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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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Einzige.«
    Divya wehrte empört ab. »Mich? Bestimmt nicht! Ich dachte nur daran, dass ihr ab sofort jeden Tag mit Masken über die Gänge laufen müsst. Was für ein Umstand!«
    »Das wird nicht nötig sein«, klärte Jolissa sie auf. »Es gibt ab heute eine Ausnahmeregelung für diesen Tajan. Er darf uns alle ohne Maske sehen. Und seine Männer bleiben draußen.«
    »Tajan?«
    »Das ist sein Name«, gab Jolissa ganz selbstverständlich zurück.
    »Ach, und weil ihr den kennt, darf er hier alles?«
    Aus irgendeinem Grund ärgerte es Divya, dass die Schülerinnen seinen Namen kannten, während er ihn ihr bei der Befragung nicht genannt hatte.
    Jolissa hob grinsend eine Augenbraue. »Sein Name kann uns egal sein. Aber Sujim dürfen sich in ihrem Leben nur einmal für eine Frau entscheiden. Und der Ehrenkodex dieser Kaste ist sehr streng.« Sie kicherte. »Die Versuchung liegt wohl eher auf der anderen Seite. Unsere Hühnchen fühlen sich erst recht angestachelt, seit sie das alles wissen. Die liebe Evjon läuft seitdem mit rotem Gesicht herumund hat in ihrem Köpfchen gar keinen Platz mehr für andere Dinge, sodass sogar Maita aufmerksam geworden ist und sie am Ohr gezogen hat, als sie sie beim Tuscheln erwischte. Aber ich bin sicher, dass die Hühnchen diesem Sujim das Leben nicht leicht machen werden.«
    »Der Ärmste«, rutschte es Divya heraus.
    Jolissa sah sie ernst an. »Sag mir, dass wenigstens du vernünftig bist. Es gibt so viele Männer da draußen. Da müssen wir uns doch nicht an dem Erstbesten vergreifen, der in diese Mauern eindringt, oder?«
    »Du magst ihn also nicht?«, stellte Divya fest.
    Jolissa runzelte die Stirn. »Mögen? Eine seltsame Formulierung für einen Mann, der uns beschützen soll. Die Männer, die ich aus dem Haus meines Vaters kenne, sind gewandte Diplomaten. Und wenn ich einen von ihnen … mögen würde, dann wäre es wegen seiner freundlichen Art oder seiner geistreichen Konversation. Dieser junge Sujim ist weniger ein Mann der Worte als ein Mann des Kampfes. Er ist mir unheimlich.«
    Divya nickte, weil sie verstand, was sie meinte. Aber Jolissa hatte soeben eine Saite in ihr zum Klingen gebracht, die sie fast vergessen hatte. Kampf … das klang interessant. Und Kampf erinnerte sie an die Worte des Lichtes . Vielleicht war die Ankunft des Sujim ja ein Zeichen.

Kampf
    In einer Schule, in der eiserne Regeln den immer gleichen Alltag bestimmten, war jegliche Abwechslung willkommen. Und die Mädchen, die ab ihrem zwölften Lebensjahr keinen Mann mehr zu Gesicht bekommen durften, hatten diese Abwechslung endlich gefunden. Tajan, der Sujim, der sich wirklich bemühte, unauffällig wie ein Holzpfosten in der Ecke zu stehen, war der eindeutige Mittelpunkt des Interesses. Maita ermahnte die Mädchen zwar mehrfach, mit gesenkten Köpfen an ihm vorbeizugehen und ihn weder anzusehen noch mit ihm zu sprechen. Aber kaum war Maita weg, drückten sie sich in der Nähe des jungen Wächters herum, streiften ihn wie unabsichtlich ganz leicht mit dem Arm und übten an ihm die Blicke und Bewegungen, die sie in »Geheimnisse der Frauen« lernten. Der Sujim, der wiederum nicht wusste, wie ein unverheirateter Mann angemessen auf dieses Verhalten reagieren sollte, wurde oft rot und starrte verbissen auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand. Schließlich mied er bei Unterrichtsende die Gänge des zweiten Stockwerks und am Abend die des ersten. Die Mädchen aber hinderte das nicht. Sie suchten andere Möglichkeiten, ihm zu begegnen.
    Divya beobachtete das Geschehen hauptsächlich vom Holzsteg aus, wo niemand sie bemerkte. Nun, bei Tajan war sie sich nicht ganz sicher. Er sah sie zwar nie direkt an, aber an seinen Kopfbewegungen, wenn das Holz leichtknarrte, glaubte sie zu erkennen, wann er ihre Anwesenheit erahnte. Für Divya war dies ein Ansporn, noch mehr eins zu werden mit den Geräuschen des Tages. Und so wurde sie auch Zeuge von Evjons Bemühungen.
    Das Mädchen in Blau pflückte jeden Tag im Garten eine kleine Blüte, um sie dem Wächter später an den Knopf zu heften, der seinen Umhang zusammenhielt. Und jeden Tag bemühte sich Tajan, diese Tat zu ignorieren, während er mit erhobenem Kopf an Evjon vorbeistarrte, als würde ihr Lächeln nicht ihm gelten. Später nahm er dann jedes Mal die Blüte wieder heraus und legte sie ganz vorsichtig, als könnte sie zerbrechen, auf die Balustrade. Divya fragte sich, warum er sie nicht einfach wegwarf.
    Ein paar Nächte später hatte Divya wieder Dienst

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