MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
ausgeschickt werden. Er hatte nie einen Engel in Aktion gesehen. Natürlich würde er trotzdem sichere Distanz wahren.
Wegen der vielen Blinks, die in seinem Kopf losgingen, hatte D_Light eine Weile lang geschwiegen und das Mädchen völlig vergessen. Anscheinend nahm sie das Schweigen als Hinweis. »Na ja, ist spät geworden. Ich sollte mal los.«
Sogleich richtete D_Light seine Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen und sagte: »Oh, bleib ruhig hier. Du wirst etwas zu sehen bekommen, das du nicht alle Tage siehst.«
Sie sah ihn fragend an.
»Je einen Engel gesehen?«, fragte er.
»Äh, nein. Ich … ich verstehe nicht, was du meinst. Geht das um diese Spiele-Sache? Ich glaube nicht …«
D_Light ging dazwischen. »Nein, kein Spiel. Engel sind die höchsten Agenten der Göttlichen Autorität.«
Die Frau nickte lächelnd und tat einige schlurfende Schritte rückwärts. Anscheinend war ihr etwas unwohl. »Klingt interessant, aber ich, hm, ja, ich bin spät dran.«
D_Light blieb dran. »Weißt du, die Göttliche Autorität, die Over-Soul?«
Woher kommt diese Frau?
, überlegte D_Light. Spankergames erklären zu müssen, war schon seltsam genug, aber die OverSoul? Es war, als wüsste man nichts von der Schwerkraft.
In der Tat sagte das Mädchen nicht direkt, dass sie nicht verstand, wovon er sprach, aber D_Light wusste, wann jemand versuchte, so zu tun als ob – wenn jemand versuchte, wissend zu erscheinen, jedoch keine Ahnung hatte. Ein Faker hatte immer einen wegwerfenden Ausdruck, durchmischt mit etwas Furcht, der herausschrie: »Ja, ja, wechseln wir doch das Thema, ja?« In seinem Beruf begegnete er diesem Ausdruck ziemlich häufig (wer nicht?) – Menschen, die versuchten zu improvisieren.
Kennt die OverSoul nicht? Stammte sie aus den äußeren Kolonien?
»Sieh mal, in dem Gebäude da ist ein Dämon«, platzte D_Light heraus und zeigte auf den Hügel unten.
Die Augen des Mädchens wurden groß, und sogleich wich jegliche Farbe aus ihrem Gesicht. Ihrer Reaktion nach zu urteilen vermutete D_Light, dass sie die Definition für einen Dämon kannte.
Rasch fügte er hinzu: »Keine Sorge! Die Engel sind unterwegs. Sie werden sich um ihn kümmern.«
Das Mädchen wandte den Blick von D_Light ab, den Körper angespannt. »Todget! Todget! Lauf!«, kreischte sie.
KAPITEL 11
»Aus, kleines Licht! Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild, Ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht
Sein Stündchen auf der Bühn und dann nicht mehr Vernommen wird; ein Märchen ists, erzählt Von einem Blödling, voller Klang und Wut, Das nichts bedeutet.
Das schrieb Shakespeare zum Thema des menschlichen Daseins. Deprimierend, hm? Unzählige vergangene Generationen von Menschen auf der ganzen Erde haben sich gegen ein so unvorstellbares Gefühl mit dem Glauben gewappnet – dem Glauben, dass das Leben tatsächlich einen Sinn hat. Aber Glaube – der Akt, sich selbst zu belügen, weil es so bequem ist –, die Grundlage vergangener Generationen, ist heutzutage bloß noch eine historische Fußnote
.
Wir müssen uns nicht mehr rituell gegenseitig in Tempeln oder Kirchen trösten, die bis zum Überquellen gefüllt sind mit Symbolen und Idolen. Gott ist kein Geist mehr. Gott ist nicht mehr reduziert auf einen imaginären Führer durch den unergründlichen und gleichgültigen Dschungel unseres Lebens. Wer kann die Göttlichkeit der OverSoul in einer Welt hinterfragen, wo niemand hungert? In einer Welt, wo Krankheit eher eine Wahl als vom Schicksal zugedacht ist? In einer Welt, wo Unsterbliche unter uns wandeln?«
Pastor A_Dude, Archiv: »Von der Kanzel«
Der Engel näherte sich langsam und ruhig. Es bestand eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 94 % dafür, dass sich der Dämon in seiner Wohnung aufhielt, also gab es keinen Grund zur Eile. Für die gegenwärtige Mission war der Engel ein »Er«, und wenn es je dazu gekommen wäre, so hätte er sich den Namen »Jakob« gegeben. Natürlich passten menschliche Etiketten wie »Geschlecht« nicht zu einer Wesenheit wie Jakob. Sein Name und Geschlecht waren eher ein Widerhall dessen, wie er geruhte, zum gegenwärtigen Zeitpunkt anderen zu erscheinen, und basierten nicht auf irgendwelchen physiologischen oder psychologischen Charakteristika.
Nachdem er in der Nähe seines Ziels gelandet war, ging Jakob flotten Schritts auf den Wohnhügel zu. Er hatte einen wirren Schopf schwarzen Haars und dichte Augenbrauen. Seine großen braunen Augen sahen sich flüchtig um und nahmen die Welt
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