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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Hand. »Dieser Vorschlag von mir war häßlich. Sag ihr einfach, du hast familiäre Gründe.« Erneut flüsterte sie. »Dann wird sie glauben, es hat etwas damit zu tun, deine Ehe zu retten…«
    Sie richtete sich auf, funkelte mich an und sagte laut: »Es hat nichts damit zu tun, deine Ehe zu retten, nicht wahr?«
    Ich lachte. »Nein, Mama. Das verspreche ich. Mark und mir geht es gut…«
    »Dann ist es in Ordnung.« Sie entspannte sich und klopfte sich mit einer für eine geschorenen Nonne seltsam matronenhaften Geste auf die Brust unter ihrem braunen Hemd. Daraufhin stützte sie die Ellbogen auf den Tisch und sah mich erwartungsvoll an.
    »Wie geht’s dir also, Mama?« fragte ich. »Was macht Tochter Pasquale?«
    Tochter Pasquale, die in der Küche arbeitet, war das Kreuz, das Mama trug. Sie war eine fette, fröhliche Person, die keine Ahnung hatte, wie man etwas richtig machte. Sie räumte die Geschirrspülmaschine falsch ein, und Mama mußte hinter ihr herräumen.
    »Pasquale geht’s nicht gut, Harri. Sie verliert an Gewicht. Ich mache mir Sorgen um sie…«
    Ich hörte mir ihre Symptome an, die vorgeschriebene Behandlung und die Gebete, die für sie gesprochen wurden. So, wie die beiden ersten Sachen sich anhörten, waren die Gebete für sie die beste Hoffnung. Arme Tochter Pasquale, und arme Mama…
    Unsere fünfzehn Minuten neigten sich dem Ende zu. Eine taktvolle Warnglocke erinnerte uns daran, und Mama stand auf. Wir umarmten uns erneut, und sie schritt rasch zur Tür. Dort hielt sie inne.
    »Hast du etwas Neues von deinem Bruder erfahren, Harri?«
    Ich dachte daran, wie oft ich als Ärztin erlebt hatte, daß die wichtigste Frage sich als nachträglicher Einfall getarnt hatte.
    »Nicht viel, Mama. Du weißt, wie er ist. Ich habe ihn letzte Woche angerufen. Ihm geht es anscheinend gut.«
    »Nein, Harri.« Sie wandte sich mir zu. »Ihm ging es anscheinend nicht gut. Ihm geht es anscheinend nie gut. Du kommst hierher, und du hältst mich für dumm, und sagst mir, alles ist in Ordnung. Jedem geht es gut. Aber ich bin nicht dumm, und es geht nicht jedem gut.«
    Sie erschreckte mich. Sie stand mit dem Rücken zur Tür, die Hand auf dem Knauf. Nur so, dachte ich, fühlte sie sich sicher genug, um diese Dinge zu sagen.
    »Daniel geht’s nicht gut. Du denkst, ich erinnere mich nicht, aber ich tu’s. Jeden Tag erinnere ich mich daran, wie ich auf dem Knie deines Vaters gesessen habe, Harri, und du hast auf dem anderen Knie gesessen, und dein Vater hat Daniel in sein Zimmer hinaufgeschickt, und ich habe seinen Schmerz gesehen, und ich bin glücklich gewesen. Das war in unserer Küche. Das ist jetzt lange her, aber ich bin glücklich gewesen. Er hatte dir wehgetan, mit dem einen oder anderen, und es machte mich glücklich zu sehen, daß ihm dafür seinerseits wehgetan worden war.« Sie lenkte den Blick ab und starrte an mir vorbei aus dem Fenster und das Meer dahinter. »Daniel geht’s nicht gut. Niemals. Niemals.«
    »Das ist Unsinn, Mama.« Ich war wütend. Ich sah, wohin sie das führte; es führte sie in Richtung auf ein allzu großes Schuldgefühl. »Es kann jedem gut gehen. Hör zu, Mama – es liegt an ihnen. Es liegt wirklich an ihnen.« Ich glaubte das. Ich glaube es noch immer.
    Mamas Blick konzentrierte sich wieder. »Du bist hart, Harri. Du bist meine Tochter, und ich liebe dich sehr, aber ich muß das sagen. Du bist hart.« Sie tastete hinter sich umher und öffnete die Tür. »Ich hoffe, die Äbtissin stimmt zu, die kleine Anna hier aufzunehmen. Es wird mir gefallen, sie zu sehen. Und Harriet – wenn du das nächste Mal mit Daniel sprichst, sag ihm, ich hätte nach ihm gefragt… auf Wiedersehen, jetzt. Gott segne dich.«
    Die Tür schloß sich hinter ihr. Erstaunt warf ich mich in den Sessel. Wie, zum Teufel, war das denn gekommen? Mama war völlig meschugge geworden. Natürlich war ich hart. Das Leben war hart. Verdammt hart.
    Ich war nicht erstaunt. Erstaunt war das Wort, das ich wähle, aber in Wirklichkeit war ich zerstört. Der Wiederaufbau benötigte seine Zeit.
    Bald danach läutete die Glocke des Refektoriums zum Essen. Ich blieb, wo ich war. Die Novizin kam, um nach mir zu sehen. Normalerweise hätte ich mich auf das Gespräch mit den Lehrerinnen gefreut, aber ich sagte ihr, ich sei nicht hungrig. Mama war völlig meschugge geworden, und ich konnte sowieso nicht mit Mantel und Handschuhen am Eßtisch des Personals Platz nehmen. Es war unwahrscheinlich, daß die SPU hier unten meine Wanzen

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