Meteor
Stunden, ging Rachel die Liste der möglichen Urheber durch.
Lawrence Ekstrom… Marjorie Tench… Präsident Zach Herney. Jeder von ihnen hatte ein Motiv, und erschreckender noch, jeder von ihnen hatte auch die Mittel. Der Präsident hat nichts damit zu tun, sagte Rachel zu sich selbst und klammerte sich an die Hoffnung, dass Zach Herney, den sie mehr respektierte als ihren eigenen Vater, bei diesen geheimnisvollen Ereignissen nur als unbeteiligter Außenstehender fungierte.
Wir wissen immer noch so gut wie nichts. Weder wer, noch was, noch warum…
Rachel hatte sich gewünscht, William Pickering mit Antworten begegnen zu können, doch bislang hatte ihr Bestreben nur noch mehr Fragen aufgeworfen.
Als Rachel wieder in die Kabine trat, bemerkte sie überrascht, dass Michael Tolland nicht auf seinem Platz saß. Corky döste ein paar Sitze weiter. Während Rachel sich noch in der Kabine umsah, trat Tolland aus dem Cockpit. Rachel sah den Piloten das Funktelefon einhängen. Sie bemerkte Tollands beunruhigten Blick.
»Ist was passiert?«, erkundigte sie sich.
Tolland berichtete ihr von der Ansage auf dem Anrufbeantworter. Seine Stimme klang sehr besorgt.
Ein Fehler in seiner Präsentation? Rachel hielt Tollands Reaktion für überzogen. »Es ist bestimmt nicht weiter wichtig«, sagte sie.
»Hat Xavia nicht gesagt, worum es ging?«
»Irgendetwas mit der Petrologie des Meteoriten.«
»Das heißt also, mit der Gesteinsstruktur?«
»Ja. Sie hat gesagt, es gäbe außer ihr vielleicht nur noch eine Hand voll anderer Geologen, die einen solchen Fehler bemerken könnten. Der Fehler scheint jedenfalls mit dem Meteoritengestein als solchem zu tun zu haben.«
Rachel begriff. Sie sog alarmiert die Luft ein. »Vielleicht mit den Chondren?«
»Ich kann es nicht sagen, aber das war natürlich auch mein erster Gedanke.«
Rachel gab ihm Recht. Die Chondren waren die letzte unumstößliche Stütze des Beweises, der den Felsbrocken eindeutig als Meteoriten auswies.
Corky gesellte sich zu ihnen. »Was ist los?«
Tolland erzählte ihm von dem Telefonat.
Stirnrunzelnd schüttelte Corky den Kopf. »Xavia kann nicht die Chondren gemeint haben. Unmöglich. Wir haben doch die Befunde der NASA. Und meine. Die sind einwandfrei.«
»Welchen anderen gesteinskundlichen Irrtum könnte ich denn sonst gemacht haben?«
»Was weiß ich? Außerdem, was weiß eine Meeresgeologin schon von Chondren?«
»Keine Ahnung, aber die Frau kennt sich verdammt gut aus.«
»Ich glaube, in Anbetracht der Umstände sollten wir uns vor unserem Gespräch mit Pickering mit dieser Frau unterhalten«, warf Rachel ein.
»Ich habe schon viermal versucht, sie anzurufen«, sagte Tolland, »aber jedes Mal war nur der Anrufbeantworter dran. Wahrscheinlich steckt Xavia im Hydrolab. Sie wird meine Botschaften vermutlich frühestens morgen Früh abhören…« Tolland brach ab und schaute auf seine Uhr. »Aber wir könnten vielleicht…«
»Was könnten wir vielleicht?«, erkundigte sich Rachel.
Tolland sah sie nachdenklich an. »Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, dass wir uns vor dem Gespräch mit Ihrem Chef mit Xavia unterhalten?«
»Mike, falls sie uns etwas zu den Chondren zu sagen hat, ist es ganz entscheidend«, sagte Rachel. »Im Moment stehen wir vor widersprüchlichen Befunden. William Pickering ist ein Mann, dem man nicht mit unklaren Sachverhalten kommen sollte.
Wenn wir mit ihm zusammentreffen, würde ich ihm als Grundlage seines weiteren Vorgehens gern etwas Handfestes bieten.«
»Dann machen wir einen Zwischenstopp.«
Rachel wurde blass. »Doch nicht auf Ihrem Schiff?«
»Es liegt vor der Küste von New Jersey, fast genau auf unserem Weg nach Washington. Wir reden kurz mit Xavia und hören uns an, was sie zu sagen hat. Corky hat ja immer noch die Meteoritenprobe, und wenn Xavia ein paar petrologische Tests anstellen will, ist unser Schiffslabor gut dafür ausgerüstet. Ich würde sagen, es kostet uns höchstens eine Stunde, dann haben wir eine verbindliche Antwort.«
Rachel spürte, wie die Angst ihr Herz schneller schlagen ließ.
Der Gedanke, sich so schnell wieder dem Ozean stellen zu müssen, machte ihr zu schaffen. Eine verbindliche Antwort, dachte sie.
Die Aussicht war verlockend. Pickering erwartet eine verbindliche Antwort.
91
Delta-1 war froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Obwohl die Aurora-Maschine nur mit halber Kraft geflogen war, hatte sie die Strecke in weniger als zwei Stunden zurückgelegt. Das
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