     dir das hier zurück.«
    Sie schleuderte mein Schwert hoch in die Luft und bellte zugleich ein Kommando. Die Waffe fiel zu mir herunter, machte dann
     plötzlich einen Schwenk in der Luft und glitt direkt in die Scheide an meiner Hüfte. »Sein jedoch gewarnt«, knurrte Urnalda.
     »Wenn du daran denkst, diese Klinge gegen mich zu richten, dann nehme ich sie, um deine Beine so kurz zu schneiden wie die
     meines Jägers dort drüben.«
    Der verkürzte Zwerg umfasste seine leeren Hosenbeine und wimmerte.
    Urnalda atmete tief ein. »Jetzt sein es an der Zeit. Auf, ich befehle es dir!« Sie deutete mit ihrem Stab auf eine felsige,
     pyramidenförmige Anhöhe auf dem Plateau. »Geh zu diesem Hügel. Der Drache sein bald dort.«
    Schwach kämpfte ich mich auf die Beine. Alles drehte sich vor mir, mein Körper schmerzte. Ich hatte gefürchtet – sogar erwartet   –, dass ich am Ende mein Leben gegen den Drachen verlieren würde. Aber nicht so. Nein, bestimmt nicht so.
    Und obwohl etwas von meiner Stärke zurückgekehrt war, spürte ich mehr denn je die Leere im Zentrum meinerBrust. Als ob meine Mitte herausgerissen worden wäre. Meine Zukunft als Magier war schon verdüstert – schlimm genug. Doch
     jetzt waren auch die Kräfte, die ich besessen hatte, die magischen Gaben, die ich kaum verstand, verschwunden. Und mit ihnen
     noch etwas Wesentliches. Etwas, das meiner Seele sehr nahe war.

XII
DEN KREIS EINER GESCHICHTE VOLLENDEN
    E iner der Jäger stieß einen Schrei aus. Wir drehten uns alle um und sahen eine große Hirschkuh über das verdunkelte Plateau
     springen. Anmutig und schnell setzte sie wie ein fliegender Schatten über die gewellte Ebene. Ich wusste nicht, ob es das
     großäugige Damtier aus der Rinne war. Ich konnte nur hoffen, dass seine Beine es bald weit forttrugen, hinaus aus diesem Land
     gnadenloser Jäger – und treuloser Verbündeter.
    »Hmmm
, Wildbret.« Urnalda schnalzte mit der Zunge. »Schnell! Bevor es verschwunden ist.«
    Noch ehe sie den Satz beendet hatte, lagen die Pfeile auf den Sehnen. Beide Zwerge zogen mit muskulösen Armen ihre Bogen zurück.
     Diesmal war ich überzeugt, dass mindestens einer ihrer Pfeile sein Ziel finden würde. Und diesmal konnte ich nichts tun, um
     es zu verhindern.
    Einen Augenblick bevor die Pfeile flogen, sprang das Damtier hoch in die rauchige Luft. Einen Herzschlag lang hing es schwebend
     da, das perfekte Ziel.
    »Schießt!«, befahl Urnalda. »Ich habe gesagt   –«
    Eine riesige, massige Gestalt rammte sie plötzlich von hinten. Mit einem entsetzten Schrei flog sie auf die beiden Zwerge,
     die Pfeile klapperten zu Boden. Die Jäger, ebenso überrascht wie Urnalda, brachen unter dem Gewicht ihrer Herrin zusammen.
     Offensichtlich betäubt lag sie aufihnen und stöhnte. Der verkürzte Zwerg versuchte sich zu befreien und aufzustehen, fiel aber über seine leeren Hosenbeine.
     Er landete direkt auf Urnaldas Gesicht und zerdrückte einen ihrer Muschelohrringe.
    Zugleich nahm mich ein riesiges Geweih auf und hob mich in die Luft. Ich taumelte zurück und fiel über einen gewaltigen Nacken
     mit gesträubtem Fell. Der Hirsch! Schon rasten wir über die Ebene. Ich brauchte alle Kraft, um mich festzuhalten, meine Beine
     waren um die Schaufeln des Geweihs gewunden und meine Arme um den mächtigen Nacken. Raues Fell zerkratzte mir die Wangen,
     während der große Körper unter mir schaukelte. Bald verklangen die Schreie der Zwerge und ich hörte nur noch das Stampfen
     der Hufe.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so ritt, es kam mir wie die halbe Nacht vor. Die Nackenmuskeln des Hirschs fühlten sich steinhart
     an. Stampf, stampf, stampf. Mindestens einmal fiel ich herunter und

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