Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
draußen standen.
„Ich denke, dass hier etwas nicht stimmt und wir
uns diese Früchtchen dringend noch einmal einzeln vornehmen sollten. Nur so ein
Bauchgefühl.“ Pfeifer nickte zustimmend. Beates Bauchgefühle hatten sie schon
oft in die richtige Richtung geführt. Es zahlte sich aus, sie zumindest in
Betracht zu ziehen. Sein Handy klingelte. „Leander“, informierte er Beate,
bevor er antwortete. „Ist gut, dass du anrufst, Monsieur Drub.“ Diesen
Spitznamen hatte der junge Kripobeamte ebenfalls seinem letzten Fall zu
verdanken. Er mochte ihn nicht besonders, aber er konnte den Hänseleien seiner
Kollegen wenig entgegensetzen, darum akzeptierte er ihn zähneknirschend. „Bevor
du loslegst, Karl, habe ich eine wichtige Information für dich. Dieser Torsten
Bolander, der hat Dreck am Stecken, und zwar nicht zu knapp. Bevor er seine
Frau geheiratet hat, saß er bereits einmal wegen schwerer Körperverletzung ein.
Davor hatte er schon einige Anzeigen anlässlich kleinerer Delikte am Hals
gehabt. Dazu kommen eine Insolvenz mit einer Feinkostkette in Hamburg und eine
Anklage wegen Vergewaltigung einer minderjährigen Prostituierten. Das Verfahren
wurde allerdings eingestellt und er wurde aus Mangel an Beweisen
freigesprochen. Das Mädchen hat seine Aussage aus unbekannten Gründen
widerrufen.“ Pfeifer pfiff durch die Zähne. „Interessant. War das in der
Presse, als er sein Restaurant hier eröffnet hat? Ich meine, wissen seine
betuchten Gäste das wohl?“
„Nein. Ich weiß nicht, warum, aber es hat niemand
etwas darüber geschrieben. Aber selbst wenn, manchmal verleitet der
Nervenkitzel die Leute dazu, seltsame Dinge zu tun. Einmal bei einem
Kriminellen zu essen, kann für manch einen schon das Größte sein. Da hat man
hinterher etwas zu erzählen. Meine Mutter sagt, wir hatten in dem Dorf, in dem
ich geboren wurde, eine Pizzeria, die von einem Mafiosi geführt wurde, da
musstest du Monate im Voraus einen Tisch reservieren.“
„Wo um Himmels willen kommst du denn her, Leander?
Nein. Sag’s mir nicht. Es ist mir nämlich eigentlich egal. Was mich
interessiert, ist, dass Bolander zumindest in dem Vergewaltigungsfall nichts nachgewiesen
werden konnte. In dubio pro reo oder geschickt herausgewunden? Das wirft ein
ganz anderes Licht auf den sauberen Herrn Drei-Sterne-Restaurantbesitzer.“
Dieser fragwürdige „Freispruch“ hinterließ bei
Pfeifer einen bitteren Nachgeschmack. Er war lange genug dabei, um zu wissen,
dass ein Freispruch aus Mangel an Beweisen nicht unbedingt bedeutete, dass die
Person auch tatsächlich unschuldig war.
Auf einmal sah der Kommissar Torsten Bolander mit
anderen Augen. Er dachte an die Brutalität, mit der der Restaurantbesitzer
seine Frau behandelt hatte, und begann sich zu fragen, ob an der Geschichte mit
der Prostituierten nicht doch etwas dran war. Selbstverständlich behielt er
diesen Gedanken zunächst einmal für sich, er wollte Leander nicht dazu
ermutigen, auf eigene Faust zu ermitteln.
Noch während des Telefonats mit Leander hatte Beate
ein Café angesteuert und bedeutete ihrem Chef jetzt, auszusteigen. Sie wollte
schnellstens weiter. Zu Melanie Bolander. Pfeifer beendete das Gespräch mit
Leander kurzentschlossen, als dieser schon wieder anfing, darüber zu
lamentieren, dass er ganz alleine im dritten Stock der Kripo saß und nur
recherchieren durfte, während sie sich mit einem spannenden Mordfall
beschäftigten. Für diesen Kinderkram hatte Pfeifer jetzt wirklich keine Nerven.
„Was ist los, Karl? Du siehst irgendwie genervt
aus?“, fragte Beate ihn. Ihre Mundwinkel zuckten verdächtig und an der Art, wie
ihre Augen strahlten, konnte Pfeifer erkennen, dass seine Kollegin sich gerade
einen Lachanfall verkniff.
„Sehr witzig. Du kennst doch Monsieur Drub. Ich
glaube, wenn wir ihn morgen nicht mitnehmen, werden wir es den Rest unserer
Dienstzeit bitter bereuen. So. Fahr du mal. Ich trinke hier einen Kaffee und
ordne unsere Notizen. Viel Glück bei eurem Frauengespräch.“
Beate mochte die Befragung der 40-jährigen
Innenarchitektin selbst übernehmen. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass
bestimmte Dinge einfach am besten unter Frauen besprochen werden konnten. Und
das Thema häusliche Gewalt gehörte definitiv dazu.
Melanie öffnete die Haustüre so schnell, dass sich
Beate der Gedanke aufdrängte, sie hätte direkt dahinter gestanden und gewartet.
Allerdings schien der so sehnsüchtig erwartete Besucher nicht die Polizistin zu
sein, denn
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