MERS
Schutzhaft nicht.«
Es ist die Schadenfreude, auf die ich mich gefreut habe, und er verdirbt sie mir. »Nomansland ist eine gute Idee«, sagt er. »Sie haben sie wohl dorthin geschickt.«
Er hat mir die Schadenfreude verdorben, aber ich bin noch immer reizbar. Ich sage: »Natürlich. Wohin sonst?«
»Wohin sonst, allerdings. Nomansland war immer Ihre naheliegendste, ja, Ihre einzige Möglichkeit gewesen.«
»Sind Sie nicht besorgt?«
»Ich? Sie meinen, die Ministerin? Meine liebe Dr. Kahn-Ryder, die Ministerin hat sich lediglich deshalb Sorgen um Ihre Tochter gemacht, weil Sie sich Sorgen gemacht haben. Wenn Sie zufrieden sind, dann sind wir ebenfalls zufrieden. Die Veröffentlichung ist ein anderes Thema.«
»Ein anderes Thema. Ich bin zufrieden. Sie sind zufrieden. Das ist schön.«
»Apropos – ich habe die Listen des Polizeistabs überprüft, und ich kann keinen SPU-Officer namens Milhaus finden. Sie haben Sergeant Milhaus gesagt, nicht wahr?«
»Ich habe Sergeant Milhaus gesagt.«
»Ich kann Ihnen versichern, daß es bei der SPU keinen Sergeant Milhaus gibt. Keinen Sergeant Milhaus in irgendeiner Abteilung der Polizeikräfte. Haben Sie den Namen ganz bestimmt richtig verstanden?«
»Eigentlich wollen Sie sagen, ob ich sie nicht ganz bestimmt erfunden habe.«
»Ich meine, was ich sage, Dr. Kahn-Ryder. Das ist die beste Politik.«
Ich lege auf. Ich muß mir nicht gefallen lassen, daß er mir gegenüber den Schlaumeier raushängt.
Dies ist keine gute Nachricht. Sergeant Milhaus operiert also auf eigene Faust. Ihre Kennkarte sah offiziell aus, mit einem gräßlichen Foto, aber das hatte nichts zu bedeuten. Wer steht hinter ihr – Unikhem? Sie hat gute Drähte zur Regierung. Immerhin ist sie zwei Stunden, nachdem Marton mich mundtot gemacht hatte, bei mir auf der Türschwelle erschienen.
Sergeant Milhaus. Natalya. Die Patentbehörde. Natur. Danno, Danno… Ich muß ihn anzeigen, und ich weiß nicht, was sie ihm antäten. Ich könnte es vielleicht ertragen, wenn ich wüßte, was sie ihm antäten. Das ist zum Lachen – ich könnte es ertragen, was ist mit Danno, kann er es ertragen?
Ich gehe zum Zufahrtsweg der Simpsons hinauf. Es ist ein zwanzigminütiger Spaziergang, zwei Straßenbahnhaltestellen, und der Tag ist windig, grau und erbärmlich, aber es regnet nicht richtig, und an einer Straßenbahnhaltestelle warten, das könnte ich nicht. Also gehe ich zu Fuß, und eine Straßenbahn nach der anderen kommt an mir vorbei. Ich zeige ihnen den Stinkefinger.
Peter Simpsons Haus ähnelt ein wenig dem unsrigen, ist jedoch größer. Da er mehrfach verheiratet ist und auch ein Sprechzimmer hat, benötigt er es. Er hat zwei Ehefrauen und sechs Töchter hier – Annas Freundin Jessica ist seine Jüngste –, und er hat eine weitere Frau und eine weitere Familie, denen ich nie begegnet bin, in einer Wohnung in der Stadt – sie kam mit den beiden Frauen hier nicht zurecht, wollte lieber, daß er sie regelmäßig besucht, damit sie ihn dann ganz für sich allein hat. Er managt seine Beziehungen überraschend gut – er war Psychiater, ehe der Berufsstand in die Aromatherapie und zum Tarot abgedriftet und dank der Fundamentalisten zur Bedeutungslosigkeit verurteilt worden ist –, aber sie sind sehr kostspielig, und er bessert sein Einkommen hier aus der Psycho-Engineering-Praxis durch verschiedene Beraterjobs bei der Regierung auf. Er ist aufgeblasen und englisch, jedoch ein Arbeitstier. Einer dieser Regierungsjobs hat, meiner Erinnerung zufolge, mit der Resozialisierungsarbeit im Gefängnis zu tun. Er kann mir sagen, was sie Danno antäten.
Zwei Türen gibt es auf Simpsons Veranda, auf einer steht PRIVAT und auf der anderen SPRECHZIMMER. Letzere habe ich nie ausprobiert, aber heute erscheint sie mir passend. Dahinter liegt ein Wartezimmer mit einer Empfangsdame. Ich sage ihr, daß ich keinen Termin habe, und sie erwidert, würde Anfang der übernächsten Woche ausreichen?, und ich sage zu ihr, Anfang der übernächsten Woche würde nicht ausreichen. Anfang der übernächsten Woche kämen mir meine Weihnachtseinkäufe in die Quere, und ich ließe nicht zu, daß Besuche beim Psycho-Engineerer meine Weihnachtseinkäufe störten. Sie wirft mir diesen abschätzenden Blick zu – einen Dollar gegen einen Cent, daß sie eine bessere Diagnostikerin ist als ihr Boss –, wirft einen weiteren Blick in ihren Terminplaner und entdeckt, daß der Doktor zufällig gerade in diesem Augenblick frei ist.
In Wahrheit hält er
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