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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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riesigen alten Samtsofas, neben sich ein Teetablett. Palestrina tönte vom Plattenspieler, die Kinderstimmen, die er so liebte. Er stemmte sich aus dem Sofa hoch und lächelte warm.
    »Meine Liebe, wie schön, dich zu sehen. Ich hole noch eine Tasse.«
    Wir umarmten uns.
    »Pscht!« sagte ich. »Ich verderbe die Musik.«
    »Tust du nicht.« Er legte einen Finger an die Lippen, schob mich zu einem Sessel und ging die vertraute Wendeltreppe zur Küche hinab. Ich setzte mich hin, kämpfte kurz mit den Kissen und hörte Palestrina.
    Ich habe gesagt, für mich war der Raum traurig. Das ist Nostalgie. Anders als das Haus der Stollmans hatte sich das Wohnzimmer der Stollmans nicht verändert. Dort hatte es schon immer Spinnweben gegeben. Zwanzig Jahre lang zwei alte Menschen, dann einer, die Abnutzung war minimal, eine Veränderung um ihrer selbst willen unnötig. Da lag die Traurigkeit, meine Traurigkeit. Hier hatte ich Prokofieff heruntergehämmert, und jetzt war ich eine erwachsene Frau. Es war keine Verbesserung.
    Die Musik hörte auf. Das war ebenfalls traurig gewesen – dieses seltsame Zelebrieren der Traurigkeit, das großer Kunst gelingt, aber ich hatte lediglich die Traurigkeit gehört. Ich war in meiner Stimmung befangen, und mir hatte das Zelebrieren gefehlt.
    Julius tauchte wieder auf; ganz rosig im Gesicht, weil er so strahlte. Er trug einen Teller, eine Tasse und ein Kännchen, dazu die vertraute Keksdose. Er stellte diese Sachen auf das Tablett.
    »Du siehst blaß aus, Harriet. Hast du dieses verdammte Heilmittel noch immer nicht gefunden?«
    Ich hob die Schultern. »Ich glaube schon. Ich weiß es.« Meine Stimmung hob sich nicht.
    »O Mann, was für eine Verantwortung!« Er ließ sich aufs Sofa nieder und klopfte sich ein Nest zusammen. »Verdammte Sache… Nicht deine Verantwortung, die Verantwortung der Mütter. Die ersten kleinen Jungen seit vierzig Jahren. O Mann!«
    Ich hatte andere Sorgen. »Ich stecke ein wenig in Schwierigkeiten, Julius. Ich würde gern bis Mitternacht bleiben.«
    »Bleiben? So lange du magst… Das Schwierige daran ist, daß sie in den ersten zwanzig Jahren ohne jede Väter heranwachsen.«
    »Ich weiß.« Es war nicht mein Problem. »Eigentlich sogar etwa dreißig Jahre. Du brauchst nicht aufzustehen. Ich finde selbst hinaus.«
    »Die Männer, welche die Zukunft gestalten. Meine Göttin… und besser als das letzte Mal, wenn es ihre Mütter richtig hinkriegen.«
    Nicht mein Problem. »Du hörst nicht zu, Julius. Das hast du nie getan.«
    Nicht mein Problem? Jesses. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Drei deutliche Schläge lang, ich schwöre es. Jesses, meine Blutung war ausgeblieben. Laut Kalender hätte sie fällig sein sollen, und ich hatte keine gehabt. Ich war schwanger. Ich preßte die Beine zusammen, bis mir die Knie schmerzten. Eine Woche Verspätung war gar nichts, eine Woche wie diese konnte es verursacht haben, konnte den Fluß aufgehalten haben, das hätte ich jeder Frau gesagt, die zu mir gekommen wäre, aber ich wußte, ich war schwanger. Frauen wissen das. Eigentlich wissen sie’s nicht, aber ich wußte es. Und ich wußte, es war ein Junge. Der erste. Es sei denn, diese Beduinen-Babies waren echt. Es sei denn, ich brach ab.
    Julius schenkte gerade Tee ein. »Ich höre stets zu. Es sieht nicht immer so aus, aber…« Er reichte mir eine Tasse. »Du nimmst nie Zucker.« Bei ihm und Anka hatte ich nie Zucker nehmen dürfen. »Du willst bleiben, Harriet, und um halb zwei heute nacht gehen. Kekse?« Er bot die Büchse an. »Ich frage nicht nach dem Grund. Das ist dein Problem.«
    Ich lachte. Wie recht er hatte! Ich nahm einen Keks. Gekauft. Anka hatte sie immer selbst gebacken. Wie ich dort so saß, vermißte ich Anka. Wie mußte er sich wohl fühlen?
    »Halb zwei, weil ich jeden Vorteil brauche, und ich möchte um zwei bei Brandt sein, wenn sie wenig Widerstand leisten. Krankenhausärzte nennen sie die Sterbestunde, aber ich schwöre, das kommt ihnen bloß so vor, weil sie dann ihren Hintern hochbekommen müssen. Der Nachtdienst sollte ausnahmslos in der Personalkantine und mit Pokerspielen stattfinden.«
    »Du redest dummes Zeug, Harriet.« Er lehnte sich zurück, rührte in seinem Tee und beobachtete mich. »Du redest dummes Zeug.«
    Er hatte recht, also berichtete ich ihm statt dessen von Annie, und zwar so viel wie nötig, daß er Verständnis aufbrachte. Ich wurde von einem rostigen Geklapper unterbrochen. Wir hatten Polly vergessen. Sie steckte in ihrem Käfig

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