Metropolis brennt
schrill. „Welch eine Ironie des Schicksals! Auch ich sterbe. Aber ich bin fruchtbar. Oh, welche Chance haben wir vertan! Ich hätte Kinder zur Welt bringen können, die ebenfalls Propheten sind. Und in den kommenden vierhundert Zyklen hätten sich Innen- wie auch Außenweltler an unser Anderssein gewöhnen können.“
Sie richtete sich halb auf. Ihre gelben Augen strahlten nun. „Werde zu einem Botschafter, Tscherlan. Du kennst nun die Geschichte. Sorg dafür, daß die Gefahren der Mondsturmzeit nicht noch einmal vergessen werden. Das nächste Mal müssen Innen- und Außenwelt vorbereitet sein. Dann braucht niemand zu sterben, und auch das Heim ist sicher. Sorg dafür, daß die nächste Prophetin nicht auf Ablehnung stößt wie ich. Lege den Grundstein für eine entsprechende Legende …“
Sie hustete, riß die Augen auf und starb lautlos. Tscherlan weinte stumm, richtete sich auf und verließ die Nebelzone. Zurück blieb die Leiche Maydas.
Bald eilte ihm ein Außenweltweiser entgegen.
„Wir haben es geschafft!“ rief er. „Wir haben es geschafft. Die Gefahr ist abgewehrt. Die Beschwörung der Dunklen war nur teilweise wirksam.“
„Mayda ist tot“, sagte Tscherlan leise.
„Oh, dann wissen wir jetzt auch, warum wir alle mit dem Leben davongekommen sind.“
Tscherlan deutete auf die Nebelzone. Langsam zogen die weißgrauen Schlieren dahin. „Ich war dort. Ich habe zugesehen, wie Mayda starb. Das Heim hat zu mir gesprochen. Ich bringe eine Botschaft …“
Malte Heim
Die Entfernung von der Erde
Prolog
Nie war eine Insel von einem gewaltigeren Meer umgeben. Je länger wir es erforschten, desto mehr wurde uns seine Schönheit offenbart; und wir selbst wuchsen in der Erkenntnis seiner Größe.
Wir lernten, aus seiner scheinbaren Feindschaft den Großmut und aus seinen Gefahren – die nicht in seiner, sondern in unserer Natur begründet waren – das Versprechen herauszulesen. Wochen- und monateweit sandten wir unsere Erkundungsschiffe aus, und stets kamen sie mit Beweisen noch unvorstellbarerer Entfernungen, noch unerwarteterer Möglichkeiten zurück.
Die Weite empfing uns wie eine schöne Frau, die an Anmut und Liebesfähigkeit zunimmt, je mehr man sie kennenlernt.
Sie gab uns, was immer wir artikulieren konnten – Nahrung und Kraft, Licht und Wissen, Leben und Liebe – im Übermaß. Sie trug unsere Kinder aus, lehrte sie ihre Geheimnisse, verlängerte ihr Leben und mehrte ihre Freude daran.
Längst schon hatten wir jene befriedigt, die auf unsere Schulden bei ihnen pochten; hatten ihre Abgesandten auf der Insel empfangen und ihnen festliche Tage bereitet. Wir weckten ihren Wunsch wiederzukommen und luden sie ein, ihre Freunde und Familien mitzubringen. Wir boten allen eine Zuflucht an, die ihrer Heimat überdrüssig geworden waren und an ihr krankten.
Wir schlugen vor, neue Inseln zu errichten, auf denen die Merkmale der Heimat besser ausgeprägt sein sollten. Schließlich nahmen wir alle bei uns auf, die in Freundschaft kamen, und versuchten jene von ihrem Unrecht zu überzeugen, die mit Forderungen oder Vorwürfen kamen.
Aber sie gaben keine Ruhe, die Mütter und Väter – sie bemängelten, wo keine Not herrschte, mahnten, wo sie ihre Rechte verloren hatten, und tadelten, wo wir sie übertroffen hatten.
Jedoch, wir sind gute Beobachter, und so blieb uns nicht verborgen, daß die Heimat stirbt. Im Todeskampf versucht sie, uns mit sich zu reißen.
Wenn sie nicht von dem unsinnigen Anspruch der Macht über uns läßt, wenn sie uns den Wunsch nach Selbständigkeit weiter abschlägt – und wenn sie uns mit Krieg drohen sollte –, sind wir bereit zu handeln.
1
Er ging zum Vidifon und wählte
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