Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
hatte sich heute keinesfalls in einem geistigen
Stadium befunden, in dem man gerichtsrelevante Aussagen machen konnte. Er
konnte nur hoffen, dass die Acherner Kollegen inzwischen genügend
Beweismaterial gesammelt hatten, um diesen jugendlichen Dealern endlich das
Handwerk zu legen. Zur Not hatten sie ja immer noch die Aussage von Jana. Auch
wenn deren Vater ihr jeglichen weiteren Kontakt zu den Polizisten untersagt
hatte, da sie sich mit ihrer Aussage selbst belastete. Pfeifer wartete
eigentlich nur noch darauf, dass sie ihre Aussage Beate gegenüber widerrief. Es
wäre nicht das erste Mal, dass so etwas vorkam.
Wie viele Leben hatten diese Kids wohl bereits
durch den Verkauf ihres Stoffs zerstört? Er wollte jetzt lieber nicht darüber
nachdenken. In diesem Moment war er wieder einmal froh, dass er keine eigenen
Kinder hatte. Eine Sorge weniger.
Das Saxophon aus Herbie Hancocks „Cantaloupe
Island“ zerriss die Stille vor dem Haus. „Was ist jetzt schon wieder passiert?“
Ein genervter Blick auf das Display seines iPhones zeigte Pfeifer den Namen des
Anrufers und seine Gesichtzüge entspannten sich sofort. Die Sorgenfalten auf
seiner Stirn glätteten sich. Frauke! Ein Lichtblick an diesem düsteren Tag ,
dachte er erleichtert und nahm den Anruf an.
„Hallo Karl. Kommst du bald nach Hause? Ich würde
gerne heute Abend mal wieder essen gehen. Oder brauchen die dich in Achern noch
lange?“ Frauke versuchte, ihrer Stimme einen lockeren und unbesorgten Tonfall
zu verleihen. Aber so ganz gelang ihr das nicht. Eine leichte Anspannung war
ihr dennoch anzuhören.
„Ist was passiert? Du klingst irgendwie komisch“,
hakte Pfeifer deshalb sofort nach.
„Nichts Besonderes. Einfach mal wieder essen und
reden. Das wird ja wohl noch erlaubt sein“, lachte sie nervös.
„Ich weiß nicht, eigentlich habe ich hier noch zu
tun.“
„Schade. Na schön. Dann nicht.“ Frauke klang
unendlich enttäuscht. Und in diesem Moment beschloss Pfeifer, dass er den Fall
Fall sein lassen und zu seiner Frau fahren würde. Schon einmal hatte er wegen
eines Mordfalls sein Privatleben vernachlässigt und es hätte ihn beinahe seine
Ehe gekostet. Noch einmal würde ihm das bestimmt nicht passieren.
Friede, Ordnung, ein leckeres Essen, ein Stück Normalität
und ein gutes Gespräch waren ohnehin genau das, was er brauchte. Vielleicht
würde er heute Abend auch erstmals wieder an seiner Kalligrafie arbeiten. Ein
wenig Ablenkung konnte nicht schaden. Den Kopf völlig frei zu bekommen war
manchmal gar nicht so schlecht. Und dennoch, sie mussten Malte Knobloch finden.
„Frauke, ich muss noch ein paar Sachen abklären. Ich rufe dich gleich zurück.
Aber ich denke, es sieht gut aus für heute Abend.“
Pfeifer hatte gerade den Kollegen Möller gebeten,
ihn mit zum Revier zu nehmen, da spielte erneut das Saxophon. Ihm schwante
nichts Gutes, als er sah, wer ihn diesmal anrief. „Beate. Was gibt’s denn? Ich
wollte gerade zum Revier fahren. Wir sollten uns demnächst mal auf den Weg nach
Freiburg machen.“
„Karl. Hör zu. Jana ist verschwunden. Ihre Mutter
hat mich gerade angerufen. Sie ist völlig aus dem Häuschen. Jana ist vor zwei
Stunden spazieren gegangen. Kurz in die Stadt, wie sie meinte. Seither hat sie
nichts mehr von ihr gehört. Ihr Mobiltelefon ist aus. Ungewöhnlich, wie die
Mutter meint. Ich weiß, ich weiß. Sag es nicht. Nach zwei Stunden kann man
niemanden als vermisst melden. Aber angesichts der merkwürdigen Vorkommnisse
der letzten Tage würde ich sagen, wir suchen sie. Was meinst du?“, fügte sie
vorsichtshalber noch hinzu . Pfeifer
mochte es nicht, wenn er vor vollendete Tatsachen gestellt wurde, und er mochte
es noch weniger, wenn man ihn von seinem wohlverdienten Feierabend abhielt.
Vernehmlich seufzend stimmte Pfeifer zu und rief
Frauke an, um ihr zu sagen, dass er nicht sagen konnte, wann er heimkäme. Wohl
wissend, dass er sie damit wieder einmal bitter enttäuscht hatte.
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„Frau Knopf. Jetzt bleiben Sie bitte erst einmal
ganz ruhig.“
„Ich soll ruhig bleiben?“, keifte die völlig
aufgelöste Mutter. „Das sagen ausgerechnet Sie zu mir? Si e sind
doch an allem schuld. Nachdem Sie hier waren und Jana quasi beschuldigt haben,
mit Malte unter einer Decke zu stecken, war das Kind völlig durcheinander.“
Pfeifer hatte keine Ahnung, wovon diese Frau
sprach. „Beate, was ist hier los?“
Die Kommissarin zuckte mit den Schultern und
schluckte nur. Sie verfluchte Leander schon zum zweiten
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