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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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unter ihrer grünen Decke, und wir hatten sie aufgeweckt. Heftig protestierend schlug sie mit ihrer Sitzstange gegen die Käfigstangen. Julius entfernte die Decke, und sie hörte auf damit. Sie war nicht sichtbar älter geworden und ebenso abstoßend wie früher. Sie fixierte mich mit einem orangefarbenen Auge und knirschte mit dem Schnabel.
    »Sie mag dich«, meinte Julius. »Sie hat noch immer kein Ei gelegt.«
    Ich berichtete ihm von Annie, von Oswald Marton, von Sergeant Milhaus und von der kosmischen Ordnung. Er wünschte mir Glück und erzählte mir von einem Mädchen unten auf der Parade, das er unterrichtete. Sie hatte Talent, jedoch, wie ich auch, lediglich Fingerfertigkeit. Er schlug vor, ich solle für ihn spielen, und danach weigerte ich mich, also spielte er statt dessen. Er verspielte sich, doch es war nicht bloß Fingerfertigkeit.
    Wir aßen ein Abendbrot aus einem Geschäft, Fertiggerichte, die Anka verabscheut hätte. Ich ging nach oben, mich ausruhen, wählte eines von mehreren feuchten Schlafzimmern und schlief auf der Stelle ein. Um ein Uhr fünfundzwanzig erwachte ich auf eine kosmisch geordnete Weise, wusch mich, pißte und ging nach unten. Ich hatte die Möglichkeit einer Schwangerschaft nicht ernst genommen, sonst hätte ich einen Urintest dabei gehabt. Warum hatte ich sie nicht ernst genommen? Ich hätte sie ernst nehmen sollen. Nicht, daß in der kosmischen Ordnung Wissen oder Unwissen einen Unterschied bedeutet hätte.
    Julius war im Wohnzimmer und hörte wieder Palestrina. Ich schaute hinein, und er lächelte und winkte. Er war ein alter Mann und allein, wirkte jedoch nicht einsam.
    Das Eckert knirschte frostig unter einem klaren, mondlosen Himmel. Das ›Schuhu‹ einer kleinen Eule. Wellen auf den Felsen unterhalb des Schulhofs, doch bestanden sie nur in meiner Einbildung. Das Mädchen und sein Bruder, die im Wind sangen.
    In der Stille verursachte der Wagen einen Lärm wie Kanonendonner, Schreie, Maschinengewehre. Langsam fuhr ich den Hügel hinab, rollte im Leerlauf über das Grundstück, die Hafenstraße hinab, verließ sie am Town Quay und fuhr am Cafe ›Zum Neuen Jahrhundert‹ und dem Bahnhof vorüber. Die Stadt war wie ein Geschäft voller Puppen, die in ihren Schachteln lauschten. Wenn ich zuviel Lärm machte, würden sie sich auf mich stürzen.
    Marks K.O.-Aerosol lag auf dem Beifahrersitz neben mir, aber ich hatte die Schutzkapseln nicht eingenommen.
    Brandt International war hell erleuchtet: eine vier Meter hohe Mauer, glatt wie Glas, Bogenlampen, Kameras, ein einziger Zugang, ein Wachraum mit zwei stämmigen NatSich-Frauen. Hinter mir, zur Straße hin, eine niedrige Brüstung, und in der Dunkelheit dahinter der Fluß, schwach von Sternen erhellt. Brandt hatte seit Papas Zeiten Fortschritte gemacht. Das Zentrum war in den Berg hinein gebaut worden, tief im Fels verankert. Ein zwei Stockwerke hoher Turm, vollgepfropft mit Hochsicherheits-PTG-Labors, ein hohes Gewächshaus, um darin geklontes Gemüse zu ziehen, ein Computer-Zentrum, unterirdische Delphin-Verschläge, und an einer Seite zog sich ein geschwungener Büroflügel entlang. Die Delphin-Verschläge hatten Brandts Primaten-Anlage ersetzt. Wie diese befanden sich jene unter der Erde. Wissenschaft war hier nicht vonnöten – sowohl Primaten als auch Meeressäuger gedeihen unter natürlichem Tageslicht. Aber die Primaten waren begraben worden, und jetzt wurden die Delphine begraben.
    Ich parkte unseren Saab-Honda innerhalb des gelben Bereichs des Personalparkplatzes. Ich nahm meinen Aktenkoffer – darin waren Notizzettel, Tabellen, Farbstifte, ein überzeugendes Durcheinander von Siebensachen, die man zum Forschen benötigte. Ich zögerte, ließ dann das Aerosol auf dem Sitz liegen. Der Ort wirkte verlassen – ich fand die Vorstellung unmöglich, daß ich die Empfangsdame mit Nervengas behandelte. Ich stieg aus dem Wagen und ging zum Wachraum von NatSich hinüber. Der Frost biß, und ich zitterte. Ich verschloß den Wagen nicht: NatSich-Richtlinien verboten das.
    Die Wächterinnen verstanden ihren Job. Eine blieb drinnen, hinter Panzerglas, den Blick auf ihre Überwachungsmonitore gerichtet. Die andere isolierte mich in ihrer ›Luftschleuse‹ und überprüfte mich auf Metall, Sprengstoffe, Waffen aus Kunststoffgemisch. Der Name auf ihrem NatSich-Schildchen lautete Renée. Sie ließ mich durch, und ich reichte ihr meine Aktentasche und meine Kennkarte von Brandt. Sie war nicht wie ich, sie hatte eine Infrarotlampe, die

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