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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Gestalt annahm und Daniels Leben auch? Ein gewöhnlicher Schultag in einem September vor dreißig Jahren, als sie sechs Jahre alt war und er zehn? Wie bislang beschrieben, schien es kaum ein Tag für Dramen zu sein: keine Katastrophen in Sicht, und auch keine Triumphe. Lediglich ein gewöhnlicher Schultag im September, mehr oder weniger das, was für das Jahr 10 des Bevölkerungsrückgangs zu erwarten war. Kurz gesagt, gewiß doch kein großartiger Lebens-Gestalter?
    Für diejenigen von uns, die mit dem Hintergrundwissen gesegnet sind, vielleicht nicht. Aber Harriet, zum Beispiel, war noch nicht so weit vorangekommen. Es war alles neu für sie. Unschuldig war sie wie ein Lamm.
    Arbeitet hart, hatte Johan Ryder am Morgen seinen Kindern gesagt. Lernt viel. Und am Abend die halbspaßige Frage: Und was habt ihr heute gelernt? Woraufhin sich beide Kinder, obgleich so unterschiedlich veranlagt, gleichermaßen winden und brummen würden: Nichts. Und so meinten sie es auch.
    Und mit diesen Worten würden sie sowohl sich als auch ihren Lehrern unrecht tun.
    Rein lehrplanmäßig ausgedrückt war an jenem Tag im September vor dreißig Jahren Harriet Ryders Erziehung um zwei Seiten von Jinks und Jenni im Zug sowie um ein Video vorangeschritten, das ihr sagte, daß Jungen und Mädchen im Steinzeitalter Holz für ein Feuer sammelten, worauf ihre Mütter Fleisch und eine Art Haferbrei kochten. Außerplanmäßig ausgedrückt: als die Klasse einen Tag im Steinzeitalter spielte und Miss Astrid diejenigen Mädchen auswählen mußte, welche die Jungen und Männer spielten, war Harriets Erziehung vorangeschritten, weil sie – obgleich sie zum dritten Mal in jenem Schuljahr alle Fragen im Verständnis-Quiz richtig beantwortet hatte – zum dritten Mal in jenem Schuljahr nicht ausgewählt wurde.
    Daniel Ryders Fortschritt an jenem Tag war weniger faßbar. Lehrplanmäßig multiplizierte er Brüche auf seinem Taschenrechner und bekam drei von zehn richtig heraus, was seine Meinung bestätigte, Brüche seien dämlich, und Mr. Barendt teilte ihm einige Fakten über die Jungfrau von Orleans mit, die er niemals vergaß. Und in einem weiteren Sinn schritt seine Erziehung voran, als Petr und er Mädchen aus ihrer Klasse rund um den Schulhof jagten und dabei vorgaben, ihnen unter die Röcke zu schauen, was einen Krach verursachte, obgleich sie die langweiligen Schlüpfer der Mädchen schon zahllose Male zuvor beim Sportunterricht gesehen hatten.
    Bei Schulschluß an jenem Tag befanden sich Harriet und Karla unter den ersten auf dem Weg zum Tor. Sie hielten Händchen und trabten eifrig dahin. Keine von beiden trug eine Schleife. Karla war an jenem Morgen ohne Schleife gekommen, hatte das Interesse daran verloren, also hatte Harriet rasch ihre Schleife abgestreift und sie hinter einem Heizkörper versteckt. Karlas Mutter, Mrs. Beck, wartete mit der Schwester Buzz in der Sportkarre am Tor zum Spielplatz. Während sie sich umarmten und Mrs. Beck Karlas Socken hochzog, blickte sich Harriet wild nach ihrer eigenen Mutter um, geriet in Panik, als sie nicht zu sehen war, und erinnerte sich dann daran, daß Danno sie nach Hause bringen würde.
    Mrs. Beck riß sich mit Karla und Buzz los – sie lebten am anderen Ende der Stadt in der Nähe der neuen Bahnstation, und sie war stets in Eile. Harriet lungerte herum, während die Zahl der Mütter und Kinder schrumpfte. Danno war stets einer der letzten, der herauskam. Es waren keine Irren da, und sie war unbesorgt. Manchmal fuhr eine Bö von der See herein, drohte mit dem Winter, aber die Sonne war noch immer strahlend und der Tag warm. Sie hängte sich an den Zaun draußen vor der Schule und spähte zum Fenster von Dannos Klassenzimmer hinauf. Wenn sie ein Auge schloß und am Zaunpfahl entlangsah, füllte er exakt das linke Fenster aus. Vielleicht wurde Danno drinnen behalten, weil er wieder frech zu Mr. Barendt gewesen war.
    Nach einer Weile löste sie sich vom Zaun und wanderte ziellos davon. Sie wollte nicht, daß einer der Lehrer herauskäme und sie fragte, was sie da tat. Auf dem Gelände oberhalb der Schule, ehe die Reihe moderner Häuser begann, war der Abenteuer-Spielplatz der Kinder, mit Brücken, Schlössern, einem Laufkabel, Rutschen, Karussells und Schaukeln. Das Gras jenseits des Spielplatzes fiel jäh zur Felskante und zum Meer darunter ab. Ein starker Zaun stand dazwischen, und wenn man sich auf der größten Schaukel hochschwang, gab es einen Augenblick, da sah man lediglich noch den Himmel und

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