Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
völlig verrückt geworden. Hat das
ganze Wohnzimmer verwüstet und wirres Zeug gefaselt, als ich hier ankam. Wann
hast du ihn zum letzen Mal gesehen? Wie viel von dem Zeug nimmt er, verdammt?“
Christopher blickte seiner Freundin jetzt forschend in die Augen. Doch er fand
nichts als Angst und Zweifel darin.
Eine Antwort auf all die Fragen, die in ihm
brannten, bekam er nicht mehr.
„Hey, ist das hier eine Verschwörung?“ Bens Stimme
ließ die beiden zusammenzucken. Jana zwang sich zu einem Lächeln. „Schön, dass
es dir besser geht. Können wir noch irgendetwas für dich tun?“
Keiner der beiden erwähnte die Statue oder ihre
Vermutungen bezüglich des sich zunehmend verschlechternden Gesundheitszustandes
ihres Freundes auch nur mit einem Wort.
„Nein.“ Ein einfaches, kurzes Wort. In diesem aber
steckte so viel Verzweiflung, Wut und Trauer, dass es Jana schmerzte. Sie
setzte an, etwas zu sagen, kam aber nicht mehr dazu. Die Türglocke ertönte mit
einem lauten Gong. Alle drei erschraken gleichermaßen. Ben hatte sich als
Erster gefasst. „Ganz ruhig bleiben. Ich gehe schon.“ Er lief zuerst zum
Fenster und ließ die Jalousie herunter, bevor er sich zur Haustüre begab. Er
hatte die Tatsache, dass seine Freunde die Statue entdeckt hatten, einstweilen
unkommentiert gelassen.
„Nette Behausung.“ Pfeifer konnte sich die
Bemerkung nicht verkneifen, während er und Beate darauf warteten, dass sich die
Tür öffnen würde. Auch sie sah sich beeindruckt um. Von hier aus hatten die
Eigentümer einen uneingeschränkten Blick hinauf zur Hornisgrinde, auf deren
Spitze der Funkturm in den heute, für diese Jahreszeit eher ungewöhnlich blauen
Himmel emporragte. Sie überlegten sich, wie vermögend man wohl sein musste, um
sich hier so ein herrschaftliches Anwesen leisten zu können.
Auf einmal wurde die schwere Eichenholztüre
schwungvoll aufgerissen und vor ihnen stand ein durchtrainiert wirkender, etwa
18-jähriger Jugendlicher, der trotz seiner körperlichen Fitness einen seltsam
hilfsbedürftigen Eindruck auf sie machte. Sein blondes Haar glitzerte dunkel
vor Nässe; seine stahlblauen Augen wirkten stumpf und kalt. „Ja bitte? Was kann
ich für Sie tun?“, fragte er mit einer Stimme, die von Emotionen völlig frei
war.
„Ben Hausmann?“, fragte Pfeifer und zog seinen
Ausweis aus der Jackentasche. Dann stellte er sich und Beate vor. Dabei
beobachtete er interessiert das schnell wechselnde Mienenspiel des jungen
Mannes. Irgendetwas störte ihn an Ben, aber er konnte den Finger nicht darauf
legen. „Wollen Sie uns nicht hereinbitten?“, fragte Beate schließlich
ungeduldig.
„Klar, entschuldigen Sie. Natürlich. Das da sind
meine Freunde Jana Knopf und Christopher von der Linden.“ Er zeigte auf die
neugierigen Teenager, die sich mittlerweile in den Eingangsbereich
vorgearbeitet hatten.
„Sie sind doch das Mädchen auf dem Fahrrad!“ Beates
erstaunter Ausruf ließ Jana ein kleines Stück zurückweichen.
„Keine Sorge. Ich will Sie deswegen nicht
verhaften“, antwortete die Kommissarin milde. „Zumindest nicht diesmal.“
„Oh!“, entfuhr es Jana, dann lächelte sie unsicher.
„Ich verstehe, das war ein Scherz, nicht? Sie dürfen übrigens ruhig ´du` sagen.
Ich denke sonst ständig, meine Mutter steht hinter mir.“ Das Mädchen machte auf
Beate einen eher schüchternen Eindruck, obwohl sie eigentlich keinen Grund dazu
hatte. Sie war hoch gewachsen, hatte langes schwarzes Haar, das zu einem dicken
Zopf geflochten war, und ebenmäßige Gesichtszüge. Sie hätte gut und gerne als
Model durchgehen können. Ihr Verhalten passte so gar nicht zu ihrem Äußeren.
Beate musterte auch die anderen beiden und dachte bei sich: Eine Clique von
reichen und privilegierten Kids, die sich äußerst merkwürdig verhalten.
Irgendetwas stimmt mit denen nicht. Notiz an mich: Leander anrufen und alle
überprüfen lassen.
1 2
Sein Handy klingelte beinahe ununterbrochen. Ständig
versuchte sie, ihn zu erreichen. Wollte ihm sinnlose Fragen stellen über das
„Warum“ und das „Weshalb“. Er würde sie nicht beantworten. Das müsste sie doch
langsam gemerkt haben. Sie sollte ihn lieber in Ruhe lassen. Er hatte
schließlich Wichtigeres zu tun. Er musste nachdenken, seine nächsten Schritte
sorgfältig abwägen, damit ihm keine Fehler unterliefen.
Er hatte gehofft, die lästigen Anrufe würden durch
konsequentes Ignorieren endlich aufhören. Aber sie war hartnäckig. Sie legte es
drauf an,
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