Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
glänzende Blätter, ein Gemisch von Gerüchen, so dicht, dass es sogar durch die Filter der Gasmaske drang, der Boden bedeckt von Wurzelgeflecht und kleinen Stämmen, Dornen, Blüten. Einige Wurzeln kamen aus alten, teilweise zerbrochenen Töpfen und Kübeln hervor. Lianen umschlangen und stützten zugleich eine ganze Reihe von Holzschränken, ähnlich denen in der Eingangshalle, jedoch komplett zerfressen von der Feuchtigkeit, wie Danila feststellte, als er eine der Schubladen zu öffnen versuchte.
    »Die Reservekartei«, sagte er zu Artjom und atmete erleichtert auf. »Jetzt ist es nicht mehr weit.«
    Neben ihnen klopfte es erneut an die Tür. Dann bewegte jemand vorsichtig, gleichsam zur Probe, die Klinke. Hastig durchquerten sie den unheimlichen Garten, schoben dabei mit ihren Gewehrläufen Lianen beiseite und traten vorsichtig auf die über den Boden kriechenden Wurzeln. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich noch eine Tür. Zum Glück war sie nicht verschlossen. Ein letzter Korridor - dann blieben sie stehen.
    Sie befanden sich im Magazin, das spürte Artjom sofort. In der Luft stand der Staub unzähliger Bücher. Die Bibliothek atmete ruhig vor sich hin und raschelte kaum hörbar mit Milliarden von Seiten. Artjom sah sich um. Er glaubte, den seit seiner Kindheit geliebten Geruch alter Bücher zu spüren. Fragend blickte er Danila an.
    »Wir sind da«, bestätigte dieser und fügte mit Hoffnung in der Stimme hinzu: »Und?«
    »Naja ... unheimlich.« Artjom begriff nicht gleich, was der andere meinte.
    »Spürst du das Buch? Hier solltest du seine Stimme besser hören können.«
    Artjom schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Sein Kopf war leer wie ein verlassener Tunnel. Nach einer Weile begann er erneut die winzigen Geräusche zu unterscheiden, die das Gebäude der Bibliothek füllten, doch so etwas wie eine Stimme, einen Ruf, vernahm er nicht. Schlimmer noch: Er spürte absolut nichts. Selbst wenn man annahm, dass die Stimme, von der die Brahmanen gesprochen hatten, eine Empfindung ganz anderer Art war, so änderte dies nichts. Er hob die Arme. »Ich höre nichts.«
    Danila schwieg, dann sagte er seufzend: »Na gut ... Versuchen wir eine andere Ebene. Hier gibt es insgesamt zwölf. Wir suchen so lange, bis wir es finden. Mit leeren Händen sollten wir lieber nicht zurückkehren.«
    Über die Betonstufen der Diensttreppe stiegen sie mehrere Stockwerke hinauf. Der Raum dort sah genauso aus wie der erste: mittelgroß, verglaste Fenster, einige Bürotische, der bereits gewohnte Bewuchs an der Decke und in den Ecken sowie zwei in verschiedene Richtungen laufende enge Korridore mit endlosen Regalreihen zu beiden Seiten. Die Decke in diesem Raum und in den Korridoren war niedrig, etwas über zwei Meter. Nach der unglaublichen Weite der Eingangshalle und des Lesesaals hatte Artjom hier ständig das Gefühl, den Kopf einziehen zu müssen. Sogar das Atmen fiel ihm schwerer.
    Die Regale waren mit Tausenden von Büchern vollgestellt. Einige davon schienen bestens erhalten zu sein - offenbar war die Bibliothek so gebaut worden, dass sie sogar in verlassenem Zustand ein besonderes Mikroklima bewahrte. Angesichts des Bücherreichtums vergaß Artjom immer wieder für Augenblicke, warum er eigentlich hier war. Er besah sich die Buchrücken, fuhr ehrfürchtig mit der Hand darüber. Danila hoffte jedes Mal, sein Partner habe endlich gefunden, weswegen man sie hierher geschickt hatte, und störte ihn anfangs nicht. Doch sobald er begriff, was los war, packte er Artjom mit einer heftigen Bewegung am Arm und zog ihn weiter.
    Drei, vier, sechs Korridore, hundert, zweihundert Regale, Tausende und Abertausende von Büchern, herausgerissen aus dem pechschwarzen Dunkel durch einen gelben Lichtfleck, die nächste Ebene, und noch eine - alles vergebens. Artjom spürte überhaupt nichts, was man für eine Stimme halten konnte. Nichts Ungewöhnliches. Er erinnerte sich, dass ihn die Brahmanen bei der Sitzung des Rats für einen Auserwählten gehalten hatten, dass sie glaubten, er besitze eine besondere Gabe und sei vom Schicksal geleitet, während die Offiziere eine ganz andere Erklärung für seine Visionen abgaben: Einbildung.
    Erst in den letzten Stockwerken begann Artjom etwas zu spüren, nur leider nicht das, was er erwartete und wollte. Es war die undeutliche Ahnung, dass jemand da war, ähnlich wie die ihm hinlänglich bekannte Tunnelangst. Obwohl ihnen alle Ebenen, die sie abgesucht hatten, völlig verlassen

Weitere Kostenlose Bücher