Messertänzerin
schließlich.
»Ich bin im Nahkampf ausgebildet«, gab Divya zögernd zu, »aber ich morde nicht für andere.«
Leasar stöhnte auf. »Tut mir leid. Maita hat mir etwas anderes erzählt. Sie stellte es so dar, als wäre es für dich einfach ein Auftrag, und als du ihn nicht ausführen wolltest, dachte ich, du wolltest einen höheren Preis erzielen. Als gäbe es eine zweite Chance!«
Divya stieß die Luft durch die Zähne. »Maitas Preis war gut, sie hat mir eine Zukunft angeboten. Und sie verdeutlichte mir, dass die Alternative Gefängnis bedeuten würde.
Leasar nickte, aber seine gerunzelte Stirn zeigte, dass er nicht wusste, wohin dieses Gespräch führen sollte.
»Hast du uns darum gerufen? Weil du deinen Ruf bei uns reinwaschen wolltest? Ich hoffe, dir ist klar, wie gefährlich deine auffällige Suche nach uns war. Die Aufmerksamkeit der Wachen ist so ziemlich das Letzte, was wir im Moment brauchen können.«
»Mir blieb keine Wahl …«, begann Divya, aber er war noch nicht fertig.
»Bisher gab man den Tassari die Schuld an dem Attentat. Uns hat niemand beachtet. Und jetzt sind wieder alle ganz verrückt und verdächtigen sich gegenseitig, zu den Rebellen zu gehören. Alle unsere Pläne müssen wir ruhen lassen. Du hast großartige Arbeit geleistet!«
»Es war dringend!«, sagte Divya mit Nachdruck.
»Dringend, weil du ohne Dach über dem Kopf auf der Straße stehst? Und weil du das für wichtiger hältst als unsere Sicherheit?«, fragte Leasar provozierend. »Ich war ja dagegen, auf deinen Aufruf zu reagieren, aber wenn du nun täglich auf Märkten nach uns schreist, zwingst du mich natürlich herzukommen.«
»Nun lass sie endlich reden«, mischte sich der ältere Mann mit sanfter Stimme ein und legte eine Hand auf Leasars Arm. »Sie hat um ein Gespräch gebeten. Bis jetzt höre ich hauptsächlich dich.«
Leasar warf ihm einen verärgerten Blick zu, nickte dann aber erstaunlich ruhig und sah Divya erwartungsvoll an.
»Danke, Herr!«, sagte sie in die Richtung des Fremden.
Er lächelte ihr freundlich zu, legte eine Hand auf die Brust und verneigte sich im Sitzen, so gut es ging.
»Mein Name ist Jidaho. Wir sind uns vor ein paar Tagen an der Tür zum Geheimgang begegnet.«
Divya erinnerte sich dunkel und verneigte sich ebenfalls.
»Ich danke Euch für Eure Geduld. Meine Bitte ist kompliziert. Es geht um mein Volk.«
Sie bemühte sich, möglichst sachlich und in knappen Worten die Situation der Tassari darzustellen, aber sie spürte, dass immer wieder die Verzweiflung in ihrer Stimme mitschwang, und als sie über den leeren Brunnen sprach, stießen alle drei ungläubige Laute aus. Divya hoffte, dass das ein gutes Zeichen war. Schließlich berichtete sie von der Befragung der Lichter und von den kryptischen Antworten. Sie endete mit dem Satz, der sie dazu gebracht hatte, die Rebellen zu suchen: Frei sein könnt ihr nur im Bunde.
Die Reaktion war zunächst verhalten. Alle drei schwiegen. Nach einer ganzen Weile atmete Leasar deutlich hörbar durch und sagte: »Das tut mir sehr leid. Warkan scheint dieses grausame Vorgehen von langer Hand geplant zu haben. Innerhalb der Stadt hätte man den Tassari unauffällig helfen können. Aber außerhalb der Mauern leben nur die Bauern, und die berichten uns von Diebstählen der Tassari. Sie fürchten ihre neuen Nachbarn, manche hassen sie sogar, was ich ihnen nicht übel nehmen kann.«
Als Leasar nichts mehr hinzufügte, nickte Roc Divya zu.
»Die Bauern kämpfen hart ums Überleben. Der Boden ist karg, und Warkan lässt sie ziemlich allein mit ihrer Aufgabe, die Stadt mit Nahrung zu versorgen. Wenn sie frei wählen könnten, würden inzwischen wahrscheinlich alleschon als Handwerker in der Stadt leben, anstatt sich täglich mit der Unmöglichkeit ihres Lebens herumzuschlagen. Sie …«
Leasar unterbrach Roc ungeduldig. »Ende der Diskussion. Wie könnte ich diese Menschen bitten, die Tassari täglich mit Wasser und Nahrung zu versorgen? Heimlich, unter Lebensgefahr und für den Rest aller Zeiten? Und würde Warkan dann nicht bald eine andere Lösung finden, die Tassari zu töten?«
Divya musste zugeben, dass er nicht unrecht hatte, aber sie wollte nicht so schnell aufgeben. Sie verlegte sich aufs Flehen.
»Es wäre nicht für den Rest aller Zeiten. Was wir brauchen, ist eine Notversorgung für eine Weile – und das Material, das den Tassari eine Flucht durch das Wilde Land ermöglicht. Vor allem Pferde und Proviant. Fuhrwerke könnten sie vermutlich
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