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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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wobei ich die Wundränder zusammenzog, wie ich es Dutzende Male bei Branwen gesehen hatte. Mit einer Ranke aus Rhias
     Ärmel umwickelte ich dann den Verband.
    Sie hob dankend die Hand. »Wer hat dir das beigebracht?«
    »Branwen. Die Frau, die mir Geschichten erzählte. Sie verstand viel von der Heilkunst.« Ich schloss den Beutel. »Aber sie
     konnte nur Wunden in der Haut heilen.«
    Rhia nickte. »Wunden im Herzen sind viel schwieriger.«
    »Wohin gehen wir jetzt?«
    »Zu mir nach Hause. Ich hoffe, du kommst mit.« Sie winkte dem Falken, der als Antwort tückisch eine Klaue hob. »Selbst mit
     deinem – äh – Gefährten da.«
    »Großzügig von dir.« Trotz des lästigen Vogels war ich nach wie vor neugierig mehr über diesen Ort und überRhia selbst zu erfahren. »Ich komme gern mit. Aber ich bleibe nicht lange.«
    »Das ist in Ordnung. Solange du diesen Vogel mitnimmst, wenn du gehst.«
    »Was bleibt mir sonst übrig?«
    So zogen wir in den Wald. Den Rest des Morgens und weit in den Nachmittag hinein folgten wir einem Pfad, den nur Rhia sehen
     konnte. Wir umrundeten Hügel, sprangen über Bäche und plagten uns durch Moore, über denen alle möglichen Insekten summten.
    Auf halbem Weg durch ein solches Moor deutete Rhia auf einen abgestorbenen Baum, der strahlend rot angemalt zu sein schien.
     Sie klatschte einmal in die Hände. In der nächsten Sekunde quoll eine feuerrote Wolke aus den Ästen. Hunderte, Tausende von
     Schmetterlingen stiegen in die Luft und ließen den Baum nackt wie ein Skelett zurück.
    Ich sah zu, wie die rote Wolke aufstieg. Die Flügel der Schmetterlinge blitzten so hell im Licht, dass man hätte meinen können,
     sie seien mit Sonnenscheiben wie mit Juwelen besetzt. Und ich begann zu hoffen, dass mein zweites Gesicht sich weiter verbesserte.
     Wenn ich eine so fantastische Farbenexplosion ohne Augen sehen konnte, dann würde ich vielleicht eines Tages alle Farben der
     Welt so lebhaft sehen wie vor dem Brand.
    Wir wanderten weiter, stapften durch Schneisen mit hüfthohem Farn, stiegen über umgestürzte Bäume, deren Stämme und Äste sich
     langsam mit der Erde vermischten, gingen unter tosenden Wasserfällen hindurch. Nur kurz machten wir Rast, sammelten ein paar
     Beeren oder tranken Wasser. Doch diese Augenblicke waren immer langegenug, um einen Blick auf den Schwanz eines davonhuschenden Tiers zu erhaschen, den würzigen Duft einer Blume einzuatmen oder
     die verschiedenen Stimmen eines Bachs zu hören.
    Ich strengte mich an nicht zurückzubleiben, obwohl ich bei Rhias Tempo und meiner schwachen Sicht im Schatten immer wieder
     außer Atem kam und mir die Schienbeine aufschlug. Der Vogel zwickte mich die ganze Zeit in die Schulter. Ob diese Klauen mich
     jemals wieder loslassen würden?
    Als das Licht des späten Nachmittags leuchtende Fäden durch das Gewebe der Zweige zog, blieb Rhia plötzlich stehen. Keuchend
     kam ich näher und sah, wie sie am Stamm einer Linde hinaufschaute. Dort, um die Stammesmitte gewickelt, hing ein stacheliger
     Kranz aus glitzerndem Gold.
    »Was ist das?«, fragte ich fasziniert.
    Rhia schenkte mir ein Lächeln. »Mistel – der goldene Zweig. Siehst du, wie sie das Sonnenlicht festhält? Es heißt, wer einen
     Mantel aus Misteln trägt, kann den Geheimweg in die Anderswelt der Geister finden.«
    »Sie ist wunderschön!«
    Sie nickte. »Nach dem langschweifigen Alleahvogel ist es der schönste Anblick im Wald.«
    Ich betrachtete das schimmernde Gewinde. »Sie scheint so anders als andere Pflanzen.«
    »Ist sie auch. Sie ist weder Strauch noch Baum, sondern ein wenig von beidem. Etwas dazwischen.«
    Etwas dazwischen,
wiederholte ich in Gedanken; ich erinnerte mich an die Worte. Damit hatte Branwen einmal die besonderen Orte beschrieben wie
     den griechischenBerg Olymp, wo Sterbliche und Unsterbliche Seite an Seite leben konnten. Und die besonderen Stoffe wie Nebel, deren Elemente,
     so eindeutig wie Luft und Wasser, sich zu etwas Neuem vermischen konnten, das ihnen so ähnlich und unähnlich zugleich war.
     Etwas dazwischen.
    Rhia winkte mir. »Wir sollten gehen. Wir müssen uns beeilen, wenn wir noch im Hellen zu meinem Haus kommen wollen.«
    Wir wanderten zwischen den hohen Bäumen hindurch. Als es dämmerte, ließ meine Sehkraft nach und meine Prellungen und Kratzer
     nahmen zu. Trotz Rhias wiederholtem Drängen kam ich in dem düsteren Wald nur langsam voran. Ich strauchelte immer öfter, stolperte
     über Wurzeln und Steine. Bei jedem Sturz grub

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