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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Spuren einer Warnung in roter Farbe, die jedoch mit der Zeit abgeblättert oder absichtlich weggekratzt worden war.
    Dieser vergitterte Schacht zog Homers Blick magisch an. Als er sich schließlich mit Mühe davon losriss, musste er unwillkürlich denken, dass die Linie wohl doch nicht so leblos war, wie man an der Sewastopolskaja glaubte.
    Dann durchquerten sie die Warschawskaja - eine grauenvolle, verrostete und verschimmelte Station, die einen Eindruck machte wie eine Wasserleiche. Die gekachelten Wände schwitzten eine trübe Flüssigkeit aus, und durch die halb geöffneten hermetischen Tore drang ein kalter Wind von der Oberfläche herein, als ob ein riesiges Wesen versuchte, diese längst verweste Station von außen künstlich zu beatmen. Das hysterische Ticken der Geigerzähler ermahnte sie, diesen Ort schnellstmöglich wieder zu verlassen.
    Sie näherten sich bereits der Kaschirskaja, als eines der Geräte den Geist aufgab, und der Zeiger des anderen am Ende der Skala klebenblieb. Homer spürte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. »Wo war der Einschlag?«, fragte Hunter.
    Die Stimme des Brigadiers war schlecht zu hören, als hätte Homer den Kopf in eine volle Badewanne gesteckt. Er blieb stehen endlich bot sich die Gelegenheit für eine zwar kurze, aber sehr willkommene Atempause - und deutete mit einem Handschuh nach Südosten. »Bei der Kantemirowskaja. Wir gehen davon aus, dass das Dach einer Eingangshalle oder aber ein Lüftungsschacht eingestürzt ist. Genau weiß es keiner.«
    »Das heißt, die Kantemirowskaja ist verlassen?« »Schon immer. Jenseits der Kolomenskaja gibt es keine Menschenseele.«
    »Mir hat man gesagt.«, begann Hunter, doch dann verstummte er und machte Homer ein Zeichen, ebenfalls leise zu sein. Er schien irgendwelche kaum spürbaren Wellen zu empfangen. Endlich fragte er: »Weiß man, was an der Kaschirskaja passiert ist?« »Woher denn?« Homer war nicht sicher, ob sein ironischer Unterton durch den Atemfilter nach außen drang. »Dann sag ich's dir. Die Strahlung dort ist so hoch, dass wir beide nach einer Minute gebraten werden. Da hilft dir auch kein Schutzanzug. Wir kehren um.«
    »Zurück? Zur Sewastopolskaja?« »Ja. Ich werde dort nach oben gehen. Vielleicht komme ich so auch hin«, sagte Hunter nachdenklich. Es schien, als plante er bereits seine Route.
    Homer stutzte. »Du willst alleine gehen?« »Ich kann mich nicht ständig um dich kümmern. Ich muss zusehen, dass ich nicht selbst dabei draufgehe. Zu zweit kämen wir sowieso nicht durch. Es ist nicht mal sicher, dass ich es allein schaffe.«
    »Begreifst du nicht? Ich muss mit dir mitgehen, ich will.« Homer suchte krampfhaft nach einem Grund, einem Vorwand.
    »Ich will noch was Sinnvolles tun, bevor du krepierst?«, sprach der Brigadier den Satz zu Ende. Sein Tonfall klang gleichgültig, dabei wusste Homer, dass die Filter ihrer Gasmasken jegliche Beimischungen heraussiebten, so dass nur geschmacklose, sterile Luft hineinströmte und mechanische, seelenlose Stimmen herauskamen.
    Der Alte schloss die Augen und versuchte sich krampfhaft an all das zu erinnern, was er über den kurzen Stummel der KachowskajaLinie wusste, über das verstrahlte Ende der Samoskworezkaja-Linie, über den Weg von der Sewastopolskaja zur Serpuchowskaja. Alles, nur nicht umkehren, nicht zurückkehren zu jenem dürftigen Leben, das ihm nichts zu bieten hatte als falsche Hoffnungen auf große Romane und unsterbliche Legenden.
    »Folge mir!«, krächzte er plötzlich und stakste mit einer Behendigkeit los, die ihn selbst erstaunte - nach Osten, zur Kaschirskaja, mitten in die Hölle.
    Sie träumte, dass sie mit einer Feile an einem Eisenring rieb, mit dem sie an eine Wand gekettet war. Das Werkzeug kreischte und rutschte immer wieder ab, und immer wenn es einen halben Millimeter in den Stahl eingedrungen war, brauchte sie nur einen Moment innezuhalten, damit die hauchdünne, kaum sichtbare Riefe vor ihren Augen wieder zuwuchs.
    Doch Sascha gab nicht auf: Wieder packte sie die Feile mit ihren blutig gescheuerten Händen und fuhr fort, das unnachgiebige Metall zu bearbeiten. Der Rhythmus ihrer Bewegungen war streng vorgeschrieben. Das Wichtigste war, dass sie ihn einhielt, dass sie keine Schwäche zeigte, die Arbeit niemals ruhen ließ.
    Ihre angeketteten Fußknöchel waren angeschwollen und taub. Sascha wusste: Selbst wenn es ihr gelänge, das Eisen zu bezwingen, sie würde doch nicht fliehen können, denn ihre Beine würden ihr nicht

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