Messi
muss Messi vom Platz. Gerade noch hat er Robben den Ball abgeluchst, als er sich plötzlich das linke Knie hält und zu Boden geht. „Als ich mit Gallas zusammengestoßen bin, habe ich schon die ersten schmerzhaften Stiche gespürt, aber ich beschloss, weiterzumachen“, wird er später sagen. „Und beim nächsten Spielzug wurde mir klar, dass Schluss ist.“
Der Verletzung gingen kein brutales Spiel und kein Schlag voraus, aber dennoch liegt Leo auf dem Boden. Er verzieht das Gesicht vor Schmerzen, er schlägt seine Hände davor, um seine Angst zu verbergen. Die Zuschauer verstummen. Seine Mannschaftskollegen sehen sich entsetzt an. Völlig aufgelöst verlässt Leo den Platz. Rijkaard nimmt ihn in den Arm. Es ist eine schwierige Situation für einen Spieler, dem 90.000 Zuschauer im Camp Nou Beifall klatschten – und zwar nicht als Theater-Diva, sondern als Fädenzieher beim Sieg an der Stamford Bridge.
Es wird ein vier Zentimeter langer Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel diagnostiziert. Barcelonas Ärzte gehen von vier bis sechs Wochen Heilungsdauer aus. Aber das Glück hat Leo verlassen. Als er wieder spielen soll, treten weitere Probleme in derselben Gegend auf. Er kann die Wunde immer noch spüren. Mit einem Einsatz gegen FC Villareal wird es ebenso nichts wie mit dem Champions-League-Halbfinale gegen den AC Mailand. Am Ende muss er 79 Tage ohne Fußball auskommen und das Champions-League-Finale von der Tribüne aus mitverfolgen.
Zwar stand die Möglichkeit im Raum, dass er bei dieser großen Gelegenheit – Barça gegen Arsenal London im Stade de France zu Paris – zu einem Kurzeinsatz kommt. Aber trotz der anscheinend verheilten Verletzung beschließt Frank Rijkaard, das Risiko nicht einzugehen. Seine Mannschaftskollegen stemmen schließlich zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte des FC Barcelona den Pokal in die Höhe. Traurig und einsam verzichtet Leo darauf, hinunter auf den Platz zu gehen und sich seine Medaille abzuholen.
21 Überschall-Ästhetik
Gespräch mit Santiago Segurola, Journalist bei der spanischen Sportzeitung Marca
„Ein kleiner Spieler, ein 18-Jähriger, der einem unerkannt auf jeder Straße der Welt begegnen könnte, verkörpert die Quintessenz des Fußballs. Sein Name lautet Leo Messi, und wir haben allen Grund zu der Annahme, dass wir in Gegenwart eines außergewöhnlichen Spielers leben, des brillantesten der vergangenen Jahre.“ So lauten die ersten Zeilen Ihres Artikels, der am 23. Februar 2006 nach dem Champions-League-Achtelfinale Chelsea gegen Barcelona erschien. Weshalb waren Sie derart beeindruckt von Lionel?
„Weil seine dort gezeigte Leistung sämtliche Elemente beinhaltete, die die Zuschauer so faszinieren und einen dazu bringen, sich diesem Wunder namens Fußball zu verschreiben. Weil es nicht wie eine Begegnung aussah, in der ein 18-jähriger Junge, der noch nicht lange bei den Besten mitspielte, glänzen konnte. In diesem Spiel aber trat Messi in Erscheinung, noch bevor Barça das tat – er war überraschend, beschlagen, flink, intelligent und zeigte großen Mut. Ausgerechnet ein Junge machte den Unterschied in dieser Begegnung aus. Er begeisterte die Zuschauer. Seine Leistung gehörte zu den besten, die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe.“
Und Sie haben viele Spieler gesehen?
„Ich habe Maradona auf dem Höhepunkt seiner Karriere erlebt, Raúl bei seinem Debüt beobachten dürfen … aber keiner von all den Spielern, die ich habe spielen sehen, war so stark oder so mutig.“
Welche seiner Eigenschaften ist am beeindruckendsten?
„Die Geschwindigkeit, zweifellos. Heutzutage will jeder im Fußball schnell sein, aber Tempo führt auch zu Zusammenstößen. Was mich an Messi so begeistert, ist die geistige Fähigkeit, ohne jeglichen Fehler so viele Entscheidungen bei so hohem Tempo treffen zu können … Vielleicht hat er nicht den Ideenreichtum eines Ronaldinho oder anderer großer Brasilianer, vielleicht hat er auch nicht den Überblick oder den Sinn für Strategie wie Maradona, aber er hat eine Überschall-Ästhetik.“
Gibt es weitere Qualitäten?
„Er ist als einziger Spieler fähig, von jedem Ort auf dem Platz aus ein Spiel zu gewinnen. Das hat er gegen Real Saragossa unter Beweis gestellt. Er stand auf Höhe der Mittellinie mit dem Rücken zum Tor, und am Ende hat er getroffen. Messi kann die außergewöhnlichsten Drehungen machen, die ich je gesehen habe, noch außergewöhnlicher als die Maradonas. Er kann Leute ausspielen, er kann
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