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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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nicht glauben. Nicht glauben wollen. Ich muss es ihm selbst sagen. Ihm erklären.«
    »Und was kommt dann?«, fragte Leonid eifersüchtig. »Dann gibst du dich ihm aus lauter Freude hin?«
    »Was geht dich das an?«, schnappte sie zurück. Doch dann begriff sie instinktiv, wie sich ein verliebter Mann am besten kontrollieren ließ, und fügte sanfter hinzu: »Ich will nichts von ihm. Aber ohne dich habe ich keine Chance durchzukommen.« »Das Lügen hast du jedenfalls schnell von mir gelernt«, entgegnete Leonid mit säuerlichem Grinsen. Dann seufzte er ergeben. »Na gut. Gehen wir.«
    Die Sportiwnaja erreichten sie erst nach einer halben Stunde: Die Posten hatten gewechselt, und Leonid musste ihnen erneut erklären, wie ein Mädchen ohne Pass die Grenze zur Roten Linie hatte überqueren können. Sascha blickte nervös auf ihre Uhr, und Leonid auf sie; ihm war deutlich anzumerken, dass er schwankte, mit sich selbst rang.
    Auf dem Bahnsteig schichteten schmächtige Rekruten gerade einige Ballen mit irgendwelchen Gütern auf eine alte, stinkende Draisine; betrunkene Handwerker taten so, als würden sie geplatzte Rohrleitungen stopfen; einige Hosenmätze in Uniform übten ein Kinderlied. Innerhalb von fünf Minuten wurden Sascha und Leonid zweimal zur Ausweiskontrolle angehalten, und ausgerechnet die letzte Kontrolle, als sie schon fast den Tunnel zur Frunsenskaja betreten hatten, zog sich quälend lange hin.
    Die Zeit lief ihnen davon. Sascha wusste nicht einmal, ob ihnen diese Gnadenfrist von gut zwei Stunden überhaupt noch zur Verfügung stand. Hunter konnte keiner aufhalten, und möglicherweise hatte er längst mit seiner Operation begonnen. Die Soldaten hatten die Draisine inzwischen fertig beladen; das Gefährt nahm schnaufend Fahrt auf und kam näher. Da fasste Leonid einen Entschluss.
    »Ich will dich nicht gehen lassen«, sagte er. »Aber ich kann dich auch nicht halten. Ich dachte, ich sorge dafür, dass wir zu spät kommen, damit du dort nichts mehr zu suchen hast. Aber ich habe verstanden, dass ich dich dadurch nicht für mich gewinnen kann. An sich ist Ehrlichkeit die schlechteste Methode, um eine Frau zu verführen, doch ich will nicht mehr lügen. Ich will mich nicht mehr ständig vor dir schämen müssen. Wähle selbst, bei wem du bleiben willst.« Unvermittelt riss der Musiker dem betulichen Streifenposten seinen Wunderpass aus der Hand und schlug ihn erstaunlich flink mit einem Kinnhaken zu Boden. Dann packte er Sascha an der Hand und zog sie mit einem Sprung auf die Draisine, die in diesem Moment an ihnen vorbeifuhr. Als sich der Fahrer zu ihnen umwandte, blickte er verblüfft in einen Revolverlauf.
    Leonid lachte laut auf. »Papa wäre jetzt stolz auf mich!
    Wie oft musste ich mir von ihm anhören, dass ich nur meine Zeit vergeude und dass mit meiner weibischen Pfeife niemals was aus mir wird!Und ausgerechnet jetzt, wo ich mich endlich wie ein echter Mann benehme, ist er nicht hier!Was für eine Tragik!« Dann befahl er dem Draisinenführer:
    »Spring!«, worauf der sich trotz der Geschwindigkeit gehorsam auf die Gleise fallen ließ, sich schreiend überschlug und in der Dunkelheit verschwand.
    Leonid begann die Ladung abzuwerfen; mit jedem Ballen, der auf die Gleise fiel, röhrte der Motor lauter. Der altersschwache Scheinwerfer am Bug der Draisine warf unsicher und flackernd sein Licht voraus; es reichte gerade für die nächsten paar Meter. Kreischend, wie wenn jemand über Glas kratzt, jagte eine Rattenbrut vor den Rädern davon, ein erschrockener Streckenwärter sprang im letzten Augenblick zur Seite, und in der Ferne begann eine Alarmsirene hysterisch zu heulen. Die Tunnelrippen flackerten immer schneller an ihnen vorbei - Leonid holte aus der Maschine das Letzte heraus.
    Sie flogen an der Frunsenskaja vorüber. Die ahnungslosen Wachposten stürzten davon, wie zuvor die Ratten, und erst als die Draisine die Station weit hinter sich gelassen hatte, heulte dort ärgerlich und im Gleichklang mit der Sportiwnaja der Alarm auf. »Jetzt geht es los!«, schrie Leonid. »Wir müssen es bis zur Abzweigung zum Ring schaffen!Dort haben sie eine große Stellung und werden versuchen uns abzufangen. Wir fahren weiter die Linie entlang, bis ins Zentrum!«
    Er wusste, was sie zu befürchten hatten: Aus ebenjenem Seitenarm, der sie zuvor zur Roten Linie geführt hatte, schlug ihnen in diesem Augenblick das Scheinwerferlicht einer Diesellok entgegen. Die Abzweigung lag nur noch wenige Schritte entfernt, zum

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