Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
wollte unbedingt mit ihm reden. Er wusste genau, was sie sagen würde.
Sie wollte ihm sagen, dass er einen Fehler gemacht habe, dass sie das so nicht
vereinbart hatten. Aber ihm war nicht nach Gesprächen zumute. Ihre
Oberflächlichkeit ging ihm auf die Nerven. Tiefgründige Gespräche hatte er nur
mit seiner Isis führen können. Doch auch das musste jetzt warten.
Ständig dachte sie nur an ihre Rache und ihren
Hass. Seine Gefühle kümmerten sie nicht. Das hatten sie noch nie getan. Sie
hatte ihn von Anfang an nur für ihre eigenen Zwecke ausgenutzt. Das war ihm
jetzt klar geworden.
Derzeit wollte er nur in Frieden gelassen werden.
Endlich und endgültig. Aber noch war es zu früh. Vorher hatte er noch etwas zu
erledigen. Erst wenn er das hinter sich gebracht hatte, konnte er seine Seele
den Göttern überlassen. Isis und Osiris in Ewigkeit vereint. Das brachte
ihn dazu, wieder an Ben zu denken. Dieser Idiot. Bestimmt hatte das
Gedicht dazu geführt, dass er dachte, der tiefere Sinn dieser Botschaft sei für
ihn persönlich bestimmt. Er stellte sich vor, wie der Narr da saß, den Kopf in
die Hände gestützt, von Weinkrämpfen geschüttelt, in Trauer über den Tod seiner
geliebten Freundin. Dabei dachte er sicherlich darüber nach, ob Silke ihn wohl
zum Suizid anstiften wollte, um sie wiederzusehen. Doch das würde er niemals
tun. Nicht Ben Hausmann, dazu war er viel zu selbstverliebt. Niemals wäre er
bereit, ein so großes Opfer zu erbringen. Aber er hatte dafür gesorgt, dass Ben
mit genügend Drogen versorgt war, um sich sowieso irgendwann ins Jenseits zu
befördern. Früher oder später. Und er selbst musste keinen Finger dafür krumm machen. Wundervoll .
Sein Handy klingelte erneut. Laut und schrill
hallte es durch die Stille seines Zimmers. Das Display blinkte hektisch und die
zusätzlichen Vibrationen erzeugten ein dumpfes Brummen auf dem kleinen
Tischchen mit der gehäkelten weißen Decke. Er stand auf und ging hinüber zu dem
Gerät. Die Neugier ließ ihm keine Ruhe. Er musste einfach sehen, wer es diesmal
war.
Ah, da war sie wieder. Er würde sie noch eine Weile
zappeln lassen. Das Ganze würde ohnehin bald ein Ende haben.
Er setzte sich wieder ans Fenster und blickte
hinaus. Er liebte diesen Ort. Es war so friedlich hier. Die Ruhe und der
Frieden waren einfach unbezahlbar. Die Tiere kümmerten sich ausschließlich um
ihre eigenen Angelegenheiten. Bei ihnen hieß es: „Richte deine Aufmerksamkeit
aufs Überleben.“ Nicht, wie bei den Menschen, die überall ihre Meinung
kundtaten, weil sie gerade nichts Besseres zu tun hatten. Dabei störte die
Meisten nicht einmal, dass die anderen es vielleicht gar nicht hören wollten.
Viel zu oft mischten die Leute sich in Sachen ein,
die sie überhaupt nichts angingen. Aber die wirklich wichtigen Dinge, bei denen
sie sich hätten einmischen sollen, ja sogar müssen, die ignorierten sie. Denn
die Wahrheit war oft unbequem und erforderte ein gewisses Maß an Eigeninitiative.
Mit einem langen Seufzer zog er die Schublade
seines Schreibtisches auf und holte sein Amulett hervor. Eine Kopfstütze,
ähnlich der, die er seiner geliebten Isis mit auf die Reise gegeben hatte.
Vorsichtig streichelte er sie und legte sie dann zurück. Er musste sich
gedulden. Es war noch zu früh.
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„Du hast sie umgebracht! Das weiß ich genau. Du
hast sie von Anfang an nicht bei uns haben wollen, weil sie nicht in dein
verqueres, spießiges Weltbild gepasst hat. Ich weiß gar nicht, wie ich es so lange
mit dir ausgehalten habe. Aber eines muss klar sein, ich ziehe mein Geld aus
dem Restaurant ab, dann kannst du ja deine Freunde fragen, ob sie dich
unterstützen. Du bist ein brutaler Schläger und ein Schwachkopf. Ich hasse
dich, Torsten Bolander!“ Melanie drehte sich um und schickte sich an, das
Wohnzimmer zu verlassen, doch ihr Mann kam ihr zuvor. Mit zwei schnellen
Schritten war er bei ihr und riss sie am Arm herum. „Du elendes Miststück! Wie
kannst du es wagen, so mit mir zu reden? Nach allem, was ich für dich und dein
missratenes Balg getan habe! Glaub mir, ich hätte nicht Silke umgebracht,
sondern dich, da kannst du dir sicher sein. Dann müsste ich mir nicht dauernd
dein Gekeife und Gejammer anhören.“ Er schwang drohend die große, kräftige
Faust vor ihrem Gesicht.
Melanie ignorierte den Schmerz, den ihr sein fester
Griff zufügte. Zornig forderte sie ihn auf: „Schlag doch endlich zu! Du würdest
mir damit einen Riesengefallen tun. Na los!“ Mit hochroten
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