Messertänzerin
hoffteauf Stimmen oder Schritte, sie durchsuchte sogar das ganze Gebäude, das noch immer leer stand, und fand ein paar Vorräte. Nach einer unruhigen Nacht auf dem Dach des leeren Hauses wusste Divya, dass es nicht geklappt hatte. Niemand hatte den Rebellen die Mitteilung überbracht. Gab es vielleicht doch viel weniger von ihnen, als sie gedacht hatte? Ihr Mut sank und sie fühlte sich unendlich allein. Schon am Ende des nächsten Tages würden die Tassari ohne Wasser dastehen. Und sie hatte geglaubt, dass jemand ihr helfen könnte!
Am nächsten Morgen kehrte Divya fest entschlossen auf den Markt zurück. Auf dem großen Platz waren die Wachen verstärkt worden, insbesondere in der Nähe der Schleifer und Schmiede, wie Divya feststellte. Offensichtlich rechnete man mit ihrem Auftauchen.
Sie beobachtete, wie die Patrouillen verstärkt wurden. Ein Wächter zeigte mit weit ausgestrecktem Arm auf verschiedene Punkte des Platzes. Wenn überall dort jemand postiert war, würde es Divya fast unmöglich sein, noch einmal aufzutreten. Aber sie musste heute die Rebellen erreichen … Plötzlich wandte der befehlshabende Wächter sich in ihre Richtung und ließ seinen Blick über die Dächer schweifen. Ruckartig warf Divya sich zu Boden, in der Hoffnung, dass sie rechtzeitig hinter der schmalen Umrandung des Daches verschwunden war. Für einen Moment hatte sie geglaubt, der Mann wäre Tajan gewesen.
Verwirrt und aufgewühlt suchte sie sich zwei kleinere Märkte abseits vom Zentrum und tanzte dort. Nervöser, schneller und kürzer als am vorigen Tag, immer in Sprungbereitschaft. Ihr Lächeln kam ihr selbst aufgesetzt vor. Dem Publikum hingegen fiel nichts auf, die Leute schienen siesogar zu suchen, es hatte den Anschein, dass sich ihre Auftritte von gestern bereits herumgesprochen hatten.
Als sie gerade ein Messer in den unfertigen Holzklotz eines Schnitzers geschleudert hatte, hörte sie die Stimme eines Jungen, der seinen Vater zu dem Marktkarren zerrte: »Sieh doch! Da ist die Messertänzerin!«
Trotz ihrer Angst und Sorge musste sie lächeln. Das gefiel ihr. Selbst als sie Stunden später zum Abschluss ihrer Vorführung einen hölzernen Kochlöffel in einen Kessel warf, raunten mehrere Stimmen ihren seltsamen neuen Namen.
In dieser Nacht hörte sie die Schritte auf der Treppe zum Dach des leer stehenden Hauses bereits kurz nach ihrer Ankunft. Hoffentlich war es nicht die Stadtwache, die sie erwartete! Vorsichtshalber ließ sie sich direkt über einem Balkon vom Dach so weit hinunter, dass sie nur noch mit den Händen am Rand des Daches hing, jederzeit bereit, sich auf den Balkon fallen zu lassen. Aber als sie über die Kante spähte, erkannte sie den Mann gleich wieder, der soeben das Dach betrat: Roc. Ihm folgte ein älterer Mann, den sie nicht kannte. Und dann Leasar. Sonst niemand. Seltsam. Sie kamen zu dritt? Divya zögerte, sich ihnen gleich zu zeigen.
»Ist die Wahnsinnige noch nicht da?«, fragte Leasar. Roc starrte angespannt über die Nachbardächer und schüttelte den Kopf.
»So laut, wie sie aufgetreten ist, würde es mich nicht wundern, wenn sie einen Tross von Wachen hinter sich herzieht, ohne es zu merken«, schimpfte Leasar wütend.
Divya zog sich über die Dachkante und stand lautlos auf.
»Die Dringlichkeit meiner Suche ließ mich laut auftreten.Aber immer noch leise genug, um von euch nicht bemerkt zu werden«, sagte sie mit verhaltener Wut.
Leasar schnellte herum, die Hand am Gürtel, in dem einige Messer steckten. Der ältere Mann hielt den Arm des jüngeren fest und sah ihn mahnend an.
»Keine guten Voraussetzungen für ein Gespräch«, sagte Divya und deutete auf die Waffen.
»Für ein Gespräch mit einer Attentäterin? Ich finde schon«, konterte Leasar.
»Ich bin keine«, fauchte Divya. »Ihr erinnert Euch? Ihr habt versucht, mich zu einer zu machen, aber bisher habe ich noch nicht gemordet, und ich hoffe auch, dass es nie so weit kommt.«
Leasar runzelte die Stirn, zog langsam und bedächtig ein Messer aus dem Gürtel und legte es auf den Boden.
»Willst du mir sagen, du bist unbewaffnet?«
Als Antwort griff Divya in ihren Rücken und zog ebenfalls ein Messer heraus, das sie auf den Boden legte. Abwechselnd machten sie weiter, bis keiner mehr eine Waffe übrig hatte. Dann setzten sie sich einander gegenüber und sahen sich ernst an. Roc und der ältere Mann nahmen links und rechts neben Leasar Platz, blieben aber schweigsam.
»Du bist also keine Kämpferin?«, fragte Leasar
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