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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Bü­ro­kra­ten sind eben­falls ein­ver­stan­den – sie al­ler­dings mehr der Form hal­ber und weil sie gar kei­ne an­de­re Wahl mehr hat­ten. Die Macht geht vom Vol­ke aus – bei uns ist das so.“
    „Ihr seid Füh­len­de, das macht den Un­ter­schied aus. Ihr seid ei­ne Art neue Mensch­heit, des­halb wä­re es trau­rig, wenn bei euch …“
    Er un­ter­brach sie im­pul­siv. „Ei­ne neue Mensch­heit – Un­sinn! Wir sind ei­ne ster­ben­de Mensch­heit. Das Sinn­bild der ster­ben­den Mensch­heit. Des­halb has­sen uns eu­re Volks­ver­tre­ter ja. Wir sind Füh­len­de, das stimmt, und wir sind häß­lich, wir sind krank. Durch un­se­re Exis­tenz wird den re­gie­ren­den Vor­den­kern der Stadt der Spie­gel vor­ge­hal­ten … So wird es euch oder eu­ren Kin­dern auch er­ge­hen. Seht sie euch an, die Krüp­pel, sie sind eu­er Werk … Ihr habt die Er­de ver­gif­tet – und die Fre­aks sind das Re­sul­tat. Frü­her oder spä­ter wer­det auch ihr oder eu­res­glei­chen so en­den. Und Mir­ja – glau­be ja nicht, daß es ei­ne Gna­de Got­tes ist zu füh­len. Das ist es nicht. Ich wür­de be­den­ken­los mit je­dem Nor­ma­len tau­schen, wenn ich da­für sei­nen Kör­per be­kom­men wür­de. Ich …“ Er be­griff plötz­lich, was er da ge­sagt hat­te, und er schäm­te sich. Nein, er wür­de nicht tau­schen. Er riß sich zu­sam­men und ging wei­ter. Der Trotz flamm­te in ihm hoch und erstarb wie­der. Mir­ja war kein Feind, kei­ne Geg­ne­rin.
    Er lä­chel­te und wech­sel­te das The­ma. „Sil­ber­wei­ße und schat­ti­ge Spee­re wach­sen vom Him­mel.“ Er sag­te es lei­se, sanft, als er sie wie­der an sei­ner Sei­te wuß­te.
    Er­stau­nen spie­gel­te sich in ih­rem Ge­sicht, dann lä­chel­te sie. „Ich ha­be die Eis­zap­fen ge­meint.“
    Er nick­te be­hut­sam und dach­te an die Jä­ger. Mir­ja und er wa­ren in den letz­ten Mi­nu­ten lang­sa­mer ge­wor­den, zu sehr auf ih­re Un­ter­hal­tung kon­zen­triert. Ein Feh­ler.
    Die Käl­te hat­te zu­ge­nom­men, und sie wür­de im­mer schlim­mer wer­den, ihn um­hül­len, in ihn ein­drin­gen, ihn läh­men, ihn zit­tern las­sen, je län­ger er ihr aus­ge­setzt blieb. Er war sie nicht ge­wohnt, konn­te ihr kaum trot­zen. Nicht ein­mal der Pro­grav konn­te das. Vharn be­weg­te die Fin­ger. Sie fühl­ten sich klamm und ge­fühl­los an, trotz des Dop­pelp­ne­um-An­zugs. Die bun­ten Far­ben wir­bel­ten und spiel­ten ihr ver­wir­ren­des Spiel: Sie flim­mer­ten und tanz­ten. Ei­ne mo­di­sche Spie­le­rei.
    Mir­ja er­griff sei­ne Hand und drück­te sie zärt­lich. „Poet und Träu­mer und jetzt auch noch ein Ra­di­ka­ler. Ei­ne in­ter­essan­te Mi­schung.“
    „Es ist schlimm mit mir, ich weiß.“ Er er­war­te­te kei­ne Ant­wort, son­dern sprach einen plötz­li­chen Ge­dan­ken aus: „Die­se Käl­te … Viel­leicht ha­ben sie den Win­ter aus ganz an­de­ren Grün­den so bald kom­men las­sen. Nicht we­gen der Pro­du­zen­ten, nicht we­gen der Wirt­schaftssank­tio­nie­rung, son­dern we­gen der be­vor­ste­hen­den De­mons­tra­tio­nen.
    Wenn sie die­sen Teil des Wal­des ab­hol­zen, dann wird es – wie du ge­sagt hast – Är­ger ge­ben, ganz be­stimmt. So­gar oh­ne un­se­ren Pro­vo­ka­ti­ons-Spa­zier­gang hier. Die Leu­te las­sen sich das nicht ge­fal­len. Man kann die Na­tur nicht durch Hart­plas­tik­bäu­me er­set­zen.“
    Die Käl­te ein­set­zen, um die De­mons­tran­ten zu Hau­se zu hal­ten. Der Ge­dan­ke setz­te sich in sei­nem Be­wußt­sein fest.
    Mir­ja sag­te: „Sie ha­ben Bak­te­ri­en ge­gen Men­schen ein­ge­setzt, Atom­bom­ben und Neu­tro­nen­bom­ben. Wes­halb soll­ten sie da­vor zu­rück­schre­cken, das Wet­ter für sich zu nut­zen? Sie ha­ben die Macht da­zu, es gibt ei­ne lo­gi­sche Be­grün­dung da­für, es zu tun, al­so tun sie es.“ Sie hat­te of­fen­bar noch nicht dar­an ge­dacht, und jetzt lie­ßen sie der Schre­cken und der Zorn ei­sig kalt wer­den.
    Vharn starr­te auf die Eis­zap­fen. Sie wa­ren tat­säch­lich wie Spee­re, die vom Him­mel wuch­sen. Von den kräf­ti­gen, knor­ri­gen Äs­ten ei­ner ho­hen Tan­ne hin­gen sie her­un­ter, zu­sam­men­ge­wach­sen, blin­kend, blit­zend – Dut­zen­de. Es gab

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