Metro2033
vor Anspannung zu schwitzen begannen. Er stieß den Bibliothekar vorsichtig mit der Spitze seines Stiefels an, worauf dieser schwer nach hinten sackte. Er war tot, daran bestand kein Zweifel.
Hastig begann Artjom Danilas Schutzanzug zu öffnen, wobei er versuchte, nicht in dessen blutiges, unförmiges Gesicht zu blicken. Die Kleidung des Brahmanen war bereits mit schwarzem Blut getränkt, das in der kühlen Luft des Magazins dampfte. Artjom musste würgen. Die Brusttasche ... Unbeholfen versuchte er mit den dicken Schutzhandschuhen den Knopf zu öffnen. Hatten diese Handschuhe Danila um jene Minute länger aufgehalten, die ihn am Ende das Leben gekostet hatte?
Von Ferne hörte Artjom deutlich, wie etwas raschelte und nackte Füße einen Gang entlangtappten. Hektisch drehte er sich um, ließ den Lichtstrahl durch die Gänge gleiten. Als er sich überzeugt hatte, dass noch niemand in der Nähe war, kämpfte er weiter mit dem Knopf. Endlich gab dieser nach, und mit klammen Fingern fischte Artjom einen dünnen Umschlag aus grauem Papier aus der Tasche, eingehüllt in eine Plastiktüte, die von einer der Kugeln durchschossen worden war.
Außerdem fand er dort ein blutverschmiertes, rechteckiges Stück Karton, offenbar jenes, das Danila in der Eingangshalle aus der Kartei herausgezogen hatte. Darauf stand in Schreibmaschinenschrift geschrieben: »Schnurkow, N. E.: Bewässerung und Perspektiven des Ackerbaus in der Tadschikischen SSR. Duschanbe, 1965.«
Das Tappen der Füße und ein undeutliches Murmeln waren jetzt ganz nah zu hören. Es blieb keine Zeit mehr. Artjom nahm Danilas Gewehr sowie dessen Taschenlampe, sprang auf und rannte zurück, ohne auf den Weg zu achten, vorbei an unendlichen Reihen von Bücherregalen, so schnell er nur konnte. Er wusste nicht genau, ob er verfolgt wurde. Das Trampeln der eigenen Stiefel und das Pochen des Bluts in seinen Ohren überdeckten alle Geräusche hinter ihm.
Erst als er im Treppenhaus ankam und die Betonstufen hinunterstolperte, fiel ihm ein, dass er nicht einmal wusste, in welchem Stockwerk sich der Ausgang des Magazins befand. Vielleicht konnte er ja, wenn er es bis zum Erdgeschoss schaffte, das Fenster auf dem Treppenabsatz einschlagen und in den Hof hinausspringen. Artjom hielt einen Augenblick inne und blickte nach draußen.
Mitten im Hof standen unbeweglich gleich mehrere dieser grauen Bestien. Sie hatten die Schnauzen erhoben und sahen zu den Fenstern auf - wie Artjom schien, genau zu ihm.
Artjom drückte sich an die Seitenwand und stieg vorsichtig weiter hinab. Nun, da seine Stiefel kein Geräusch mehr machten, hörte er wieder, wie oben über den Beton nackte Füße liefen, immer näher und näher. Panisch hastete er weiter nach unten.
In jedem neuen Stockwerk rannte er aus dem Treppenhaus, versuchte krampfhaft die vertraute Tür zu entdecken, fand sie nicht, stürzte weiter. Immer wenn er irgendwelche Schritte zu hören glaubte, hielt er inne und drückte sich in dunkle Ecken, blickte sich verzweifelt in den fensterlosen, niedrigen Durchgängen um, sprang schließlich wieder auf die Treppe zurück, um ins nächsttiefere Geschoss zu laufen. Dabei war er sich ständig bewusst, dass der teuflische Lärm, den er bei seiner verzweifelten Suche nach dem Ausgang aus dem Labyrinth erzeugte, sämtliche Ungeheuer anlocken musste, die diese Bibliothek bevölkerten. Doch er irrte weiter aufgeregt hin und her, vergeblich und sinnlos, bis er plötzlich, auf einen Treppenabsatz zurückgekehrt, vor einem der eingeschlagenen Fenster eine halb gekrümmte Silhouette erblickte.
Artjom wich zurück, tauchte in den erstbesten Durchgang ein und lehnte sich gegen die Wand. Er richtete das Gewehr auf die Türöffnung, in der der Bibliothekar jeden Moment erscheinen musste, und hielt den Atem an.
Stille.
Entweder wagte es die Bestie nicht, Artjom allein zu verfolgen, oder sie wartete ab, bis er den Fehler beging, sein Versteck zu verlassen. Der Gang führte weiter nach hinten. Artjom dachte eine Sekunde lang nach, dann begann er sich von der Tür zurückzuziehen, ohne sie jedoch aus den Augen zu lassen.
Der Korridor bog um die Ecke. An dieser Stelle gähnte ein schwarzes Loch in der Wand, daneben lag ein Haufen zertrümmerter Ziegelsteine, und der Boden war mit einer dünnen Kalkschicht bedeckt. Einem plötzlichen Impuls folgend, trat Artjom hindurch und fand sich in einem Raum mit völlig demolierter Einrichtung wieder. Der Boden war übersät mit zerfetzten Fotonegativen und
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