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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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so strategisch wichtigen Objekten wie Waffenkammer, Wasserfiltern und Stromgenerator in nichts nach. Sie wurden ständig beobachtet, selbst kleinste Defekte wurden unverzüglich beseitigt, und jegliche Versuche, ihre Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen, sei es in offener Sabotageabsicht oder nur aus Lust am Randalieren, wurden aufs Strengste geahndet, bis hin zur Vertreibung von der Station.
    Es gab ein eigenes Strafgesetzbuch, nach dem die Administration der WDNCh Verbrecher im Schnellverfahren aburteilte, und da sich die Station im ständigen Ausnahmezustand befand, galt dieser Kodex nun immer. Diversionsakte gegen strategische Objekte wurden mit der Höchststrafe geahndet. Auf Rauchen oder Feuermachen auf dem Bahnsteig außerhalb des eigens dafür vorgesehenen Bereichs sowie unsachgemäßen Umgang mit Waffen oder explosiven Stoffen stand unverzügliche Verbannung von der Station sowie Beschlagnahme des gesamten Vermögens.
    Diese drakonischen Maßnahmen erklärten sich dadurch, dass bereits mehrere Stationen bis auf die Grundmauern abgebrannt waren. Das Feuer breitete sich in Windeseile über die Zeltlager aus und verschlang alles ohne Unterschied. Die wahnsinnigen Schreie der Opfer tönten noch viele Monate nach der Katastrophe in den Ohren derjenigen, die an den benachbarten Stationen lebten, und die verkohlten Leichen, verklebt mit geschmolzenem Plastik und Resten von Zeltplane, bleckten ihre von der enormen Hitze geborstenen Zähne im Lampenschein vorbeifahrender Händler oder zufälliger Passanten.
    Damit sich dieses düstere Schicksal an anderen Stationen nicht wiederholte, hatten die meisten von ihnen den fahrlässigen Umgang mit Feuer zum Kapitalverbrechen erklärt.
    Ebenfalls mit Vertreibung bestraft wurden Diebstahl, Sabotage und böswillige Arbeitsverweigerung. Da die Bewohner der WDNCh einander jedoch fast ständig sehen konnten und hier nur etwas mehr als zweihundert Menschen lebten, wurden solche Verbrechen, ja Verbrechen überhaupt, nur selten begangen, und wenn, dann meist von Fremden.
    Auf der Station herrschte Arbeitspflicht, und jeder, alt oder jung, hatte eine bestimmte Tagesnorm zu erfüllen. Ob Schweinefarm, Pilzzucht, Teefabrik, Fleischkombinat, Feuerwehr, Technischer Dienst oder Waffenfertigung - jeder der Bewohner hatte einen, manchmal sogar zwei Arbeitsplätze. Die Männer waren zudem verpflichtet, alle zwei Tage in einem der Tunnel Wache zu halten. Kam es zu Konflikten oder tauchten aus den Untiefen der Metro irgendwelche neuen Gefahren auf, so wurden die Posten verstärkt, und auf den Gleisen stand rund um die Uhr eine kampfbereite Reserve.
    So streng war das Leben nur an sehr wenigen Stationen organisiert, und der gute Ruf, den die WDNCh genoss, zog eine Vielzahl von Menschen an, die sich hier niederlassen wollten. Einen ständigen Wohnsitz gewährte man Fremden jedoch nur sehr selten und ungern.
    Bis zur Nachtschicht in der Teefabrik blieben noch einige Stunden, und da Artjom nicht wusste, was er mit seiner Zeit anfangen sollte, schlenderte er bei seinem besten Freund Schenja vorbei - eben jenem Schenja, mit dem er sich seinerzeit an die Oberfläche gewagt hatte.
    Schenja war gleichen Alters, lebte aber im Unterschied zu Artjom mit seiner wirklichen Familie: seinem Vater, seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester. Dass sich eine ganze Familie ohne Verluste hatte retten können, war ein höchst seltener Fall, und insgeheim beneidete Artjom seinen Freund darum. Natürlich liebte er seinen Stiefvater und hatte großen Respekt vor ihm, selbst jetzt noch, da dieser kurz davor war, die Nerven zu verlieren. Aber er wusste nur zu gut, dass Suchoj nicht sein Vater, ja in keiner Weise mit ihm verwandt war, weshalb er ihn auch nie Vater genannt hatte.
    Suchoj hatte Artjom anfangs selbst gebeten, ihn Onkel Sascha zu nennen. Nun bedauerte er dies. Die Jahre zogen dahin, ohne dass der alte Tunnelwolf es schaffte, sich eine richtige Familie zuzulegen. Er hatte nicht einmal eine Frau, die auf ihn wartete, wenn er von seinen Fahrten zurückkam. Sein Herz krampfte sich zusammen, wenn er Mütter mit kleinen Kindern sah, und er träumte von jenem Tag, an dem er nicht mehr in die Dunkelheit würde gehen müssen, immer im Bewusstsein, für lange Wochen, ja vielleicht für immer aus dem Leben der Station zu verschwinden. Dann, so hoffte er, würde sich eine Frau finden, die bereit wäre, seine Frau zu werden, und es würden Kinder auf die Welt kommen, die ihn nicht mehr Onkel Sascha, sondern Vater

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