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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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›in‹. Das war wohl auf die Eltern gezielt. Technischen Schnickschnack hatten sie sich seit langem abgewöhnt, und dies war im wesentlichen eine Schule.
    Ein Schild auf der linken Brust der Nonne identifizierte diese als Tochter Annika. Sie nahm mich sanft beim Arm und führte mich zur Rezeption, wo sie mich nach Namen und Absicht fragte. Sie ging auf den Zehen, schlängelte sich mit der Grazie eines Menschen mit schwarzem Judogürtel dahin. Unter der neuen Ordnung nahm man nur wenige Risiken in Kauf.

    Mama arbeitete in der Küche und in der Video-/Holo-Bibliothek. Meiner Erfahrung nach konnte sie leicht für ein fünfzehnminütiges Gespräch mit ihrer Tochter im Gesprächszimmer losgeeist werden. Wollte man mehr, mußte man zuvor schreiben oder anrufen. Ich buchte Mama für mein übliches kurzes Treffen und bat daraufhin Tochter Annika, mit dem Büro der Äbtissin des Klosters Kontakt aufzunehmen, da ich unbedingt mit Ihrer Ehrwürden zu sprechen hätte. Mama konnte mir einen Rat geben, wie ich Annas Fall dem Sanktuarium präsentieren sollte, aber nur die Äbtissin des Klosters konnte die Sache genehmigen.
    Annika runzelte entzückend die Stirn – ihre Haut war erlesen, von der Röte von Engelsgesichtern auf Seidenmalerei – und sagte mir, daß derart kurzfristige Anfragen ungewöhnlich seien, sie jedoch täte, was sie könnte. Sie tippte auf Knöpfe, sprach, hörte zu und berichtete, daß ich Glück hätte – die Äbtissin würde sich mit mir während der Ruheperiode nach dem Essen treffen. Man würde mich zur Mahlzeit mit dem Schulpersonal im Refektorium willkommen heißen und vorher – sie klingelte mit einer kleinen Messingglocke – würde mich eine Novizentochter zu einem der Gesprächsräume bringen, wo meine Mutter, Tochter Elizabeth, rasch zu mir käme.
    Ich dankte ihr. Ringsumher im Kloster murmelte es; Füße scharrten, Stimmen ertönten und gelegentliche Ausbrüche von Kindergelächter. In der Ferne spielte jemand Klavier, begleitete ein Cello. Die Nonne, die auf die Glocke hin kam, war eine hübsche junge Frau, deren sexuelle Ausstrahlung durch den geschorenen Kopf und das triste braune Hemd nicht im geringsten beeinträchtigt wurde. In einer Welt, in der sie wahrscheinlich zölibatär lebte, bot sie ihre Sexualität Gott der Mutter dar. Ich hoffte, sie würde es bis zur Einkleidung schaffen, aber die stürmischen langen Schritte und die feuchte Fülle ihrer Lippen verhieß Schwierigkeiten. Und die verlangenden Blicke, die sie den Kleidern unter meinem Mantel zuwarf, dem grauen Wildlederanzug und der einfachen, hochgeschlossenen Jerseyjacke, die ich bescheiden genug für die Äbtissin gehalten hatte. Ich mußte meinen Mantel sowie zumindest den rechten Handschuh anbehalten: sie tarnten die Abschirmung über meinen Wanzen.
    Die Novizin führte mich von der Rezeption über einen gepflasterten, viereckigen Hof zum Hauptverwaltungskomplex des Klosters und verließ mich in einem Gesprächszimmer, das ich vorher noch nicht gesehen hatte. Es stammte völlig aus dem vergangenen Jahrhundert. Chintz und dunkle Eichentische mit geschwungenen Beinen, ein guter Canaletto-Druck oberhalb des zeitgenössischen Kamins sowie eine gute Aussicht aufs Meer. Jedoch stand ein kürzlich installierter Kaffeeautomat dort, und die Novizin hatte gesagt, ich könne mich bedienen, also tat ich es. Ich stand beim Fenster, die Tasse in der Hand, und blickte aufs Meer hinaus. Auf die Freiheit. Ich dachte an den entschiedenen Klick des Verbundglastors hinter mir sowie an meinen Impuls, mich umzudrehen und mit den Fäusten gegen das Glas zu hämmern. Vermutlich gab es hier drin Leute, die das Klicken des Tors behaglich fanden.
    Ich hatte dem Impuls widerstanden. Ich war auf Stippvisite. Anna, mir sehr ähnlich und ebenfalls auf Stippvisite, würde dem Impuls auch widerstehen.
    Es klopfte an der Tür. Ich rief etwas, und Mama trat ein. Sie strahlte.
    »Harriet. Was für eine liebe Überraschung! Wie schön, dich zu sehen.«
    »Mama… du siehst großartig aus.« Es stimmte. Sie brauchte das Tor und sein Klicken. Sie ließ ihren Ärger draußen, den nagenden Ärger. Das Klicken sagte ihr, daß sie zu Hause war. Die lachende Mama war das Mädchen, in das sich mein Vater verliebt hatte. Sie war die glücklichste Frau, die ich kannte. Sie gehörte hierher, wo sie diente und niemals enttäuscht wurde. Gott die Mutter und Jesus hatten durch die weise Vermittlung der Äbtissin ihr wildes Pochen am Tor geprüft, hatten Grenzen für sie

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