MERS
es ihm ging. Ihm ging es gut. Hätte Schwester Eimer nicht erwähnt, wenn eine Frau und eine Tochter dagewesen wären?
»Wie heißt deine Tochter?«
»Chantal. Nicht Breitholmer – Chantal Hakkensen. Ihre Mutter hat wieder geheiratet, und Chantal hat den Namen ihres Stiefvaters angenommen.«
Klang gut. »Wie alt ist sie?«
»Hakkensen war Zivilist, Vertragshändler in meinem ersten Camp. Frisches Gemüse, so was in der Art. Ich habe sie auf einem Laster erwischt. Ich habe ihn nicht umgebracht, aber ich hätte es fast getan. Sie hat mich verlassen und…«
Daniel hieß ihn schweigen. Es gab Dinge, die er nicht zu wissen brauchte. »Wie alt ist diese Chantal?«
»Sie hat mich verlassen… und sie und Hakkensen haben geheiratet… haben an dem Tag geheiratet, da er aus dem Krankenhaus entlassen worden ist.« Bert keuchte. Er redete zuviel. Der Arzt sagte, seine Lungen seien kräftig.
»Du erschöpfst dich noch. Wie alt ist Chantal jetzt?«
»Acht? Neun?« Bert ruckte mit dem Kopf. »Wenn’s um das verfluchte Alter von Kindern geht, bin ich nicht gut. Acht oder neun.«
»Ich werd dir deine Suppe holen.«
Wieder in der Küche, schüttete Daniel die Suppe in Berts Schnabeltasse. Die Tochter wäre in seinem Alter. Mindestens sechsunddreißig. Er kostete die Suppe mit der Zunge. Bert erinnerte sich des Mädchens, wie sie bei ihrer letzten Begegnung gewesen war. Wie alt war Bert? Zweiundsechzig? Grob geschätzt zweiundsechzig… Wußte NatSich etwas von der Tochter? Vielleicht sollte sich jemand mit ihr in Verbindung setzen. Er brachte die Suppe zu Bert hinüber.
»Sie haben mir Süßigkeiten mitgebracht«, sagte Bert. Er tastete auf seiner Bettdecke herum. »Ich muß sie aufgegessen haben.«
»Hier ist deine Suppe.«
Daniel holte eine Serviette vom Tisch der Krankenschwester, hockte sich neben das Bett, hielt Bert die Tasse an den Mund und steckte ihm den Schnabel zwischen die Lippen. Er hob die Tasse an, und Suppe tröpfelte Bert am Kinn herab. Er wischte sie mit der Serviette ab. Bert hustete, warf den Kopf von Seite zu Seite und drückte die Schnabeltasse weg. Bert hustete noch etwas, wobei ihm die Zunge blau und angespannt heraushing. Daniel schob ihn nach vorn und klopfte ihm auf den schmalen Rücken.
Die Zunge zog sich zurück. »Dreckiges Mistzeugs!«
»Nein, ist es nicht. Ich hab’s probiert. Es ist gut.«
»Eines weiß ich, Colonel. Auf sie hätte ich mich stürzen sollen. Nicht auf Hakkensen, auf sie. Kurz und knapp, wie du.«
Er bewegte erneut die Hand und stach mit steifen, knochigen Fingern in die Luft.
»Trink deine Suppe!«
»Arschloch. Ich hab dir ’n Alibi verschafft dieses eine Mal, als sie wegen dir gekommen sind.«
»Ich hab gesagt, trink deine verfluchte Suppe!«
Der Plastikschnabel klapperte an seinen Zähnen. Er trank seine Suppe. Soviel, wie er sonst in einer Woche getrunken hatte. Daniel legte ihn zurück auf sein Bett und nahm die Schnabeltasse mit hinaus in die Küche. Er öffnete seine Forelle und beschloß, sie für gar zu erklären. Er legte sie zusammen mit den Brotscheiben, die er abgeschnitten hatte, auf einen Teller und bestrich sie großzügig mit Butter. Dann stellte er den Teller, die Salatschüssel, das Besteck und eine Dose kalten Biers auf das Tablett und trug es in Berts Zimmer. Bert schlief wieder, den Kopf zurückgelehnt, den Mund geöffnet. Er schnarchte. Daniel setzte sich ans Fenster und stellte sich das Tablett auf die Knie. Bert schlief zuviel. Daniel räusperte sich, aber das Schnarchen ging weiter.
Daniel löste das Rückgrat der Forelle heraus, schälte sie ab und legte sie neben seinen Teller. Er spießte ein Stück Fisch mit der Gabel auf und aß einen großen Bissen vom Butterbrot. Er kaute.
»Ich habe nachgedacht«, sagte er, »über deine Tochter. Über Chantal. Vielleicht sollte es ihr jemand sagen.«
Das Schnarchen ging weiter. Im Zimmer lag ein Geruch, der ihm sagte, daß Berts Windeln gewechselt werden mußten. Er warf einen Blick auf die Uhr – die Krankenschwester war vor weniger als einer Stunde gegangen, und sie hatte ihn sauber zurückgelassen. Armer, alter Bert.
Sein Schnarchen war anders geworden. Er wimmerte jetzt, erwachte und rollte die blinden Augen und schlug mit dem ganzen Körper aufs Bett ein. Daniel fuhr hoch, wobei er die Sachen auf seinem Eßtablett übers Zimmer verschüttete. Er versuchte, Bert nach vorn zu ziehen, aber Berts Körper war starr und zuckte, und seine Füße tanzten unter dem Steppbett aus dem
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