Metropolis brennt

wenig Lust, deinen unausgesprochenen Vorwurf, kein Idealist zu sein, zu widerlegen. Jedenfalls drängten nach Auflösung der alten Systeme hervorragende Experten aus Großbanken und Geheimdiensten in die neuen Ställe. Ich kannte einige von ihnen von früher her – sie sind wirklich unbezahlbar –, und so wies ich sie in die modernen Methoden ein. Aus Dankbarkeit ermöglichten und förderten sie im Verein mit meinen diversen Arbeitgebern die Verwirklichung meiner fixen Idee.“
    „Du kannst eine Menge für mich tun, Larkos“, sagte Gordell, „und ich bitte dich nochmals, mir zu helfen.“
    Der Angesprochene schwieg und klopfte einige Male mit dem Messer auf den Tellerbuckel. „Ich glaube, ich habe die Aufmerksamkeit des Hauses gefunden“, sagte er endlich, legte das Messer weg und fuhr mit den Fingern unter dem Tellerrand entlang.
    Plötzlich klappte der Buckel zur Seite und gab eine kleine, ovale Höhlung frei.
    Larkos fischte zwei hauchdünne, halbdurchsichtige Kunststoffplättchen aus ihr, nahm sie behutsam zwischen zwei Fingerspitzen, hielt sie hoch gegen das Licht und betrachtete sie einige Sekunden lang mit gerunzelter Stirn.
    „Das sind Genkarten“, murmelte er und warf einen prüfenden Blick auf Gordell, „sie tragen deine Signatur. Sie sind identisch – nein, nicht ganz. Hier ist ein deutlicher Unterschied. …“ – er stieß mit dem Zeigefinger mehrmals auf die Plättchen – „… und eine Kennzeichnung.
    Gordell, meine Dienststelle hat mir soeben mitgeteilt, daß du versucht hast, den Service zu betrügen. Du hast einen verbotenen Sender in einen Klon implantiert. Für wen war die Sendung bestimmt?“
    Gordell hatte diese Entwicklung fassungslos verfolgt. Seine Stimme war vor Furcht unsicher, als er erwiderte: „Der Klon sollte in eine Raumkolonie fliegen. Ich hoffte, mit seiner Hilfe die wahren Hintergründe der verschlechterten Beziehung … Ich wollte meinen Lesern den tatsächlichen Sachverhalt aufdecken – ich kann nicht glauben, daß die Menschen in den Habitaten kriegerische Absichten …“
    In diesem Moment öffnete sich die Tür.
    Mr. Minopoulos kam herein und sagte: „Entschuldigen Sie, Mr. Vastenate – eine Vidifon-Botschaft für Sie ist eingetroffen. Der Notar Sassan Hollister bat mich, Ihnen mitzuteilen, daß ihn Ihre Sendung erreicht hat. Leider scheint dieser Erfolg mit einem Todesfall verbunden gewesen zu sein; Mr. Hollister läßt Ihnen ausrichten sein Beileid.“
     
4
     
    Sassan Hollisters Jahresparties zogen immer eine Menge Leute in seine labyrinthische Villa am Stadtrand.
    Gesindel war darunter, das sich schamlos unter die vornehme Gesellschaft mischte, ebenso wie diese sich verächtlich und lüstern zugleich unter dem anregenden Gesindel bewegte.
    Das war es, was diese Gesellschaften so beliebt machte, und niemand – am wenigsten Sassan selbst – wäre auf die Idee gekommen, Einspruch gegen die zahlreichen und vielfältigen Regelverstöße zu erheben, die hier bereits Tradition waren.
    Der Club Terranischer Erzpatrioten war genauso vollzählig versammelt wie die Vereinigung Ehemaliger Weltraumaussiedler und natürlich der gesamte Stab der Kurtisanen und Lustknaben Hollisters, über deren genaue Zahlen niemand informiert war, obwohl Spekulationen darüber einen großen Teil der Nachrichten in der Tagespresse und sogar im Tele-Vidi ausmachten.
    Larkos Benim, eines der Gründungsmitglieder der Erzpatrioten, unterhielt sich eben mit Nirene Castelan aus Sassans Harem über gewisse Variationen und Bereicherungen des Geschlechtsaktes bei verminderter oder aufgehobener Schwerkraft, als Gordell Vastenate zu ihnen trat.
    Nirene war die jüngste unter den Mätressen des Notars und hatte ein ovales, unauffälliges Gesicht. Sie trug ein enganliegendes Wickelkleid aus taubengrauem, schwach changierendem Material, das ihren schlanken, ebenmäßigen Körper vom Hals bis zu den Knöcheln umgab – aber keineswegs verhüllte.
    Zwischen den Windungen der handbreiten Stoffbahnen waren ebenso breite Abstände, so daß ihre Haut in diagonalen Streifen sichtbar war. Diese Stoffspirale wurde durch silberne Kettchen davor bewahrt, sich von ihrer Trägerin abzuwickeln. Auf diese Weise erhielt das Auge des Betrachters die lustvolle Aufgabe gestellt, die unsichtbaren Hautpartien in der Phantasie zu ergänzen.
    Gordell kam dieser Aufforderung automatisch und mit großem Eifer nach, als er sich den beiden näherte, und bemerkte so erst reichlich spät, daß Nirene ihm freundlich