Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
anzusehen? Allein würde es mir wenig Spaß machen, aber ich brenne darauf, mir die Meisterwerke anzuschauen. Mr. Hollister ist berühmt für seine Sammlung.“
    Gordell wandte sich der Sprecherin zu.
    Sie war sehr jung; sie lächelte warm und verlockend. Ihre violett geschminkten Lippen harmonierten mit dem kurzen, mauvefarbenen Kleid, das einen tiefen, runden Ausschnitt hatte.
    Ihr Gesichtsausdruck erinnerte ihn an ein bittendes Kind, als sie fortfuhr: „Seien Sie so lieb und gehen Sie mit mir – bitte. Ich zeig’ Ihnen auch einen geheimen Aufgang zur Empore.“
    „Wenn Sie es sich so sehr wünschen“, erwiderte er, „werde ich Sie gerne begleiten.“
    Ihre Augen leuchteten dankbar auf, sie drehte sich um, strebte dem Ausgang des Raumes zu, und er folgte ihr.
    Sie schien sich im Hause des Notars gut auszukennen, wand sich geschickt durch die Gruppen von Gästen, nickte rechts und links, immer lächelnd, und sah sich nicht ein einziges Mal nach Gordell um.
    Schließlich landeten sie in der Garderobe, die er schon kannte.
    Endlich wandte sie ihm wieder ihr Gesicht zu und sagte: „Eigentlich ist der erste Stock für Gäste tabu – aber man wird für uns eine Ausnahme machen, glauben Sie nicht?“
    „Wer sind Sie?“ fragte er.
    „Die unbedeutende Tochter eines wichtigen Mannes“, erwiderte sie, „aber er ist krank, und bald werde ich es sein, deren Name in den Zeitungen steht – Sie dürfen mich Lydia nennen.“
    Ohne Zögern trat sie auf einen der mächtigen Kleiderständer zu, griff zwischen Jacken und Mänteln hindurch, der überladene Koloß aus gedrechseltem Eichenholz knarrte, drehte sich gemächlich zur Seite und gab eine rundbogige Tür frei, hinter der ein Treppenaufgang lag.
    Lydia stieg die Holzstufen hinauf.
    Ihr Kleid war sehr eng. Es reichte nur bis zur halben Höhe der Oberschenkel und rutschte bei jedem Schritt noch höher. Die wohlgerundeten, der Mädchenform noch nicht entwachsenen Beine gefielen Gordell ausnehmend gut, und er ließ seiner Führerin einen angemessenen Vorsprung, um sie ausgiebig betrachten zu können.
    Die Inhaberin dieser ansprechenden Formen verstand es zudem, sie gefällig zu bewegen. Das Beugen und Strecken ihrer Schenkel floß auf ergötzliche Weise in die makellose Rundung des Hinterteils ein, die das Thema Junge Frau beim Treppensteigen’ gewissermaßen in Form einer Kadenz abschloß und vollendete.
    Auf dem oberen Treppenabsatz blieb das Mädchen unvermittelt stehen, und Gordell drängte sie leicht zu Seite, um von den Stufen fort zu kommen.
    Lydia schaute zurück, vergewisserte sich, daß der Garderobenständer an seinen alten Platz zurückgeschwungen war, und warf einen nervösen Blick auf das vor ihnen liegende Stück der Galerie.
    „Erwarten Sie etwas Bestimmtes?“ fragte Gordell.
    Anstelle einer Antwort drehte sie sich heftig nach ihm um. Er sah ihre geweiteten Augen dicht vor seinem Gesicht. Dann umschlang sie ihn mit den Armen, drückte ihn fest an sich und beugte den Kopf zurück. „Küssen Sie mich“, flüsterte sie und öffnete die Lippen.
    Dieser Mund zog ihn beinahe gewaltsam an; er näherte sein Gesicht dem ihren, um ihrem Wunsch nachzukommen, als ihn eine Bewegung ihrer Hände an seinem Unterleib irritierte.
    Überrascht und erschrocken bemerkte er, wie sie sich zwischen seinen Beinen zu schaffen machte. Er schob seine Hände vor ihren Bauch, um sie von sich zu drücken – aber sie preßte sich mit unerwarteter Kraft gegen ihn.
    Es gelang ihm nicht, ihren Händen zu entkommen. Plötzlich schoß ein greller Schmerz in seinen Hoden auf und setzte sich bis in den Kopf hinauf fort.
    Er wollte schreien, aber seine Stimmbänder schienen ebenso kraftlos wie die Muskeln seiner Beine zu sein. Er rang um Luft, der Schmerz wurde unerträglich.
    Vor seinen Augen breitete sich Dunkelheit aus.
     
5
     
    „Was geht hier vor?“ fragte eine Stimme, die durch dicke Watteschichten zu kommen schien.
    Gordell bemühte sich zu antworten, daß er es nicht wußte, aber er hatte vollauf damit zu tun, Atem zu schöpfen. Er hatte das Gefühl, in einer Pfütze aus geschmolzenem Blei zu sitzen. Die Hitze verschmorte ihn von unten her, die aufsteigenden Dämpfe raubten ihm die dringend benötigte Luft und bewirkten, daß er nichts deutlich sehen konnte.
    Aber allmählich konnte er wieder atmen. Die Schleier vor seinen Augen wurden lichter, und er erkannte die Gestalt Nirenes.
    Sie stand wenige Schritte vor ihm und sprach in verächtlichem Ton zu seiner Peinigerin:

Weitere Kostenlose Bücher