Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
wollten immer schon gewusst haben, dass der so unscheinbare Eberhard in Wirklichkeit unberechenbar sei, während andere von seiner Unschuld überzeugt waren und die fremden Kaufmannsbrüder hängen sehen wollten. Für Frieda, die zickige Bäuerin, war der verrückte Lazarus der Täter, denn am Tag vor Margarethes Ermordung wollte sie beobachtet haben, wie er der Tochter des Schuhmachers nachgestellt sei. Ein krüppeliger Knecht des Bauern Jakob war indes der Überzeugung, dass die alte Sibylle ihre Finger im Spiel habe. Sie sei eben eine Hexe, das habe er immer schon gewusst, und ihre Behauptung, sie habe einen Dämon gesehen, habe allein dem Zweck gedient, von der Wahrheit abzulenken.
Geschwätz.
Eberhards Vater Rudolf ließ es sich nicht nehmen, dem Dorfherrn zornig die Meinung zu sagen. Was denn eigentlich mit seinem Freund geschehen sei, wollte er wissen, der in der vergangenen Woche urplötzlich aufgetaucht und ebenso rasch wieder verschwunden sei. Unmittelbar vor seinem Erscheinen sei schließlich ein Mord geschehen - und kurz nach seinem Verschwinden ebenfalls.
Mathäus schluckte den Ärger über die Ungeheuerlichkeit dieser Aussage hinunter und verzieh sie dem Vater, dem das ungewisse Schicksal seines Sohnes offenbar schwer zu schaffen machte.
Auch erneute Verhöre der Inhaftierten brachten keine neuen Erkenntnisse. Eberhard war in trübe Lethargie versunken, während Walter Hompesch weiterhin abstritt, das Mädchen im Wald ermordet, geschweige denn jemals gesehen zu haben. Sein Bruder Tobias dagegen saß gedankenversunken im Stroh, als bereite er sich auf sein nahendes Ende vor.
Am späten Nachmittag suchte der Dorfherr einmal mehr die Mordstätte am Forellenweiher auf, doch auch diesmal fand er nichts, was ihm bei früheren Besichtigungen entgangen wäre. Frustriert machte er sich auf dem Heimweg.
Schon von draußen hörte er das Lachen eines Kindes. Mathäus wurde es wohlig ums Herz, schmunzelnd betrat er die Stube.
„Sieh an, unsere selbsternannte Mutter mit ihrer kleinen Tochter.“ Jutta blickte stolz auf das Mädchen, das vor ihr auf dem Fußboden hockte und mit einem Holzpferd spielte. Die Kleine richtete ihre großen Augen auf den Ankömmling.
„Sag’s ihm, Maria. Na los, trau dich!“, munterte Jutta sie auf.
Die kleine Maria schluckte aufgeregt. „Gutten Tack, Mathäus“, hauchte sie. Verlegen widmete sie sich wieder ihrem Spielzeug.
„Sie spricht schon unsere Sprache?“, wunderte sich der Dorfherr.
Jutta ließ sich von dem Geliebten in den Arm nehmen. „Das Nötigste kann sie schon sagen. Und es wird jeden Tagmehr. Bald wird sie so viel verstehen, dass wir sie taufen lassen können, denn vermutlich ist sie ein Heidenkind. Ich erzähle ihr täglich über Gott.“
Mathäus nickte nachdenklich. „Du bist nicht auf den Feldern?“
„Eine Mutter muss auch mal Zeit haben, sich um ihr Liebstes zu kümmern.“
„Wen meinst du? Mich oder Maria?“
„Wieso
oder
? Euch beide natürlich!“
„Dann weiß ich wenigstens, dass du mich doch noch nicht vergessen hast.“
„Wie könnte ich auch?“ Jutta küsste ihn auf die Wange, nahm dann seinen Kopf zwischen ihre Hände. „Du wirkst so abwesend“, stellte sie fest. „Es geht um den Mord an Margarethe, nicht wahr?“
„Steht das in meinen Augen?“
„Ja. Immer noch keinen Hinweis auf den Täter?“
Mathäus ließ die Schultern hängen. „Alles ist so verwirrend.“
Sie presste ihren Kopf an seine Brust. „Und bis Sonntag wollen die Herrschaften ihren Täter haben“, sagte sie leise.
Ein seliges Gefühl von Wärme und Liebe strömte durch Mathäus’ Körper. Wie gerne hätte er Jutta den Ring an den Finger gesteckt, ihr erklärt, dass ein Leben ohne sie ihm sinnlos und öde erschien. Doch er schwieg. Er wusste, der Tag würde unweigerlich kommen, an dem Jutta eine Entscheidung traf. Und sein Konkurrent, jener Bauernsohn aus Schlich? Mathäus unterdrückte den unchristlichen Wunsch, ihn in die Hölle zu wünschen.
„Mathäus gutter Mann“, piepste Marias Kinderstimme.
Sie sahen lächelnd zu ihr hinab.
„Besten Dank, Maria“, erwiderte der Dorfherr mit einer eleganten Verbeugung.
„Und jetzt lasst uns essen“, bestimmte Jutta und deutete auf den gedeckten Tisch.
Sie aßen dunkles Brot und Käse. Irgendwo im Dorf begannen Hunde zu bellen. Als es an der Tür klopfte, erhob sich Mathäus missmutig. Wer es wohl schon wieder wagte, ihn zu stören? Konnten diese Quälgeister ihn nicht einfach mal in Ruhe
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