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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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leichter Druck auf meine Ohren. Er vertreibt jeglichen Gedanken und läßt mich mit meinen Schrammen zurück. Ich habe jede Menge Schrammen. Zwischen der Straßenbahn, der Polizeistation und dieser Zelle, jede Menge Schrammen. Ich bin stark, doch Polizistinnen werden danach ausgesucht, daß sie stärker sind, und es ist eine gut bekannte Tatsache, daß sie selbst nicht gerade sanft mit einem umspringen. Ich verdiene keine Hochachtung, und ich bekomme auch keine. Die beiden Männer bekommen Hochachtung. Die Herrenrasse. Nein – nicht fair. Die benachteiligten Parteien. Ich betaste meine Schrammen. Die Stille vertreibt die Gedanken.
    Nicht für lange. Ein großer, geschniegelter Polizist tritt ein, ein Oberinspektor. Er berichtet mir, meine Opfer wollen mich nicht anzeigen. Wie können sie es wagen, so großzügig zu sein? Aber mir gefällt das Wort Opfer. Hoffentlich sind sie wirklich meine Opfer gewesen. Hoffentlich haben sie jetzt Schrammen, die schlimmer als meine Schrammen sind. Der Oberinspektor teilt mir mit, da sei noch immer der Strafbestand einer Erregung Öffentlichen Ärgernisses (ich höre die großen Anfangsbuchstaben heraus), aber er sagt, er habe meine Identität bestätigt, und wenn ich meinen Mann dazu veranlassen würde, eine Kaution zu hinterlegen, könne er mich vor Einbruch der Nacht hier herausholen. Er sagt, er habe bei mir daheim angerufen und mit meinem Dienstmädchen gesprochen (kein Wunder, daß er so höflich ist, nachdem er mit meinem Dienstmädchen gesprochen hat), aber mein Gatte sei nicht erreichbar.
    Ich erkläre, mein Gatte sei geschäftlich unterwegs. Er würde vor sieben Uhr nicht nach Hause kommen. Der Inspektor ist besorgt: bis dahin, sagt er, habe das Büro des Richters geschlossen, weshalb die Möglichkeit derHinterlegung einer Kaution bis zum Morgen ausgeschlossen sei. Ich müsse die Nacht im Gefängnis verbringen.
    Meine Nacht im Gefängnis macht ihm deutlichmehr Sorgen als mir. Ich bin Dr. Kahn-Ryder, und erhält die Sache für eine Frau in meiner Position nichtpassend. Ich bin auch Dr. Kahn-Ryder, und er möchte nicht, daß die Medien Wind von meiner Inhaftierung bekommen. Um ehrlich zu sein, ich gebe einenScheißdreck darum, weder um die Nacht im Gefängnis noch um die Medien. Richtig angepackt würdemir die Tatsache meiner Inhaftierung Sympathienverschaffen. Obgleich es da einen Haken gibt – werwird es anpacken? Ich nicht. Ich muß Danno finden, ich muß mit Natalya reden, ich muß mich mit Sergeant Milhaus befassen, ich muß eine Patentanmeldüng und meinen Artikel für Natur schreiben, und ichmuß schlafen. Ich bin unglaublich müde. Es ist erstvier Uhr, und ich muß schlafen, und eine Nacht im Gefängnis ist die Fahrkarte dafür. Der Inspektor wirdunser kleines Geheimnis wahren. Ebensowenig wieich legt er Wert darauf, daß die Medien über diesenOrt hier herfallen.
    Er fragt mich, ob ich meinen Anwalt sprechen wollle. Ich entgegne, ich hätte keinen verdammten Anwalt, und wenn ich einen hätte, würde ich ihn, verdammtnoch mal, nicht sprechen wollen. Er sagt, ihm wäre eswirklich lieb, wenn ich einen Anwalt nähme, nicht ummeinet-, sondern um seinetwillen, damit sichergestellt sei, daß er in voller Übereinstimmung mit dem Gesetzgehandelt habe, und ich erwidere, er solle sich auf dieSocken machen, verdammt noch mal! Soviel geflucht habe ich noch nie zuvor im Leben. Es macht nocheinen Mann aus mir.
    Ich lege auf. Der Inspektor geht, und ein Untergebener bringt mir etwas zu essen, das ich nicht brauche.
    Ich bin unglaublich müde, doch mir schwirrt der Kopf, und ich bin vergangene Nacht nach meiner Fahrt mit Anna nach Nomansland müde gewesen, und ich habe daraufhin nicht geschlafen, und in einer Zelle in der Nähe ist eine Frau, die singt und kreischt irgendwie, nein, kreischt und singt irgendwie, und, egal, was es ist, das hilft mir, gelinde gesagt, nicht gerade beim Einschlafen, und jetzt fällt das Tageslicht durchs Fenster, und meine Blase teilt mir mit, es sei Morgen und ich hätte geschlafen.
    Um neun Uhr trifft Mark ein. Er sieht schrecklich aus. Er umarmt mich, küßt mich und sagt mir, daß die Sache mit der Kaution etwa eine Stunde dauern würde. Sie benötigt weniger als eine Stunde. Er geht weg, kommt wieder, umarmt mich erneut, ich sammele den Inhalt meiner Taschen bei der Polizistin am Schalter ein, unterschreibe, und wir gehen auf die Straße hinaus. Dort wartet ein Taxi auf uns.
    Wir sitzen drinnen auf dem Rücksitz, und er drückt mich immer wieder

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