Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
verstehen.
Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich muss die Beerdigung meiner Tochter
in die Wege leiten.“ Sie stand auf und stolzierte hocherhobenen Hauptes in
Richtung Eingangshalle. Beate folgte ihr nicht sofort. „Frau Bolander, darf ich
bitte mal Ihr Badezimmer benutzen?“
Melanie gestattete ihr diesen Wunsch nur
widerwillig. „Die Gästetoilette befindet sich den Flur hinunter auf der linken
Seite.“ Die Stimmung war merklich abgekühlt und Beate beeilte sich, in die
angegebene Richtung zu gehen. Sobald sie außer Sichtweite war, schwenkte sie in
die Richtung, in der sie das Wohnzimmer und somit auch das Telefon vermutete.
„Bingo“, murmelte sie vor sich hin. Sie nahm den Hörer, drückte auf
Wahlwiederholung und schrieb sich die Nummer ab. Schnell legte sie auf. Sie
wollte sich um keinen Preis erwischen lassen. Ganz legal war das nicht, aber
sie tat es als berufsbedingte Neugier ab.
„Was machen Sie da?“, erklang plötzlich Melanies
Stimme hinter ihr.
Beate fuhr erschrocken herum und sah sich einer
Hausherrin mit vor der Brust verschränkten Armen gegenüber, die sie wütend
anstarrte.
„Ich habe die Toilette nicht gefunden“, sagte die
Kommissarin lahm.
„Und deswegen wollten Sie mein Wohnzimmer
benutzen?“ Melanie hob spöttisch die Augenbrauen und zog verächtlich ihre
Mundwinkel nach unten. „Ihre Kinderstube lässt einiges vermissen, Frau Scheck.
Bitte folgen Sie mir.“
Beate war rot geworden und schwitzte schon wieder.
Nervös knirschte sie mit den Zähnen. Sie fühlte sich ertappt. Heute lief aber
auch alles schief. Erst die vergessene Pistole und jetzt das hier. Missmutig
betrat sie das kleine Gästebadezimmer und wartete dort eine angemessene Zeit
ab, bevor sie wieder herauskam.
Melanie wartete direkt vor der Tür. „Und?
Erfolgreich?“
„Ja. Danke.“ Beate räusperte sich.
„Na dann, auf Wiedersehen, Frau Scheck. Oder besser
nicht, denke ich. Sie haben ja genug zu tun, nehme ich an. Verbrecher verhören
und solche Dinge.“
„Oh, ich komme wieder, Frau Bolander. Und ich finde
heraus, was damals passiert ist. Ob mit Ihrer Hilfe oder ohne. Denn ich werde
das Gefühl nicht los, dass das alles zusammenhängt.“ Dann verließ Beate das
Haus und ließ die verdutzte Frau einfach stehen.
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„Warum hast du der Polizistin nichts gesagt?“,
wollte Jana wissen. Aber Christopher blickte nur stumm ins Leere. „Und du?“,
schrie sie Ben jetzt an. „Verdammt! Silke war deine Freundin. Du bist es ihr
schuldig!“ Doch auch hier erntete sie nichts als Verständnislosigkeit.
Mit einer ruckartigen Bewegung zog Ben einen Zettel
aus der Tasche und streckte ihn Jana entgegen. „Lies.“
„Mein Geliebter. Wir sehen uns wieder wie Isis und
Osiris, in Ewigkeit vereint. Wir werden zusammen sein dort, wo die Schleife des
Lebens leuchtend hell wie die Sonne erscheint. Es musste erst dunkel werden,
damit du mich verstehst. Doch jetzt möchte ich, dass du mit mir gehst. Komm,
fass meine Hand und lass mich nicht allein. Isis möchte für immer bei Dir
sein.“ In Liebe Silke
„Was soll das? Hat Silke das geschrieben? Was meint
sie damit?“ Ängstlich wich Jana einen Schritt zurück. Sie wollte nichts mehr
damit zu tun haben. Silkes Besessenheit von Ritualen aller Art war ihr von
Anfang an unheimlich gewesen. Ihre Freundin war zuletzt immer mehr abgedriftet.
Teilweise war es ihr schwer gefallen, die Realität von ihren Träumereien zu
unterscheiden. Was nicht zuletzt an Maltes „Selbstgebrautem“ gelegen haben
durfte. Doch ihre Freunde hatten Jana nur ausgelacht und ihr vorgehalten, sie sei
eine Langweilerin, weil sie nicht mitmachte.
Dieses wirre Gedicht schien aber endlich die Bestätigung
zu liefern, dass Jana letztlich doch recht behalten hatte. Ihr reichte es
endgültig. „Christopher, ich werde jetzt gehen. Kommst du mit?“ Ihr Freund schüttelte
stumm den Kopf. Er wollte Ben in dieser seltsamen Stimmung nicht alleine
lassen. Wer wusste schon, was dieser Brief zu bedeuten hatte, und vor allem,
was er daraus machte? Für Chris klang das verdammt nach einem Aufruf, Silke ins
Jenseits zu folgen, und er wollte um jeden Preis verhindern, dass Ben Mist
baute.
Jana schleuderte den Brief auf den Boden und verließ
fluchtartig die Hausmann-Villa. Sie wollte nur noch heim zu ihrer Mutter. Dort
war sie in Sicherheit. Später würde sie noch einmal versuchen, Malte zu
erreichen. Er schien ihr der einzig Vernünftige zu sein. Zumindest war er das
bislang immer gewesen.
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