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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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viele Menschen hier ihre Augen hinter dunklen Gläsern verbargen. Offenbar auch Fremde, dachte er.
    Eine komplett ausgeleuchtete Metrostation war für ihn etwas völlig Neues und Befremdliches. Hier gab es überhaupt keine Schatten. An der WDNCh und an allen anderen Stationen, die er kannte, leuchteten die wenigen Lichtquellen, die es gab, den Raum nie ganz aus. Dafür hatte jeder Mensch dort gleich mehrere Schatten: einen blassen, kränklichen Schatten, den die Kerzen warfen, einen zweiten - blutrot - von der Notbeleuchtung, und einen dritten - schwarz und scharfkantig - von der Taschenlampe. Sie vermischten sich, verschwammen miteinander und mit fremden Schatten, fielen bisweilen mehrere Meter über den Boden, erschreckend, täuschend, Vermutungen und Ahnungen weckend. In der Polis hingegen vernichteten die Tageslichtlampen alle Schatten bis auf einen.
    Artjom blieb entgeistert stehen und sah sich um. Die Borowizkaja befand sich in erstaunlich gutem Zustand. Weder die Marmorwände noch die getünchte Decke zeigten irgendwelche Spuren von Ruß. Überall herrschte Ordnung. Ganz hinten machte sich eine Frau in blauem Overall an einem mit der Zeit dunkel gewordenen Wandbild zu schaffen. Mit Schwamm und Reinigungsmittel schrubbte sie das Relief.
    Die Wohnräume befanden sich hier in den Rundbögen. Nur zwei davon hatte man jeweils als Durchgang zu den Gleisen freigelassen, die anderen waren beidseitig mit Ziegelmauern versehen und hatten sich in richtige Wohnungen verwandelt. Jede hatte einen Eingang, einige sogar echte Holztüren und verglaste Fenster. Aus einer Wohnung drang Musik nach außen, vor manchen Türen lagen kleine Teppiche als Fußabstreifer. So etwas hatte Artjom noch nie gesehen. Diese Räume verströmten so viel Wärme und Geborgenheit, dass ihm ein Stich durch das Herz fuhr und ein Bild aus seiner Kindheit kurz vor ihm aufflackerte.
    Am erstaunlichsten war jedoch, dass sich an den beiden Wänden des Mittelgangs, zwischen den Wohnungen, eine ganze Reihe von Bücherregalen entlangzog. Dies verlieh der Station ein wundersames, fast unwirkliches Aussehen. Es erinnerte Artjom an die Beschreibungen von Bibliotheken in mittelalterlichen Universitäten, von denen er zu Hause in einem Buch gelesen hatte.
    Am einen Ende des Saals führten Rolltreppen zu dem Durchgang zur Station Arbatskaja. Das Sicherheitstor stand offen, und nur ein kleiner Posten war hier aufgestellt. Die Soldaten winkten die Passanten einfach durch, nicht einmal die Dokumente kontrollierten sie.
    Dafür befand sich am anderen Ende, unterhalb des großen Reliefs, ein Militärlager. Feldzelte waren dort aufgeschlagen, und Artjom erkannte auf der Plane das gleiche Zeichen wie auf den Schläfen der Grenzsoldaten. Auf einem fahrbaren Untersatz war eine große Waffe montiert, deren langer Lauf mit trichterförmigem Aufsatz aus der Abdeckung herausragte. Bewacht wurde sie von zwei Soldaten in dunkelgrünen Uniformen, Helmen und kugelsicheren Westen. Das Lager war um eine breite Treppe herum gruppiert, die über eines der Gleise führte. Eine zweite Treppe, die ebenfalls dorthin führte, war komplett mit riesigen Zementblöcken zugemauert worden, und als Artjom auf den herabhängenden Leuchttafeln AUSGANG ZUR STADT las, begriff er den Sinn dieser Vorsichtsmaßnahmen.
    In der Mitte der Station standen einige stabile Holztische, an denen Männer in langen grauen Gewändern aus festem Stoff saßen und sich angeregt unterhielten. Als sich Artjom ihnen näherte, erkannte er verwundert, dass auch sie an den Schläfen tätowiert waren, jedoch nicht mit dem Raubvogelsymbol, sondern mit der stilisierten Zeichnung eines geöffneten Buches sowie darüber eine Reihe senkrechter Striche, die an Säulen erinnerten. Einer der Männer bemerkte Artjoms Blick, lächelte ihm zu und fragte: »Ein Besucher? Zum ersten Mal bei uns?«
    Bei dem Wort »Besucher« zuckte Artjom kurz zusammen, beruhigte sich aber sogleich wieder und nickte. Der Mann, der ihn angesprochen hatte, war nicht viel älter als er, und als er sich erhob, um ihm aus dem breiten Ärmel seines Gewands heraus die Hand zu reichen, stellte sich heraus, dass sie sogar ungefähr gleich groß waren, nur war jener etwas zarter gebaut.
    Artjoms neuer Bekannter hieß Danila. Er erkundigte sich bei Artjom danach, was außerhalb der Polis vor sich ging, welche Neuigkeiten es von der Ringlinie gab und was von den Faschisten und den Roten zu hören war.
    Eine halbe Stunde später saßen sie in Danilas Zuhause, einer

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