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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ehe­ähn­li­chen Ge­mein­schaft oder ei­ner ver­gleich­ba­ren Be­zie­hung zu ei­ner Per­son.
    Er war al­lein, er hat­te nie­man­den. Er war al­lein in die­ser großen Stadt. „Blut“, dach­te er, „in den Städ­ten ist nur Blut.“ Aber doch, er hat­te …
    Mit zit­tern­den Fin­gern fühl­te Han­sen nach dem Stück Pa­pier in sei­ner Ta­sche, zog es her­vor, ent­fal­te­te es wie ein Hei­lig­tum. Knips­te sein Feu­er­zeug an, las mit be­ben­den Lip­pen:
     
    IN­HALTS­VER­ZEICH­NIS
     
    1 Spar­buch. Kon­to­stand: DM 7583,10
    1 Zu­las­sungs­be­scheid zum Stu­di­um an der Bis­marck-Uni­ver­si­tät
    je 1 Ra­sier­ap­pa­rat, Zahn­bürs­te, Zahn­pas­ta, Hand­tuch
    1 Ta­fel Scho­ko­la­de
    1 Por­te­mon­naie. In­halt: DM 152,19
    so­wie ei­ne Fahr­kar­te zwei­ter Klas­se zum Stu­dien­ort
    je 1 Per­so­nal­aus­weis, Rei­se­paß, Füh­rer­schein, Iden­ti­täts­kon­troll­kar­te auf den Na­men: Han­sen, Her­bert.
     
    Geld und ein Zu­las­sungs­be­scheid! Er hat­te et­was, er hat­te ei­ne Zu­kunft, ei­ne Zu­kunft! Viel­leicht hat­te er kei­ne gu­te Ver­gan­gen­heit ge­habt, aber er hat­te ei­ne Zu­kunft, im­mer­hin, ei­ne Zu­kunft!
    „Die Hand­ge­lenk­ta­sche!“ durch­zuck­te es Han­sen.
    Die Hand­ge­lenk­ta­sche bau­mel­te an sei­ner Hand, war ein­fach da. In­stink­tiv und un­be­wußt muß­te er sie um­klam­mert ge­hal­ten ha­ben, die gan­ze wir­re Zeit hin­über, als Ga­rant sei­ner Zu­kunft. Er öff­ne­te sie ei­lig.
    Es war al­les da, wie es das In­ven­tar­ver­zeich­nis ver­sprach.
    Ein hei­ßes Ge­fühl von Dank­bar­keit durch­flu­te­te Han­sen. Er fühl­te sich ru­hi­ger, ge­wann ver­lo­re­ne Kraft zu­rück.
    „Ich ha­be ei­ne Zu­kunft!“ sag­te er laut und ent­schlos­sen, als woll­te er sich selbst Mut ma­chen in der Dun­kel­heit, die ihn um­gab.
    Er er­hob sich, wan­der­te wei­ter, über die Trüm­mer, zur Stra­ße, zu den Men­schen mit ih­ren Licht­punk­ten, zum Bahn­hof, zum Zug, ins Ab­teil.
    Dort schlief er er­schöpft ein, träum­te einen be­weg­ten Traum von sei­ner Zu­kunft. Von sei­ner Zu­kunft in der an­de­ren Stadt.
    Nach­rich­ten wur­den über­tra­gen ins Ab­teil. Sie be­rich­te­ten von ei­nem Auf­ruhr in der Stadt und von ei­ner Selbst­mör­de­rin, die als die Theo­lo­gie­stu­den­tin Mo­ni­que Tu­ren­ne iden­ti­fi­ziert wor­den war.
    Aber Han­sen schlief. Er träum­te von sei­ner Zu­kunft.
    Ihm ge­gen­über, auf der nack­ten Wand des Ei­sen­bahn­ab­teils, hat­te ein Un­be­kann­ter ge­schrie­ben:
     
    GROS­STADT
    WO SIND DEI­NE BLU­MEN?
    AUF DEN GRÄ­BERN.

 
Martin Eisele
Und früh kommt der Win­ter
     
    Ei­ne ge­mei­ne Angst steck­te in je­der Fa­ser sei­nes Kör­pers und lau­er­te un­ter der trü­ge­ri­schen Ober­flä­che aus va­gem Selbst­be­wußt­sein, das ihm die bei­den ro­sa­ro­ten Pil­len ver­schaff­ten. Seit acht­zehn Mi­nu­ten war er ein Ver­bre­cher an der Ge­sell­schaft, denn er hat­te sich skru­pel­los ge­nom­men, was sich die Ar­bei­ten­den, die Nor­ma­len müh­sam ver­die­nen muß­ten. Er hat­te den Ener­gie­schirm aus­ge­trickst und war oh­ne Be­rech­ti­gungs­schein in den zen­tra­len Stadt­wald ein­ge­drun­gen …
     
    Die Ru­he vor dem Sturm
     
    Win­ter­wald im Mai, Zau­ber­wald, Mär­chen­wald …
    Er sah das glit­zern­de, iri­sie­ren­de Weiß, das kein rich­ti­ges, kein rei­nes Weiß mehr war, son­dern ein schmut­zi­ges Ba­stard-Weiß mit Rot-, Oran­ge- und Gelb­hauch und Vio­let­tup­fern, da­zwi­schen die Grauschlei­er und Schat­ten von Bäu­men und von Bo­den­stel­len, auf de­nen kein Schnee lag, und er spür­te, wie sich die Wir­kung der bei­den Pil­len mit der Kraft ei­nes sich schlie­ßen­den Schraub­stocks sta­bi­li­sier­te. Er sah al­les ver­zerrt, sah grel­le Kitsch­bil­der von ei­ner Kit­sch­land­schaft, die kei­ne Kit­sch­land­schaft war. Ir­gend et­was re­bel­lier­te da­ge­gen, pro­tes­tier­te, schrie ihn ver­zwei­felt an, daß an sei­ner Um­ge­bung nichts Kit­schi­ges sei, daß die bei­den Pil­len dar­an schul­dig wa­ren, daß er sie des­halb nicht mehr rich­tig er­fas­sen, nicht mehr rich­tig ge­nie­ßen konn­te. Al­les um­sonst. Wo­chen­lan­ge

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