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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Vor­be­rei­tun­gen auf die­sen einen Tag, auf den Tag im Stadt­wald, al­lein mit Mir­ja. Al­les um­sonst. Die Stim­me weh­te da­von, er wur­de ab­ge­lenkt vom Ge­räusch, das Mir­jas und sei­ne Schrit­te mach­ten.
    Er kon­zen­trier­te sich auf die Nä­he des Mäd­chens, das an sei­ner Sei­te ging, lausch­te dem Knir­schen des Schnees, dem fei­nen Pras­seln von nachrie­seln­den Kru­men und Kör­nern. Ein neu­er Schritt: wie­der Knir­schen, als die hart­ge­fro­re­ne Schnee­de­cke brach, wie­der Rie­seln und Pras­seln, lei­se, sanft, ge­spens­tisch. Zu­rück blie­ben Schritt­spu­ren, bi­zarr ge­form­te Mul­den.
    Auch Mir­ja hat­te zwei Pil­len ge­schluckt, ei­ne für Selbst­be­wußt­sein/Mut, die an­de­re, um die­ses Er­leb­nis to­tal­in­ten­siv aus­kos­ten zu kön­nen. Selbst­be­wußt­sein und Mut brauch­ten sie bit­ter nö­tig, denn es war ge­fähr­lich, oh­ne Be­rech­ti­gungs­schein in den zen­tra­len Stadt­wald ein­zu­drin­gen. Die Jä­ger schlie­fen nicht. Mit der an­de­ren Pil­le hat­te sie of­fen­bar ge­nau­so­viel Pech wie er. Dies be­griff er, als er ihr einen schnel­len, schüch­ter­nen Sei­ten­blick zu­warf und ih­re un­gläu­big ge­wei­te­ten Au­gen sah, ih­ren star­ren Blick. Sie schwieg, hing ih­ren Ge­dan­ken und Ge­füh­len nach, ge­nau wie er, doch er spür­te das fei­ne Kris­tall­si­ckern, das sich in ihr wand, den bit­ter­ge­färb­ten Hauch von Weh­mut, der sie ei­ner sanft­gol­de­nen Au­ra gleich um­hüll­te. Ob sie auch Angst hat­te – trotz der Pil­len? Oder wirk­ten sie bei ihr doch bes­ser?
    „Ge­hen wir schnell ge­nug?“ frag­te sie. „Du hast ge­sagt, wir müs­sen uns stän­dig be­we­gen, da­mit sie uns nicht auf­spü­ren kön­nen.“
    Er schluck­te, ver­dräng­te die Angst, die sei­ne Stim­me ris­sig und kräch­zend ma­chen wür­de. „Al­les in Ord­nung. So schnell sind sie oh­ne­hin nicht.“
    Sie wand­te ihm ihr Ge­sicht zu, ein fein­ge­schnit­te­nes, zar­tes, blei­ches Ge­sicht mit großen, aus­drucks­star­ken brau­nen Au­gen, von lan­gen, dun­kel­brau­nen Haa­ren um­ge­ben, in de­nen ein sanf­ter, küh­ler Wind spiel­te.
    „Es ist un­heim­lich.“
    „Du bist öf­ter al­lein als ich“, sag­te er fast bis­sig. „Du hast nicht im­mer die­se lär­men­den, jam­mern­den, schrei­en­den, heu­len­den an­de­ren um dich her­um. Den Ge­stank der Kran­ken und Apa­thi­schen und Ster­ben­den. Du müß­test die Stil­le viel bes­ser ver­kraf­ten kön­nen.“
    „Es ist nicht we­gen der Stil­le, son­dern weil die Tie­re nicht ein­ge­schal­tet sind.“ Sie zö­ger­te, sprach dann wei­ter: „Weißt du, Vharn, ich war schon ein­mal hier. An ei­nem Sonn­tag, of­fi­zi­ell. Ich hat­te einen Be­rech­ti­gungs­schein, weil ich zwei Wo­chen lang un­un­ter­bro­chen mein Prod­ma­xi­mum er­füllt ha­be. Zwei Wo­chen lang je­den Tag elf Stun­den Ar­beit, kein frei­es Wo­chen­en­de, da­für al­ler­dings je­den Abend einen Grup­pen­aus­flug in den Ver­gnü­gungs­be­zirk der Stadt, um das ver­dien­te Geld wie­der aus­zu­ge­ben. Dienst an der Ge­sell­schaft, du weißt schon. Da­mals ha­be ich noch im Staats­amt für Com­puter­fra­gen ge­ar­bei­tet. Ich woll­te un­be­dingt in den Wald. Ich woll­te se­hen, wie es frü­her ein­mal war. Die Bäu­me, die Sträu­cher und Bü­sche, das Dickicht, Dor­nen­ran­ken, den Wald­bo­den … Ich woll­te die Wald­luft rie­chen und schme­cken. Und na­tür­lich die Tie­re se­hen. Vor al­lem die Tie­re. Sie wa­ren so echt, Vharn. Rich­ti­ge Eich­hörn­chen sind die Bäu­me hin­auf­ge­flitzt, rich­ti­ge Vö­gel sind im Dickicht her­um­ge­flo­gen oder auf dem Bo­den um­her­gehüpft, sie ha­ben ge­zwit­schert. Es war ein un­be­schreib­lich schö­nes Er­leb­nis. Es war still und doch nicht still, weil es da all die­se klei­nen Ge­räusche ge­ge­ben hat. So­gar ein Ru­del Re­he ha­be ich ge­se­hen.“
    „Aber al­le Tie­re wa­ren nur Vi­sio­nen. Ho­lo-Vi­sio­nen. Drei­di­men­sio­nal – aber eben nur Vi­sio­nen. Ein Bluff.“
    „Ja, ich weiß, das mei­ne ich ja.“ Sie nick­te eif­rig. „Ich ha­be die­se Ho­lo-We­sen ge­se­hen und ge­hört, ich ha­be ih­re Le­ben­dig­keit ge­spürt, und sie wa­ren so

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