Meteor
dass die Schwulengemeinde Sie wegen Ihrer Äußerungen gestern Abend in der ›Larry King Show‹ auf dem Kieker hat.«
Sexton zuckte die Achseln, ohne richtig hinzuhören. »Ja, die Geschichte mit der Schwulenehe.«
Gabrielle schaute ihn missbilligend an. »Sie haben gestern Abend ganz schön auf den Putz gehauen.«
Homo-Ehe!, dachte Sexton. Wenn es nach mir ginge, dürften diese Leute nicht mal wählen. »Okay, ich nehme ein bisschen Gas weg.«
»Gut. Sie sind in letzter Zeit bei einigen unserer heißen Themen zu sehr in die Vollen gegangen. Die Gunst der Wählerschaft kann von einem Moment zum anderen kippen. Es wäre falsch, jetzt übermütig zu werden. Sie haben zurzeit Rückenwind und sind im Kommen. Lassen Sie sich von der Gunst der Stunde tragen. Es gibt keinen Grund, den Ball ins Aus zu schlagen. Halten Sie Ihn immer nur schön am Rollen.«
»Gibt es Neues aus dem Weißen Haus?«
Gabrielle sah hinreißend aus in ihrer Ratlosigkeit. »Nach wie vor Funkstille. Es ist inzwischen offiziell: Ihr Gegner ist der
›Große Unsichtbare‹.«
Sexton konnte kaum glauben, wie viel Glück er in letzter Zeit gehabt hatte. Nachdem der Präsident monatelang auf Wahlkampftournee gewesen war, hatte er sich vor einer Woche plötzlich im Oval Office eingeschlossen, und niemand hatte seither etwas von ihm gehört oder gesehen. Es war, als hätte er das sturmflutartige Anwachsen der Wählergunst für Sexton nicht mehr ertragen können.
Gabrielle strich sich mit der Hand über ihr glattes schwarzes Haar. »Ich habe gehört, dass die Wahlkampfmannschaft des Weißen Hauses genauso im Dunkeln tappt wie wir. Der Präsident hat keinerlei Erklärung für sein Verschwinden gegeben. Seine ganze Umgebung ist sauer.«
»Gibt es Vermutungen?«, fragte Sexton.
Gabrielle sah ihn über den Rand ihrer Lesebrille an. »Zufällig habe ich heute Morgen von einer meiner Kontaktpersonen im Weißen Haus eine interessante Information erhalten.«
Sexton kannte diesen Blick. Gabrielle Ashe war wieder einmal an Insider-Informationen herangekommen. Sexton fragte sich, ob sie es – als Gegenleistung für Wahlkampfgeheimnisse – mit einem Präsidentenberater auf dem Rücksitz trieb, aber eigentlich war es ihm egal… solange die Informationen flossen.
»Es wird gemunkelt«, sagte Gabrielle und senkte die Stimme, »dass das merkwürdige Verhalten des Präsidenten letzte Woche nach einer Dringlichkeitssitzung mit dem Chef der NASA seinen Anfang nahm. Es heißt, der Präsident sei wie betäubt aus der Sitzung gekommen. Er hat sofort sämtliche Termine abgesagt und seither engen Kontakt mit der NASA gehalten.«
Sexton gefiel, was er da hörte. »Könnte es sein, dass ihm die NASA noch mehr schlechte Neuigkeiten aufs Auge gedrückt hat?«
»Das könnte eine logische Erklärung sein«, meinte Gabrielle hoffnungsvoll. »Es müsste allerdings schon ziemlich heftig gewesen sein, da der Präsident alles liegen und stehen gelassen hat.«
Sexton ließ sich die Sache durch den Kopf gehen. Was immer bei der NASA vorging, es konnte nur etwas Unerfreuliches sein, sonst hätte der Präsident damit aufgetrumpft. Sexton hatte den Präsidenten in letzter Zeit mit dem Thema NASA-Finanzierung sehr hart angegangen. Die Kette der jüngsten Misserfolge und der gigantischen Budgetüberschreitungen der NASA hatten der Weltraumbehörde die zweifelhafte Ehre eingebracht, Senator Sextons inoffizielles Wappentier in seinem Kampf gegen explodierende Staatsausgaben und die Misswirtschaft abzugeben. Ein Angriff auf die NASA – eines der prominentesten Elemente des Nationalstolzes der Amerikaner – war zugegebenermaßen eine Methode, mit der sich die wenigsten Politiker auf Stimmenfang begeben hätten. Sexton hatte jedoch eine Waffe in petto, wie kaum ein anderer Politiker: Gabrielle Ashe und ihr untrügliches politisches Gespür.
Die junge Frau mit dem wachen Verstand war Sexton vor einigen Monaten aufgefallen, als sie in seinem Washingtoner Wahlkampfbüro als Koordinatorin gearbeitet hatte. In den Meinungsumfragen zu den Vorwahlen hatte Sexton ziemlich hinten gelegen. Seine Botschaft von den überhöhten Staatsausgaben war auf taube Ohren gestoßen. In dieser Situation hatte Gabrielle Sexton Vorschläge für einen radikal neuen Ansatz des Wahlkampfes zugeleitet. Sie forderte den Senator auf, die hemmungslosen Budgetüberschreitungen der NASA und das ständige Stopfen der Finanzlöcher durch das Weiße Haus als Musterbeispiele für Präsident Herneys unverantwortliche
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