Meteor
mit den Füßen!
Rachel zog die Knie an, so stark sie konnte, und ließ die Füße mit einem verzweifelten Schrei der Anstrengung nach oben gegen die Mitte der Glaskuppel schnellen. Der Schmerz des Aufpralls schoss wie ein Lanzenstich durch ihre Beine bis in den Kopf. Es donnerte in ihren Ohren. Heftig rauschend entwich der Überdruck. An der linken Seite löste sich die Kuppel von ihrer Dichtung und schwang auf wie ein Scheunentor.
Eine Sturzflut toste auf Rachel hinunter, presste sie in den Sitz, packte sie aber sogleich von unten und wirbelte sie im Cockpit umher wie einen Socken in der Waschtrommel. Sie spürte das Tauchboot in den freien Fall übergehen. Ihr Körper wurde nach oben geschleudert, doch sie hing irgendwo fest. Von einem Strudel aus Luftblasen umspült, gewann sie Auftrieb. Ein harter Acrylglasrand schlug gegen ihre Hüfte.
Plötzlich war sie frei.
In einem Purzelbaum torkelte sie in die endlose schwarze Wärme des Ozeans. Ihre Lungen schrien jetzt schon nach Luft. Nach oben! Ans Licht! Rachels Augen suchten die Helligkeit, sahen aber keine. Die Welt war in jeder Richtung von gleichmäßigem nassem Schwarz. Keine Schwerkraft, kein Oben, kein Unten…
In diesem furchtbaren Augenblick wurde Rachel klar, dass sie nicht wusste, in welche Richtung sie schwimmen musste.
Mehr als fünfzehnhundert Meter unter Rachel wurde der sinkende Kampfhubschrauber vom gnadenlosen Druckanstieg schrecklich zugerichtet. Die stromlinienförmige Kupferummantelung der Aufschlagzünder der fünfzehn noch nicht verschossenen panzerbrechenden AGM 114 Hellfire-Raketen beulte sich gefährlich ein.
Dreißig Meter über dem Grund packte der kraftvolle Zentralwirbel des Megaplumes die Überreste des Hubschraubers und schleuderte sie auf die rot glühende Kruste des Magmadoms. Die Raketen explodierten wie Streichhölzer in einer Schachtel. Die Kettenexplosion riss ein großes Loch in den Magmadom.
Michael Tolland war zum Luftholen an die Oberfläche gekommen und sofort wieder abgetaucht. Fünf Meter unter Wasser spähte er verzweifelt nach dem Tauchboot in die Dunkelheit, als die Raketen explodierten. Ein weißer Explosionsblitz flammte tief unter ihm auf und lieferte eine Momentaufnahme, die Tolland sein Lebtag nicht vergessen würde.
Wie eine Marionette an verhedderten Schnüren hing Rachel drei Meter unter ihm im Wasser. Der Triton fuhr mit dem Heck voran und mit offener Kuppel rasch in die Tiefe. Die Haie schienen Gefahr zu wittern und waren rudelweise auf der Flucht ins offene Meer.
Tollands Freude, dass Rachel dem Tauchboot entkommen war, wurde augenblicklich von der Vorahnung überschattet, was unmittelbar bevorstand. Er prägte sich Rachels Position ein und tauchte ihr mit kräftigen Schwimmstößen entgegen.
In der Tiefe zerbarst die Kruste des Magmadoms. Eine Unterwassereruption spie zwölfhundert Grad heißes Magma in die See.
Alles Wasser, das mit der glühenden Lava in Berührung kam, verdampfte augenblicklich und schoss als Dampfsäule durch die Mittelachse des Megaplumes der Oberfläche entgegen. Der entweichende Dampf erzeugte ein gewaltiges Vakuum, das Millionen von Kubikmetern Meerwasser nach unten saugte, wo es am Grund mit der glühenden Lava in Verbindung kam und ebenfalls verdampfte. Die hochschießende Dampfsäule versorgte sich selbst mit Nachschub, wuchs und wuchs und zog noch mehr Wasser nach unten. Der durchs nachströmende Wasser verstärkte Unterwasserwirbel baute sich von Sekunde zu Sekunde höher auf und schob seinen oberen Rand langsam der Oberfläche entgegen.
Ein ozeanisches schwarzes Loch war geboren.
Von der warmen nassen Dunkelheit umhüllt, fühlte Rachel sich wie im Mutterleib. In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander.
Atmen. Noch widersetzte sie sich dem Reflex. Der Lichtblitz, den sie soeben gesehen hatte, konnte nur von der Oberfläche gekommen sein, auch wenn er von merkwürdig weit herzukommen schien. Bestimmt eine Täuschung. Los, zur Oberfläche! Sie schwamm in Richtung des Lichts. Jetzt sah sie noch mehr Licht in der Ferne, ein gespenstisch rotes Glühen. Morgenrot?
Eine Hand packte sie am Fußknöchel und zog sie rückwärts.
Sie wurde umgedreht und an der Hand genommen. Sie kannte die Hand. Michael Tolland war gekommen und zog sie in die andere Richtung.
Rachels Verstand sagte, dass er sie in die falsche Richtung zog.
Ihr Herz aber sagte, dass er wusste, was er tat.
Stoß mit den Füßen!, flüsterte die Stimme ihrer Mutter.
Rachel ruderte mit den Beinen, so
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