Metropolis brennt
müssen.“
„Wir haben nicht mehr viel Zeit“, sagte Mayda leise. „Die Mondsturmzeit beginnt morgen während der Finsternis.“ Sie deutete empor. Die sieben Monde standen eng beisammen. Morgen würden sie zu einem einzigen Schimmer verschmelzen.
Das Zischen aus den Gasporen des Heims war wie die Stimme eines gewaltigen, aber unsichtbaren Ungeheuers.
„Komm weiter“, sagte Tscherlan. „Hab keine Angst.“ Mayda blickte zurück. Das ganze Dorf wartete an den Grenzmarken zur Steuerregion. Es waren dies die rückwärtigen Bereiche des Heims. Der Rand der Welt war nicht fern, und manchmal klafften tiefe Risse in der Außenborke, Schächte, die bis zu den Nesselfäden hinabreichten. Sie dienten zur Flugstabilität des Heims, hatte Tscherlan ihr erklärt. Die Luft war hier etwas reiner, etwas sauberer. Die Steuerer, so wurde gesagt, vertrugen das Halskratzen nicht, das Verunreinigungsspuren anderer Atmosphärenströmungen manchmal hervorriefen. „Beachte sie einfach nicht“, riet Tscherlan. Die Besorgnis in seiner Stimme war unüberhörbar. Mayda spürte die mißtrauische Aura der wartenden Außenweltler. Sie sah nachlässig versteckte Waffen, und sie zweifelte nicht daran, daß man sie benutzen würde, sollte die Stimmüberprüfung durch die Begabtsteuerer nicht das gewünschte Ergebnis erbringen.
Die Steuerer lagen in flachen Mulden und waren durch Hohldorne mit dem Stoffwechselsystem des Heims verbunden. Sie lauschten den Gedanken der Welt. Sie gaben Blut und erhielten dafür Kontrolle über die Steuermechanismen des Heims: die großen Gasdüsen am rückwärtigen Teil, die Steuerhäute an der Unterseite des „Bugs“ und die Gaskammern tief im Innern des Leibs, die den Auftrieb verstärken oder vermindern konnten. Es war eine komplizierte Aufgabe, das Heim genau in der Mitte der Warmspur zu halten. Sie erforderte große Erfahrung und behutsamen Umgang mit der Bittstimme. Nicht weit von der Steuerregion entfernt befand sich die Nebelzone. Irgendwo im Innern der umherschwebenden und sich niemals lichtenden Schlieren befand sich das Heimhirn, eine verbotene Zone für alle Außenweltler, selbst die Steuerer.
Tscherlan blieb stehen und preßte Mayda an sich. „Wir sind da“, sagte er. Der Steuerer in der Mulde zu ihren Füßen öffnete die Augen.
Es waren rote Ovale. „Ich weiß. Die Weisen haben uns unterrichtet. Bist du bereit, Mayda?“
Sie erzitterte unwillkürlich. Zuviel hing von der Prüfung ab. Und sie spürte, daß ihr nicht mehr viel Zeit blieb. „Ja, ich bin bereit.“
Sie hockte sich nieder. Und verspürte fast im gleichen Augenblick einen kalten Hauch nahe ihren Gedanken. Wehr dich nicht, sagte eine Flüsterstimme. Laß mich in dein Ich schauen. Da waren noch andere Stimmen, aber sie sprachen nicht zu ihr. Die Kälte breitete sich aus, sie erschauerte. In der Ferne – vielleicht in einer anderen Welt – spürte sie eine Berührung an ihrer Schulter. Tscherlan wahrscheinlich. Sie konnte nichts erkennen. Finsternis war vor ihren Augen.
Oh, du bist stark, sagte die Flüsterstimme. Und du kennst deine eigene Kraft nicht. Paß jetzt auf, Mayda. Wir Steuerer haben Kontakt zum Heim. Ich werde dein Ich mitnehmen. Du kannst zum Heim sprechen. Dann werden wir wissen, ob du eine Prophetin bist. Oder eine Dunkle.
Mayda ließ sich fuhren, und bald schon wurde die Kälte von Wärme verdrängt. Die Gegenwart des Heims. Sympathie und Zuneigung und Zärtlichkeit. Aber auch Angst und Furcht und zunehmende Besorgnis.
Wieder erschien das Bild vor ihren inneren Augen: sieben emporkletternde Monde, die schließlich eine lange Reihe bildeten, was vom Heim aus betrachtet die Illusion schuf, sie
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