Messertänzerin
hat mich ins Leben zurückgeschickt.«
Verua wandte den Blick ab, dann wandte sie sich Hilfe suchend an Keiroan. »Du musst es ihr verbieten.«
Er zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht«, sagte er tonlos. »Du weißt, dass jeder Tassari dabei sein darf, der solch ein Erlebnis hatte und sich freiwillig zu uns setzt.«
Er trat ganz nah an Divya heran. »Du kannst den Basaj noch ablehnen. Wenn du unseren Kreis schließt, kannst du es nicht mehr.«
Divya zögerte. Sie wusste nicht, wie diese Zeremonie ablief. Nur dass dieser Basaj die einzige Chance war, ihr Volk zu retten. Das Volk, bei dem sie leben wollte, weil sich Keiroans und Veruas Nähe viel mehr wie Zuhause anfühlten als alles, was sie kannte.
Gift
Verblüfft stellte Divya fest, dass die eigentliche Prozedur nicht in diesem Zelt stattfinden sollte. Nach einer kurzen Meditation standen alle auf und folgten Keiroan langsam zur Mauer. Bamas, der sie erwartete, hatte einen Tisch bereitgestellt und Seile über die Mauer gelegt, sodass alle problemlos hinüberklettern konnten. Divya folgte als Letzte. Nervös lauschte sie in die Nacht hinein. Warum verließen sie das Lager?
Keiroan, der auf der Mauer auf Divya gewartet hatte, bemerkte ihre Anspannung. Er deutete auf die Silberplatte, die Divya vorhin schon aufgefallen war. Und als der Mond zwischen den Wolken hervorkam, entdeckte sie noch viele weitere solcher Platten auf der Mauerkante. Sie alle waren mit verschnörkelten Symbolen graviert. Divya begriff: Das Silber hielt die Lichter fern, deshalb konnte die Zeremonie nicht innerhalb des Lagers stattfinden. Im Zelt hätte es keine Hoffnung auf ein zweites Leben gegeben.
Keiroan führte die Gruppe an, und mehr und mehr Lichter tauchten aus dem Nichts auf, sodass die Umgebung inzwischen gut zu erkennen war.
Sie liefen über einen staubigen Weg am Rand eines Feldes entlang und erreichten bald einen Geräteschuppen. Drinnen war alles vorbereitet: Auf dem Boden standen ein Tablett, eine Karaffe und fünf Becher aus kostbarer Keramik, verziert mit aufgemalten Vögeln in einem exotischen Garten. Offenbar etwas, das sie aus einem anderen Landmitgebracht hatten, denn hier hatte Divya solche Muster noch nie gesehen. Verua zog mit traurigem Blick aus ihrer Vesséla einen weiteren Becher hervor und stellte ihn dazu. Nun waren es sechs. Aber waren sie nicht sieben?
Während sich alle wieder im Kreis auf den Boden setzten, winkte Verua Divya zu sich heran. »Keiroan ist nur als Oberhaupt der Tassari dabei. Er wird die Zeremonie leiten, darf aber nicht selbst teilnehmen«, erklärte sie flüsternd. »Wir anderen trinken auf sein Zeichen Wasser aus verschiedenen Bechern. In einem von ihnen wird das Gift sein. Hoffentlich stark genug – und hoffentlich schwach genug.«
Sie schenkte Divya ein unsicheres Lächeln, bevor sie die Karaffe nahm und jeden Becher füllte. An ihrem Hals trug sie eine Kette mit einem flakonartigen Anhänger, den nahm sie nun ab und goss eine klare Flüssigkeit in einen der Becher. Divya versuchte eine Besonderheit an dem Gefäß festzustellen, aber sie sahen alle absolut gleich aus.
Keiroan nahm das Tablett, setzte sich in die Mitte und sprach ein paar Worte in einer fremdartig klingenden Sprache. Als sich alle die Hände reichten und die Augen schlossen, tat Divya es ihnen nach, und sie spürte eine kaum beschreibbare Verbindung mit den anderen. Sie hörte, dass Keiroan die Becher verschob, und als er wieder etwas sagte, wusste sie: Es war so weit.
Keiroan stand vor ihr und hielt ihr als Erster das Tablett auffordernd entgegen. Ihre Hand wanderte zu einem Becher in der Mitte. Aus dem Augenwinkel fing sie Keiroans funkelnden Blick auf, aber sie blieb bei ihrer Wahl. Angespannt verfolgte sie, wie jeder sich einen Becher nahm. Außer ihr und Verua waren noch zwei weitere Frauen und zwei Männer dabei. Auf Keiroans Befehl hin hoben alleihre Becher, deckten sie mit ihrer linken Hand zu und sangen in einer eindringlichen Melodie: »Mijor her Basaj. Mijor her Basaj.«
Dann führten sie alle gleichzeitig ihre Becher zum Mund, tranken und griffen wieder nach den Händen der anderen, sodass der Kreis sich schloss. Divya folgte ihrem Beispiel, während ihre Brust zu platzen drohte. Würde es funktionieren? Sie wollte nicht sterben! Dieser Gedanke war wie ein Echo der Gedanken jedes Einzelnen. In ihrer Angst vereint, schien es ihnen der längste Herzschlag von allen zu sein, als sie in den Kreis sahen und warteten. Und doch war es nur dieser eine
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