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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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stehen, trat mit dem Stiefel dagegen und spie dicken Schleim aus. »Schade, dass der Alte bereits den Löffel abgegeben hat, ohne dass ich nachhelfen konnte.« Der Dicke ließ den Lichtstrahl durch die trübe, gesichtslose Station schweifen, in der haufenweise nutzloser Plunder verstreut lag. Bei einem Fahrradrahmen ohne Räder hielt er inne. »Gemütlich habt ihr's hier. Ich denke mal, wärst du nicht gewesen, dein Papilein hätte sich längst aufgehängt.«
    Während er in der Station herumleuchtete, versuchte Sascha fortzukriechen, doch nur eine Sekunde später fing sein Lichtstrahl sie wieder ein.
    »Und das kann ich gut nachvollziehen.« Mit einem Satz landete der Entführer wieder neben ihr. »Ne hübsche Lady ist ihm da gelungen. Schade nur, wie gesagt, dass sie ihrer Mutter so gar nicht ähnlich sieht. Wahrscheinlich hat ihn das auch betrübt. Na, egal.« Er trat ihr mit der Stiefelspitze in die Seite, so dass sie umfiel. »Immerhin hab ich mich durch die ganze Metro hierher durchgeschlagen.«
    Sascha zuckte zusammen und begann den Kopf zu schütteln. »Siehst du, Petja, wie leicht sich alles voraussagen lässt.«
    Wieder hatte er sich Saschas Vater zugewandt. »Früher hast du deine Nebenbuhler vors Tribunal gebracht. Und vielen Dank auch für die lebenslängliche Verbannung statt der Hinrichtung!Tja, das Leben ist wirklich lang, und die Umstände ändern sich. Und eben nicht immer zu deinen Gunsten. Ich bin zurück, auch wenn ich dafür zehn Jahre länger gebraucht habe als geplant.«
    »Man kehrt niemals zufällig an einen Ort zurück«, flüsterte Sascha. Die Worte ihres Vaters. »Wohl wahr«, entgegnete der Dicke spöttisch. »He, wer ist da?«
    Am gegenüberliegenden Ende des Bahnsteigs ertönte ein Rascheln, dann fiel etwas Schweres zu Boden. Eine Art Zischen war zu hören sowie etwas, das wie die vorsichtigen Schritte eines großen Tiers klang. Die darauf folgende Stille war trügerisch und rissig, und Sascha spürte ebenso wie ihr Entführer, dass sich aus dem Tunnel etwas auf sie zubewegte.
    Der Dicke entsicherte geräuschvoll, ließ sich neben dem Mädchen auf einem Knie nieder, legte den Kolben an die Schulter und schickte einen zitternden Lichtfleck über die umstehenden Säulen. Dass sich in dem seit Jahrzehnten leeren Südtunnel etwas bewegte war nicht weniger unheimlich, als wenn die Marmorstatuen an einer der zentralen Stationen plötzlich zum Leben erwacht wären.
    In dem wandernden Lichtfleck tauchte kurz ein verschwommener Schatten auf -gewiss kein menschlicher, weder von den Umrissen her noch was seine Behendigkeit betraf. Doch als der Strahl an dieselbe Stelle zurückkehrte, war von dem rätselhaften Wesen keine Spur mehr zu sehen. Ein paar Sekunden später fing die panisch herumsuchende Lichtscheibe es wieder ein -nur noch etwa zwanzig Schritt von ihnen entfernt.
    »Ein Bär?«, flüsterte der Dicke ungläubig und drückte ab.
    Die Kugeln rasten auf die Säulen zu, pickten in die Wände, doch das Tier hatte sich gleichsam in Luft aufgelöst, und keiner der Schüsse erreichte sein Ziel. Dann stellte der Dicke plötzlich das sinnlose Geballer ein, ließ die Kalaschnikow zu Boden fallen und presste die Hände auf seinen Bauch. Die Lampe rollte zur Seite, so dass sich der Lichtkegel über den Boden ergoss und seine schwere, zusammengekrümmte Gestalt von unten anleuchtete.
    Ohne Hast trat aus dem Zwielicht ein Mensch hervor mit erstaunlich weichen, fast lautlosen Schritten, obwohl er schwere Stiefel trug. Der Schutzanzug war selbst für seine hünenhafte Gestalt zu weit, so dass man ihn tatsächlich von weitem für einen Bär halten konnte.
    Er trug keine Gasmaske. Der kahlrasierte, von Narben durchzogene Kopf erinnerte an eine ausgetrocknete Wüste.
    Ein Teil seines Gesichts hatte kühne, wenn auch etwas grobe und harte Züge; man hätte es durchaus als schön bezeichnen können, wäre es nicht so totenstarr gewesen, dass Sascha bei seinem Anblick unwillkürlich schauderte. Die andere Hälfte war jedoch schlicht ungeheuerlich zugerichtet: Ein komplexes Geflecht aus Narben machte daraus eine Maske von vollkommener Hässlichkeit. Dennoch hätte sein äußeres Erscheinungsbild wohl eher etwas Abstoßendes denn Furchterregendes gehabt, wären da nicht seine Augen gewesen. Ein ständig umherstreifender, halb wahnsinniger Blick war das Einzige, was diesem unbeweglichen Gesicht Leben verlieh. Ein Leben ohne Seele.
    Der Dicke versuchte auf die Füße zu kommen, doch sackte er gleich wieder zu

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