Messertänzerin
selbst zimmern. Das Baumaterial für die nicht gebauten Hütten ist noch da.«
Leasar schüttelte ernst den Kopf. »Vergiss es, Mädchen. Niemand riskiert seinen Kopf, damit ein fremdes Volk fliehen kann.«
Jidaho, der bisher nur nachdenklich gelauscht hatte, erhob eine Hand, und Divya bemerkte, dass Leasar und Roc ihm ohne Protest das Wort überließen.
»Ihr versucht, erst das Brot zu backen und dann den Teig zu kneten! Bevor wir über ein mögliches Bündnis reden, sollten wir noch einmal über die Worte der Lichter nachdenken. Mir scheint, dass Divya ihnen die richtigen Fragen gestellt hat. Nur leider sind wir alle taub und hören die Antwort nicht.«
»Was eine fremde Frau unter dem Einfluss von Gift gehörthaben will, ist doch – bitte entschuldige – absolut unwichtig«, erklärte Leasar ungeduldig.
»Ist es das?«, erwiderte der ältere Mann. »Seit Jahren suchen die Rebellen einen Weg, Warkan zu schwächen. Wir spionieren seine Berater aus, wir stehlen der Wache Waffen und treffen uns an geheimen Orten. Seit Jahren kratzen wir an dem Stein, der uns im Wege liegt, und wir freuen uns über jede Schicht Dreck unter unseren Nägeln. Aber glauben wir noch daran, den Stein ganz beiseiterollen zu können?«
Er stand auf, denn er hatte sich inzwischen in Rage geredet und brauchte ausreichend Platz für die Gesten seiner Hände. »Wenn du nun hörst, dass einer einen Weg gefunden hat, die Lichter zu führen, und dass er sie dazu bringen kann, Menschen zu lenken …, dann sollte dich diese Tatsache durchrütteln, aufrütteln, wachrütteln!«
Roc stand ebenfalls auf und sah Jidaho nachdenklich an. »Wir haben uns immer gefragt, warum das Volk sich von Warkan alles gefallen lässt, anstatt gegen ihn aufzubegehren. Abgesehen von wenigen, die seinen Lügen nicht glauben. Meinst du wirklich, dass die Lichter solche Macht haben?«
Jidahos Mundwinkel zuckten. »Du bist jung, du weißt nicht viel von der alten Regierung und davon, wie unsere Stadt einmal war. Damals waren die Lichter Teil unseres Lebens. Nicht versteckt, wie in den letzten Jahren unter den Tischen einiger älterer Bürger – nein, ganz offen! Und ich habe erlebt, wie Magier sie riefen, wenn sie an einer Erfindung arbeiteten.«
Er wandte sich an Divya. »Damals war ich Teil dieser Regierung, ich saß im Rat und durfte all diese prächtigenMenschen kennen, die beim Brand gestorben sind. Glaub mir, Magier waren nicht düster und machtgierig. Sie waren Erfinder, Philosophen und Alchemisten, Menschen der Wissenschaft. Sie selbst hatten keine Macht, aber sie riefen die Lichter , wenn eine besondere Aufgabe sie beschäftigte. Und sie hatten einen offenen Geist, der sie auf große Ideen stoßen ließ.«
Divya sah ihn erwartungsvoll an.
»Nein«, wehrte er lächelnd ab. »Ich bin ein einfacher Politiker, die Wissenschaft liegt mir nicht.« Plötzlich wirkte er traurig. »Ich war Politiker. Bis das schreckliche Feuer über uns kam und nur ein paar wenige Ratsmitglieder überlebten.«
»Warum seid Ihr heute nicht mehr in der Regierung?«, fragte Divya erstaunt.
»Weil ich als Einziger der Meinung war, dass die Magier keine Schuld trifft an dem Unglück und dass die Lichter gut für uns waren. Ich war mit einer jungen und sehr begabten Magierin befreundet, und selbst sie wusste nicht, was in jener Nacht schiefgelaufen ist! Ich habe sie damals versteckt und die neue Regierung zur Klärung aufgerufen. Kurz darauf wurde ich verhaftet, befragt – und wegen Verrats am Volk zum Tode verurteilt.«
Divya stieß die Luft aus den Lungen.
»Leasar hatte damals den Befehl über die Wache im Gefängnis«, fuhr Jidaho fort«. Er sollte mich zu meiner Hinrichtung bringen, stattdessen versteckte er mich. Und so leben wir seitdem. In Verstecken.«
»Wie viele Rebellen gibt es denn?«, fragte Divya.
»Viele«, ging Leasar dazwischen. »Aber nur ein paar von uns werden offiziell gesucht. Die anderen haben alle ihr Leben,ihren Beruf, ihre Familie. Wir kommen dann zusammen, wenn wir etwas planen. Das ist die beste Tarnung.«
Divya hatte offensichtlich etwas enttäuscht ausgesehen, deshalb setzte Jidaho ernst hinzu: »Wir sind keine Helden. Nur ein Fünkchen Hoffnung für diese Stadt.«
Er setzte sich wieder vor Divya und sah sie neugierig an. »Erzähl! Alles! Vielleicht hast du recht, dass die Zusammenarbeit mit den Tassari die helfende Hand sein könnte, die uns noch fehlt, um unseren großen Stein ins Rollen zu bekommen. Und das sollte ein paar von uns das Risiko
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