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Meteor

Meteor

Titel: Meteor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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Schmerz nahm weiter zu. Sie spürte die nahende Ohnmacht.
    Vor sich hörte sie ein Klopfen. Mit größter Anstrengung öffnete sie die Augen. Michael Tollands Silhouette schwebte im dunklen Wasser, sein Gesicht war ans Glas gepresst. Er gab ihr aufgeregt Zeichen, etwas Bestimmtes zu tun.
    Aber was?
    Rachel konnte in der Finsternis so gut wie nichts mehr erkennen, zumal der Druck ihr Sehvermögen zusätzlich einschränkte.
    Der letzte Schimmer der Unterwasserscheinwerfer der Goya war verblasst. Rachel schwebte in einen bodenlosen Abgrund.
    Tolland hatte sich an die Kuppel geklammert und pochte dagegen. Seine Brust brannte vor Luftmangel. In ein paar Sekunden musste er wieder zur Oberfläche.
    Stemm dich gegen das Glas, Rachel! Er hörte irgendwo Luft aus der Kuppeldichtung zischen und als Blasen in die Höhe blubbern.
    Die Dichtung saß nicht mehr fest. Tolland versuchte eine Kante zu ertasten, wo er die Finger dazwischenbekommen und ziehen konnte, doch erfolglos.
    Sein Sauerstoff war verbraucht. Während schon der Tunnelblick einsetzte, pochte er ein letztes Mal ans Glas. Er konnte Rachel vor Dunkelheit inzwischen nicht einmal mehr sehen. Mit dem letzten Rest Luft in den Lungen schrie er ins Wasser:
    »Stemm… dich… gegen… das… Glas!«
    Seine Worte waren ein unverständliches Blubbern.
128
    Rachel hatte das Gefühl, der Kopf würde ihr auf einer mittelalterlichen Folterbank zerquetscht. Halb aufgerichtet neben dem Sitz stehend, spürte sie den nahenden Tod. Das halbkugelige Blickfeld der Beobachtungskuppel vor ihr war leer. Das Pochen hatte aufgehört. Tolland war fort. Er hatte sie verlassen.
    Die über ihrem Kopf zischende Pressluft erinnerte sie an den Fallwind auf dem Milne-Gletscher. Auf dem Boden des Cockpits stand das Wasser dreißig Zentimeter hoch. Ich will raus! Tausende von Gedanken und Erinnerungsfetzen schossen ihr wie violette Lichtblitze durch den Kopf.
    Unvermutet krängte das Boot. In der Finsternis verlor Rachel das Gleichgewicht. Sie fiel nach vorn, streifte den Sitz und prallte mit der Schulter schmerzhaft gegen die Glaskuppel. Völlig unerwartet minderte sich schlagartig der Druck im Cockpit. Rachels Trommelfelle registrierten dankbar eine spürbare Entlastung. Sie hörte, wie gurgelnd ein Luftschwall entwich.
    Rachel begriff augenblicklich, was geschehen war. Die Dichtung der Glaskuppel saß nicht mehr fest! Die Kuppel hatte sich gelockert. Plötzlich verstand sie, warum Tolland den Innendruck erhöht hatte. Der Druck stieg wieder; diesmal aber war es Rachel willkommen, auch wenn sie sich der Ohnmacht gefährlich nahe fühlte. Sie rappelte sich hoch und stemmte sich mit aller Kraft gegen das Glas. Diesmal aber gurgelte nichts; der Glasdorn bewegte sich kaum.
    Noch einmal warf sie sich mit der Schulter dagegen. Wieder nichts. Die Wunde am Oberarm schmerzte, aber das Blut fühlte sich trocken an. Als sie es noch einmal versuchen wollte, begann das manövrierunfähige Boot ohne Vorankündigung nach hinten zu kippen. Die voll gelaufenen Trimmtanks hatten dem Gewicht der hinten liegenden Maschinerie nichts mehr entgegenzusetzen.
    Der Triton sank mit dem Heck voraus.

    Rachel fiel mit dem Rücken gegen die Rückwand des Cockpits.
    Vom Bilgenwasser umströmt, starrte sie nach oben in die Nachtschwärze der leckgeschlagenen Kuppel. Ihr Körper war schwer und leblos. Sie zwang sich aufzustehen und in den Sitz zu klettern. Wieder rasten ihre Gedanken in die Vergangenheit zur eisigen Umklammerung des zugefrorenen Flusses.
    »Nicht aufgeben, Rachel«, rief ihre Mutter, die sie gepackt hatte und aus dem Wasser zu ziehen versuchte.
    Rachel schloss die Augen. Ich sinke. Die Schlittschuhe zogen sie wie Bleigewichte herunter. Sie sah ihre Mutter auf dem Eis liegen, Arme und Beine von sich gestreckt, um das Gewicht zu verteilen.
    »Stoß dich ab, Rachel! Stoß mit den Füßen!«
    Rachel stieß sich ab, so gut sie konnte. Sie hob sich ein winziges Stück aus dem eisigen Loch. Ein Hoffnungsfunke blitzte auf.
    Die Mutter packte sie fester.
    »Ja!«, rief die Mutter. »Hilf mir, dich zu heben! Stoß mit den Füßen!«
    Während die Mutter von oben zog, stieß Rachel sich mit letzter Kraft unten vom Grund ab. Es war gerade so viel, dass ihrer Mutter es schaffen konnte, das Mädchen aus der Gefahr zu ziehen. Sie schleppte die tropfnasse Rachel bis zum verschneiten Ufer. Erst dort fing sie zu weinen an.
    In der Finsternis des sinkenden Tauchboots glaubte Rachel deutlich die Stimme ihrer Mutter zu hören.
    Stoß

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