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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Holz für die Gerätschaften,
     alles war aus lebenden Ästen in Form gebogen. Neben dem Schrank rührte Cwen in einem Gefäß.
    Ich trat auf Rhia zu. »Was ist dort unten passiert?«
    Vorsichtig schaute sie von mir zu dem scharfkralligenVogel auf meiner Schulter. »Meine Freundin Arbassa wollte dich nicht hereinlassen.«
    »Das habe ich auch gemerkt.«
    »Dafür kann es nur einen Grund geben. Sie wollte jemand von meinem Haus fern halten, der mir großen Schaden zufügen könnte.«
    Meine Abneigung gegen Verdruss wuchs. Wenn seine Anwesenheit mich fast daran gehindert hätte, Rhias Haus zu betreten, könnte
     sie mich dann auch daran hindern, meine Vergangenheit, meine Identität zu finden? »Ich wollte, ich hätte diesen verfluchten
     Vogel nie getroffen.«
    Rhia verzog das Gesicht. »Ja. Ich weiß.« Sie winkte Cwen zu, die sich immer noch über den Schrank beugte. »Komm. Lass uns
     etwas essen.«
    Cwen goss etwas, das wie Honig aussah, über eine Platte mit zusammengerollten, mit rotbraunen Nüssen gefüllten Blättern, von
     denen ein herzhafter Röstgeruch ausging. Als sie die Platte zu dem niedrigen Tisch bei der Feuerstelle trug, warf sie einen
     scharfen Blick auf Verdruss. »Für diesssesss hinterlissstige Biessst habe ich kein Abendessssen.«
    Zum ersten Mal sah ich, dass Cwen in Wahrheit mehr Baum als Mensch war. Ihre schwielige, gefurchte Haut sah aus wie Rinde,
     während ihr wirres braunes Haar einem Rankendickicht glich. Ihre wurzelähnlichen Füße waren ohne Schuhe und sie trug keinen
     Schmuck außer den Silberringen an den kleinsten ihrer zwölf knotigen Finger. Unter ihrem Gewand aus weißem Tuch bewegte sie
     sich wie ein Baum im Wind. Doch ihr Alter musste beachtlich sein, denn ihr Rücken bog sich wie ein Stamm unter dem Schneegewicht
     des Winters und Hals, Armeund Beine wirkten verkrümmt und gebrechlich. Trotzdem umgab sie der Duft von Apfelblüten. Und ihre tief liegenden braunen
     Augen, die schlanken Regentropfen glichen, schimmerten hell wie das Feuer.
    Sie machte einen Bogen um mich und besonders meinen Gefährten und stellte die Platte ab, stieß dabei jedoch einen Eichenkrug
     mit Wasser auf dem Tisch um.
    »Verfluchte alte Hände!« Cwen nahm den Krug und trug ihn zum Schrank. Während sie ihn wieder füllte, murmelte sie vor sich
     hin: »Der Fluch der Zeit, der Fluch der Zeit.« Brummend kam sie zum Tisch zurück.
    Rhia saß auf einem der Stühle und bot mir mit einer Kopfbewegung den anderen an. Ich sah zu, wie sie ein gerolltes Blatt in
     die Hand nahm und es in die Honigschale auf der Platte tauchte.
    Ein wenig schuldbewusst lächelte sie mir zu. »Man kann nie genug Honig kriegen.«
    Ich grinste. Mit einem Blick auf Cwen flüsterte ich: »Sie ist kein Mensch wie du oder ich, stimmt’s?«
    Rhia schaute mich merkwürdig an. »Ein Mensch ist sie bestimmt. Aber wie wir ist sie nicht. Sie ist die letzte Überlebende
     der Bäumlinge – halb Baum, halb Mensch. Früher, als Riesen die Herren dieses Landes waren, gab es viele davon in Fincayra.
     Aber jetzt sind sie verschwunden bis auf Cwen.«
    Sie stopfte das honigtriefende Blatt in den Mund und griff nach dem Wasserkrug. Nach mehreren Schlucken bot sie ihn mir an.
     Inzwischen hatte ich selbst ein paar zusammengerollte Blätter versucht, sie waren so klebrig, dass ich sie nur mit Mühe kauen
     konnte. Dankbar nahm ich das Wasser.
    Als ich den Krug auf den Tisch zurückstellte, fiel mir auf, dass von dem so hell brennenden Feuer weder Rauch noch Wärme kam.
     Tausende winziger Käfer, die mit ihrem eigenen Licht pulsierten, krochen über einen Haufen runder Flusssteine mitten in der
     Feuerstelle. Die Steine waren offenbar ihr Zuhause, denn die Käfer krabbelten unentwegt zwischen ihnen herum wie Bienen in
     einem Stock. Während jeder Käfer nur aus einem kleinen Lichtfleck bestand, brachten sie gemeinsam einen mächtigen Schein zu
     Stande, der das ganze Baumhaus erleuchtete.
    Als ich endlich das klebrige Essen geschluckt hatte, rührte sich Verdruss auf meiner Schulter und grub dabei seine Krallen
     tief in meine Haut. Ich schrie auf und fuhr ihn dann an: »Was soll das? Runter von meiner Schulter, sag ich! Los!«
    Verdruss starrte mich nur an ohne zu blinzeln.
    Ich sagte zu Rhia: »Wie soll ich ihn denn zähmen? Das würde noch nicht einmal der Galator fertig bringen.«
    Cwen an einem der Fensterschlitze erstarrte.
    Erschrocken griff ich an die Tunika über meiner Brust und berührte den Anhänger darunter. Dann merkte ich,

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