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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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durchzogen den Gang wie ein mehrschichtiges Geflecht, soweit der Lichtstrahl reichte.
    Hunter blickte auf den Strahlungsmesser, gab einen seltsamen kehligen Laut von sich und begann wie rasend das zwischen den Wänden hängende Garn zu zerfetzen. Die Spinnweben gaben nur widerstrebend nach, kosteten mehr Zeit, als sie hatten. Nach zehn Minuten waren sie erst drei
    ßig Meter vorangekommen, und das Netz wurde immer dichter - es schien den Durchgang wie ein Wattebausch zu verstopfen. Als sie schließlich bei einem zugewachsenen Lüftungsschacht ankamen, unter dem ein hässliches doppelköpfiges Skelett auf den Schwellen lag, schleuderte der Brigadier sein Messer zu Boden. Sie hingen in dem Spinngewebe fest wie diese Kakerlaken, und selbst wenn das Wesen, das die riesigen Netze gewoben hatte, schon längst tot war, würde die Strahlung dafür sorgen, dass sie innerhalb kürzester Zeit vor die Hunde gingen.
    Während Hunter nach einem Ausweg suchte, fiel Homer plötzlich noch etwas ein, das er über diesen Ort gehört hatte. Er ließ sich auf ein Knie nieder, klopfte aus seinem Reservemagazin ein paar Patronen hervor, drehte mit seinem Federmesser die Kugeln heraus und schüttelte sich das Schießpulver in die Hand.
    Hunter begriff sofort. Kurz darauf standen sie wieder am Anfang des Verbindungstunnels, schütteten auf einer Watteunterlage ein Häufchen aus grobem, grauem Pulver auf und hielten ein Feuerzeug daran.
    Das Pulver zischte auf, begann zu rauchen -und plötzlich geschah das Unglaubliche: Die kleine Flamme begann sich gleichzeitig in alle Richtungen auszugießen, wanderte die Wände hinauf, erreichte die Decke und ergriff schließlich den gesamten Tunnelraum. Gierig fraß sie das Spinnennetz auf und raste in die Tiefe.
    Wie ein dröhnender Flammenring bewegte sie sich unaufhaltsam vorwärts, beleuchtete die verrußten Tunnelsegmente und ließ nur hin und wieder verbrannte Fetzen an der Decke zurück. Auf seinem Weg zur Kolomenskaja verengte sich der Feuerreif zusehends und sog wie ein gigantischer Kolben die Luft mit sich. Dann machte der Tunnel eine Kurve, und die Flamme entschwand, eine purpurrot flackernde Schärpe hinter sich herziehend, ihren Blicken.
    Erst in weiter Ferne glaubte Homer durch das gleichmäLEERZEICHEN ßige Dröhnen des Feuers hindurch ein unmenschliches, verzweifeltes Kreischen sowie ein heiseres Zischen zu vernehmen. Doch war der Alte von diesem Schauspiel noch immer so hypnotisiert, dass er seiner eigenen Wahrnehmung nicht recht traute.
    Hunter steckte sein Messer zurück in den Rucksack und kramte stattdessen zwei neue, noch versiegelte Filterbüchsen für ihre Gasmasken hervor. »Die waren eigentlich für den Rückweg gedacht.« Er tauschte seinen Filter aus und gab die zweite Büchse Homer. »Durch den Brand ist die Strahlung jetzt so hoch wie damals.«
    Der Alte nickte. Die Flamme hatte radioaktive Teilchen auf- und durcheinandergewirbelt, die sich über Jahre hinweg auf dem Spinnennetz abgesetzt hatten und in dessen Fäden eingedrungen waren. In dem schwarzen Vakuum des Tunnels schwirrten nun vermutlich Milliarden todbringender Moleküle umher. Unzählige winzige Unterwasserminen hingen in diesem leeren Raum und versperrten ihnen den Weg. Ein Ausweichmanöver war ausgeschlossen.
    Es blieb nur der Weg mitten hindurch. »Wenn dich jetzt dein Papilein sähe«, tadelte der Dicke sie mit höhnischem Tonfall. Sascha saß der Leiche ihres Vaters genau gegenüber, die mit dem Gesicht nach unten in ihrem eigenen Blut lag.
    Der Entführer hatte ihr bereits die Träger der Latzhose von den Schultern gezogen; darunter trug sie ein T-Shirt mit der verblichenen Abbildung eines fröhlich lachenden Tierchens. Jedesmal, wenn sie ihren Blick hob, blendete sie der Entführer mit seiner Lampe, damit sie sein Gesicht nicht erkannte. Den Knebel hatte er ihr aus dem Mund gezogen, doch Sascha hatte ohnehin nicht vor, ihn um etwas zu bitten.
    »Deiner Mutter siehst du ja überhaupt nicht ähnlich.
    Schade, ich hatte schon gehofft.« Die Elefantenbeine in den hohen, dunkelrot beschmierten Gummistiefeln wanderten ein weiteres Mal um die Säule herum, an der Sascha lehnte. Jetzt kam seine Stimme von hinten. »Dein Papilein hat wahrscheinlich geglaubt, dass mit der Zeit schon Gras dar über wachsen wird. Aber es gibt auch Verbrechen, die nicht verjähren. Verleumdung zum Beispiel. Verrat.« Seine schwammigen Umrisse tauchten auf der anderen Seite aus dem Dunkel auf. Er blieb über der Leiche ihres Vaters

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