Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
weiteren
Kontakt zu ihren ehemaligen Freunden untersagt. Und sie würden ihr schon gar
nicht erlauben, alleine in den Wald zu gehen. Schließlich war Silkes Mörder
offiziell noch immer nicht gefasst.
Jana war schnell, sie kam noch vor Malte an. Sie
warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass sie nur 20 Minuten
gebraucht hatte, eine beachtliche Zeit, wie sie lächelnd feststellte, und
setzte sich auf einen Baumstamm.
Gerade fragte sie sich, wie sie die verbliebene
Zeit totschlagen sollte, da vernahm sie ein leises Zischen. „Pssst.“ Sie drehte
sich um, konnte aber niemanden sehen. „Pssssst. Jana.“
Da! Schon wieder. Jetzt stand sie auf und sah sich noch einmal
genauer um. Sie erschrak beinahe zu Tode, als Malte urplötzlich hinter einer
dicken Eiche hervortrat.
„Malte! Endlich! Ich bin ja so allein. Du weißt ja
gar nicht, wie schrecklich das hier alles ist.“ Jana lief los. Tränen rannen
über ihre Wangen und ein Schluchzen drang aus ihrer Kehle und bahnte sich
seinen Weg nach draußen.
Malte breitete die Arme aus, um sie aufzufangen,
und Jana ließ sich erleichtert hineinsinken. Sie weinte jetzt hemmungslos. Ihre
Tränen hinterließen einen dunklen Fleck auf seinem hellgrünen Hemd.
Malte war zuerst etwas erschrocken über die unerwartet
heftige Reaktion seiner Freundin. Aber er fing sich schnell wieder und dann
hielt er sie ganz fest. Er küsste sie auf den Kopf und murmelte beruhigend: „Es
ist gut, Jana. Alles wird gut. Ich verspreche es dir. Du musst nicht alleine
sein, wenn du nicht willst. Du kannst bei mir bleiben. Komm, ich muss dir etwas
zeigen.“ Er nahm die vertrauensselige Jana bei der Hand und führte sie tiefer
in den Wald hinein.
Jana war glücklich darüber, endlich eine ihr
verbundene Seele gefunden zu haben. Sie fragte sich nicht, wieso, und vor
allem, seit wann Malte sich hier im Wald versteckte, oder was er ihr so
Wichtiges zeigen wollte. Sie fragte sich auch nicht, warum er ausgerechnet sie
kontaktiert hatte.
Jana und Malte waren bereits zusammen in den
Kindergarten gegangen. Malte war ein netter Kerl, so eine Art großer Bruder für
sie gewesen. Sie hatten sich prima verstanden. Was Jana allerdings nicht
bemerkt hatte, war die Veränderung, die mit ihrem Freund in den letzten Jahren
vor sich gegangen war. Schritt für Schritt hatte sich diese Verwandlung
vollzogen. Von außen kaum sichtbar, war sie dafür im Inneren umso heftiger
verlaufen. Malte hatte sich durch den Konsum seiner selbstgebrauten Droge
zusätzlich zu seiner psychischen Erkrankung immer tiefer in die Abgründe seiner
verworrenen Welt begeben. Jetzt konnte er die Realität nur noch sehr schwer von
seinen Albträumen trennen. Im Moment war er einigermaßen klar, doch das konnte
sich jederzeit ändern.
Auch jetzt strahlte Malte wieder Kraft und Ruhe
aus. Seine Körperhaltung signalisierte, dass man ihm vertrauen konnte. Und das
tat sie auch. Sie vertraute Malte voll und ganz. Schon früher konnten sich alle
immer an Malte wenden, wenn sie Probleme hatten. Egal, ob es nur Mitschüler
oder aber enge Freunde waren. Er hatte immer ein offenes Ohr für sie und
meistens auch einen Lösungsvorschlag parat gehabt. Niemand hatte jedoch
bemerkt, wie verworren es in Maltes Innerem aussah. Dort, wo eigentlich sein
Herz sitzen sollte, fühlte es sich oft an, als wäre da nur ein harter, schwarzer
Klumpen, der ihn einzig zu dem Zweck am Leben hielt, um ihn zu quälen. Seine
Fähigkeit, mit Gefühlen wie Hass, Wut oder auch Liebe und Freude vernünftig
umzugehen, war immer mehr zusammengeschrumpft. In den Stunden voller Angst, die
er eingesperrt in der stockdunklen Besenkammer verbringen musste, sann er auf
Rache und perfektionierte den Plan, seinen Vater eines Tages zu töten. Doch
dann war alles anders gekommen. Sein Vater erfreute sich noch immer bester
Gesundheit. Stattdessen hatte Malte vor ungefähr einem Jahr Tabea Siebling
kennengelernt. Damit nahm die Geschichte ihren Lauf. Vermutlich wäre alles
anders gekommen, wenn er sie nicht getroffen hätte.
4 4
Betroffen stand Pfeifer vor der Hausmann-Villa und
verfolgte Bens Abtransport in die Klinik. Er fluchte innerlich. Der Fall hatte
so schön klar mit einem Mord begonnen und nun war er verworren wie nichts
anderes. Ben hatte gestanden, zumindest indirekt, an dem Mord an Silke
beteiligt gewesen zu sein. Über das „Warum“ hatte er jedoch geschwiegen.
Ob seine Aussage allerdings vor Gericht Bestand
haben würde, war fraglich. Ben
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