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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Wupperbecken wateten, ein schmutziges Taschentuch vor der Nase, verdreckt und schwitzend, den Gestank faulender Abfalle auf der Zunge? Wir sind schließlich irgendwo wieder an Land gekrabbelt, in einer sicheren Ecke, wo die Autowracks sich türmten und ein halb im Schlamm vergrabener Laster lag, obwohl du inzwischen auf die Schnauze gefallen warst und mich angefleht hattest, ich solle alleine weitergehen. Aber das konnte ich einem wie dir nicht antun, Van Damm; nicht dir, mit dem ich jahrelang im Untergrund war und von dem ich die besten Überlebenstips bekommen hatte. Wir würden entweder beide durchkommen oder zusammen draufgehen, sagte ich mir, deswegen nahm ich dich auf den Rücken und schleppte dich auf die Straße, von der wir schließlich in der halbzerfallenen Reifenfabrik Unterschlupf fanden.
    Mensch, Van Damm, es war wirklich keine Nacht, die man in Bilderbüchern beschrieben sieht. Wir taumelten durch ein Meer piepsender Ratten, suchten uns im ersten Stock eine Bleibe, an die die Biester nicht rankamen und hauten uns hin … Du sahst aus wie eine Leiche, Van Damm, und schliefst sofort ein. Dein Gesicht war weiß wie Schnee und deine Nase spitz wie eine Spindel. Dein Atem rasselte, was mir klarmachte, daß du von dem chemischen Dreck mehr abgekriegt hattest, als du zugeben wolltest und gut für dich war. Du hast im Schlaf immer nur rumgezuckt.
    Ich blieb auf, weil ich zu aufgekratzt war, um schlafen zu können. Ich schaute durch ein Loch nach draußen und sah mir die Patrouillen an, die mit Panzerwagen durch die verrotteten Straßen fuhren. Ich sah mir auch den Mond an, der sich in dieser Nacht wahrhaftig anschickte, die dreimal verfluchten Wolkenbänke zu durchstoßen, und einen blassen Schimmer auf die Erde warf.
    Die Ledermänner auf der Straße unterhielten sich. Sie fühlten sich topfit und sicher. Es war warm draußen, und irgendwie kam mir das alles plötzlich sogar gemütlich vor. Ich hatte keine Ahnung, daß sie schon in dem Haus waren, Van Damm. Erst als ich meinte, ich sollte jetzt auch eine Mütze voll Schlaf nehmen, wenn ich das Tageslicht (von der Sonne zu reden, wäre, glaube ich, blasphemisch) noch mal sehen wollte, krochen sie aus ihren Verstecken und fielen über uns her.
    Sie machten uns zur Schnecke, Van Damm, weißt du noch? Du warst zwar ziemlich weg vom Fenster, aber das wirst du ja auch gespürt haben. Sie schleppten uns auf die Straße, warfen uns in einen Käfigwagen und brachten uns in diesen naßkalten Keller, wo schon Dutzende von anderen hockten, die nur noch Schatten ihrer selbst waren. Der Traum war aus für uns. Es war nichts mehr mit Aussteigen. Wir waren wieder in der Mühle drin.
    Ja, Van Damm, es war ein ungutes Erwachen für uns, als sie uns am nächsten Morgen vor die Verhörkommandos schleppten, die sich zunächst mit Freundlichkeiten („Wir brauchen ’nen Kronzeugen, Mann, und Sie sehen ganz so aus, als könnten Sie das werden.“), dann mit Drohungen („Also, wenn du jetzt nicht auspackst, Kumpel, kann ich für nix mehr garantieren.“) und schließlich mit Gewalttätigkeiten alle Mühe gaben, das aus uns rauszuholen, was sie wissen wollten.
    Ich habe dichtgehalten, Van Damm, bei Gott; denn ich wußte, sie hätten uns keine Chance mehr gegeben, wenn ich geredet hätte. Ich weiß nicht mehr, wie ich diesen Tag überlebt habe, Van Damm, nach allem, was sie mir antaten, und der Jauche, die sie mir zu trinken gaben. Irgendwie habe ich ihn überstanden. Ich weiß nicht wie, aber vielleicht einfach deswegen, weil ich einen harten Schädel habe und nie besonders redselig gewesen bin.
    Weißt du noch, Van Damm, wie sie uns trennten? Wie sie in die Zelle kamen und wir dachten, jetzt hat unser letztes Stündlein geschlagen, nun werden sie uns die Knochen einzeln zerbrechen? Daß sie es nicht taten, Van Damm, war unser Glück, das sage ich dir. Du kannst nicht wissen, was sie mit mir machten, weil du sofort weg warst, aber ich weiß es, alter Junge, und ich werde es wohl auch nie vergessen.
    Sie haben so ihre Methoden, weißt du? Daß sie einem die Knochen brechen, kommt nur vor, wenn irgendein untergeordneter Dienstgrad was auf eigene Faust rauszubekommen versucht. Wenn Offiziere dabei sind, Van Damm, geht es anders. Ich will nicht viel darüber reden, weil es zu schrecklich war und ich mich nicht gerne daran erinnere. Ich sage nichts, Van Damm, keine Sorge. Nur soviel: Es war die Hölle. Ich verlor ein dutzendmal die Besinnung und dann ein Auge. Ich habe keinen Zahn mehr,

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